Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter
Autoren: Jakob M. Soedher
Vom Netzwerk:
doch ständig in der Nähe im Hotel, am Kanuclub. Das war ihm zu heiß. Deswegen hat er sie unter dem alten Dielenboden versteckt gehalten«, er wendete sich an Lydia, »wie lange glaubst du, werden die in der Gerichtsmedizin brauchen, um zu den Zahlenkolonnen und diesen verrückten Wirkstoffen etwas sagen zu können?«
    »Ich gehe mal davon aus, die hocken in ihrem Labor und die Köpfe glühen, aber was fragst du mich …«, sie wies zu Wenzel.
    Erich Gommert saß still dabei und vermied es, durch eine Äußerung oder ein Geräusch wahrgenommen zu werden.
    Lydia Naber stand auf und ging. »So ein Scheißtag, echt.«
    »Was macht der Transport?«, wollte Schielin wissen.
    Kimmel hob müde die Hand. »Die Bereitschaftspolizei in Würzburg war die Rettung. Weißt du, wie lang so ein Kajak ist? Über fünf Meter! Die sind mit dem Sprinter rüber und haben das abgeholt. Sollten heute noch ankommen. Ich warte so lange.«
    »Und Gahde?«
    »Der genießt gerade die A7 bei Nacht und steht uns morgen in Kempten zur Verfügung. Ich fahre mit hoch. Ist schon eine schöne Stadt so rund um Sankt Lorenz, standesgemäße Unterbringung, was das Gericht angeht, und – einmal im Jahr geht das schon.«
    *
    Der folgende Tagesanbruch brachte für eine Stunde feinen Nieselregen. Trotzdem hatte Erich Gommert die Kollegen der Würzburger Bereitschaftspolizei zur Wasserschutzpolizei gebracht, wo sie eine Runde auf dem Bodensee fuhren. Kimmel hatte das organisiert.
    Wenzel und Robert Funk hatten den Sprinter gleich nach der Ankunft ausgeladen. Neben dem Kajak und zwei Paddeln gab es einen Neoprenanzug, dazupassende Handschuhe und Stiefeletten. Alles vorbildlich verpackt. Sogar eine Videodokumentation lag bei. In Umzugskartons befanden sich Schuhe und andere Kleidungsstücke.
    Schielin hatte endlich Kontakt zum Münchner Notar bekommen, der sich unter keinen Umständen am Telefon äußern wollte, dies aber umso bereitwilliger tat, als zwei Münchner Kollegen ihn aufsuchten und ihn über den Sachverhalt unterrichteten. Agnes Mahler hatte bei ihm ein Kuvert mit Unterlagen deponiert. Außerdem war er von ihr damit beauftragt worden, die Trennung Grohms von der Kanzlei juristisch umzusetzen. Seine Bedenken, dass das mit Grohm nicht so einfach zu machen sei, hatte sie beiseite gewischt und ein Kuvert mit den Worten übergeben: »Es wird keine Schwierigkeiten geben.«

    Als Lydia Naber auf der Dienststelle ankam, leitete Kimmel sie fürsorglich in den Besprechungsraum, schenkte Kaffee ein und erzählte von dem, was sich während der letzten Nacht noch ergeben hatte: Aus einem Telefonat mit den hessischen Kollegen hatte er mitgenommen, dass Gahdes Haus den äußeren Anschein nicht bestätigen konnte, nachdem man die Haustüre durchschritten hatte. Es muss ziemlich verkommen ausgesehen haben. Gahde selbst saß in Kempten, die bei ihm sichergestellten Sachen waren alle hier – auch das Kajak.
    Der Tag fing also schon besser an, als der gestrige geendet hatte. Nach dem Kaffee ging sie ins Büro, sprach kurz mit Schielin, der gerade den Notar erreicht hatte. Dann leistete sie Wenzel im Keller Gesellschaft. Spurensuche. Sie betrachteten den Berg an Tüten und Folien und fingen mit dem an, was Agnes Mahler am nahesten gekommen sein konnte: Gahdes Neoprenanzug.

    Zwei Stunden später stand sie triumphierend in der Tür zu Kimmels Büro, hielt die Tüte hoch, in welcher sich der sichergestellte Schabab-Strauß befand. »Ich hab es gewusst, ich habe es immer gewusst – die Blümchen. Und ihr habt gelangweilt geschaut und mich für durchgeknallt gehalten. So!« Sie ging und ließ ihm keine Zeit etwas zu heucheln.
    Erich Gommert befand sich mit einem alten VW-Bus auf dem Weg nach München ins Landeskriminalamt, um Spuren zu übergeben. Das war ihm gar nicht so ungelegen gekommen, denn er hatte dort noch etwas anderes zu erledigen. Im Landeskriminalamt wartete man nicht nur auf Spuren – vielmehr noch auf die anderen Kisten und Kästen, die sich im Laderaum stauten. Käse aus Andelsbuch, Äpfel, erste Kirschen und Flaschen.

    Schielin blieb mit den anderen in Lindau und wartete auf den Anruf aus Kempten. Kimmel, Lydia und Wenzel hatten dort am Nachmittag eine Vernehmung mit Gahde, im ehemaligen Residenzgebäude, wo das Gericht waltete.
    Lydia Naber erschrak, als Frederic Gahde in den großen Raum gebracht wurde. Sie hatte aufgrund des Fotos eine gänzlich andere Vorstellung davon entwickelt, wie der dort abgebildete junge, sportliche Mann gealtert sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher