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In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

Titel: In die Nacht hinein: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Cunningham
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seine falkengleiche Genauigkeit und ihr ekstatisches Einatmen, weil es einen Moment lang zu viel ist, und dann ihr Loslassen, weil es nie zu viel sein kann. Ihre Schenkel entspannen sich, ruhen fester auf seinen Schultern, und sie wispert oh-oh-oh-oh-oh. Hier ist ihr ureigener Geruch, der leichte Hauch von frischen Shrimps, hier ist das, was er am meisten an ihrem Körper liebt, was ihn am meisten fasziniert, wovor er sich vielleicht auch ein bisschen fürchtet, wahrscheinlich geht es ihr mit seinem Schwanz genauso, obwohl sie nie darüber geredet haben, vielleicht sollten sie es, aber jetzt ist es zu spät, um damit anzufangen, nicht wahr? Er hat sie jetzt, zupft mit Daumen und Zeigefinger an ihrem Nippel, leckt mit der Zunge an ihrer Klitoris, immer wieder, er weiß (er weiß es einfach), dass es auf die Beharrlichkeit ankommt, darauf, dass Zunge und Lippen und Finger nicht aufhören, unter keinen Umständen, dass sie sie finden werden, wo immer sie auch hingeht; genau das ist es (und wer weiß, was sonst noch?), was sie so weit bringt – es hat etwas damit zu tun, dass man sich eingesteht, nirgendwohin zu können, dass es zu spät ist, keinen Sinn hat, sich zu widersetzen, dass es nicht aufhören wird . Sie sagt oh-oh-oh-oh-oh, lauter jetzt, kein Wispern mehr, sie ist auf dem Weg, es klappt immer (täuscht sie es jemals vor? Das will man lieber nicht wissen), auf diese Weise wird er sie heute Nacht kommen lassen, sie sind zu müde, um wirklich zu vögeln, und danach wird sie sich um ihn kümmern, auch sie ist Expertin darin; sie sind beide auf ihrem Weg, sie sind auf dem Weg, und danach können sie schlafen, und dann ist Sonntag.
     
    Sie haben zwei Katzen, die Lucy und Berlin heißen.
    Was?
    Geträumt. Wo ist das hier? Im Schlafzimmer. Seinem. Rebecca liegt neben ihm und atmet ruhig.
    Es ist zehn nach drei. Er weiß, was das bedeutet.
    Er schlüpft aus dem Bett, achtet darauf, sie nicht zu wecken. Es ist die fatale Stunde. Er wird bis mindestens fünf wach sein.
    Er schiebt die Schlafzimmertür zu, gießt sich in der Küche einen Wodka ein (nein, er kann keinen Unterschied feststellen zwischen dem, den er im Kühlschrank hat, und dem, den Elena unter hohen Kosten von einer Bergwiese im Ural geschmuggelt hat). Er ist ein nackter Mann, der Wodka aus einem Saftglas trinkt, und er wohnt hier. Er geht ins Badezimmer und nimmt eine der blauen Pillen, schlendert dann ins Wohnzimmer, den Teil des Lofts, den sie Wohnzimmer nennen, obwohl alles eigentlich nur ein einziger großer Raum ist, von dem zwei Schlafzimmer und ein Bad abgeteilt wurden.
    Es ist eine großartige Wohnung, wie die Leute sagen. Sie haben Glück gehabt, dass sie sie bekommen haben, bevor der Markt verrückt spielte. Wie die Leute sagen.
    Er hat einen nächtlichen Ständer, der nicht vergehen will. Sagen Sie mal, Mr. Harris, wie lange hat Ihre Immobilie schon diese Auswirkungen auf Sie?
    Die Chris-Lehrecke-Liege, der Eames-Couchtisch, der schmucklos-elegante Schaukelstuhl aus dem neunzehnten Jahrhundert, der Sputnik-inspirierte Kronleuchter aus den fünfziger Jahren, der verhindert (so hoffen sie), dass alles andere zu streng und selbstgefällig wirkt. Die Bücher, die Kerzenhalter, die Teppiche. Die Kunst.
    Im Moment zwei Gemälde und ein Foto. Ein wunderschöner Bock Vincent (die Ausstellung hat sich nur zur Hälfte verkauft, was ist mit den Leuten los?), mit Papier und Schnur verpackt. Ein Lahkti, eine zauberhaft gemalte Szene vom Elend in Kalkutta ( die haben sich verkauft, wer kann das jemals voraussagen?). Ein Rauchbrandbild von Howard, für nächsten Herbst geplant, Galeriefundus; es ist ganz nützlich, etwas zu haben, das ein bisschen weniger kostet, vor allem heutzutage. All the money’s gone, lord, where’d it go? Welcher Beatles-Song ist das?
    Er geht ans Fenster, zieht die Jalousie hoch. Nach drei Uhr morgens ist niemand auf der Mercer Street, nur das fahle orange Licht der Straßenlaternen auf dem Pflaster, sieht aus, als hätte es ein bisschen geregnet. Dieses Fenster bietet, wie viele New Yorker Fenster, keine große Aussicht: ein Stück Mercer Street auf halber Höhe zwischen Spring und Broome Street, die nichtssagende braune Ziegelfassade des Hauses gegenüber (in manchen Nächten brennt dort im dritten Stock Licht; er stellt sich einen ebenso unruhigen Schläfer vor, hofft – und befürchtet -, dass dieser Mensch ans Fenster kommt und ihn sieht), ein Haufen schwarzer Müllsäcke, die auf den Gehsteig geworfen wurden, und zwei
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