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Immer dieser Knasterbax

Immer dieser Knasterbax

Titel: Immer dieser Knasterbax
Autoren: Werner Schrader
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Aber er fand weder das eine noch das andere. An
der Rückseite stand jedoch eine Leiter. Aha, dachte er, wo sich steht Leiter,
führt Weg nach oben. Unbeholfen machte er sich an den Aufstieg. Unter dem
Giebel fand er eine Luke, die noch offenstand, weil man am Tage frisches Heu
eingefahren hatte. Knasterbax drückte dagegen und fiel auch schon hinein. Er
landete im duftenden Heu. Behaglich grunzend rollte er sich ein Stück zur Seite
und streckte sich dann wohlig aus. Schönes warmes Bett, dachte er. Ist sich
noch wärmer, wenn ich denke, daß dummes Schutzmann Zwiebelwitz jetzt friert in
die Graben. Gute Nacht, Schutzmann! Kannst dich ja decken zu mit die Fahrrad!
    Eine Minute später war er fest
eingeschlafen.
    Inzwischen fror Schutzmann
Siebenschütz tatsächlich im Graben. Er fror sogar so sehr, daß er aufwachte und
sich schüttelte. Zitternd vor Kälte, setzte er den Helm wieder auf, der ihm im
Schlaf vom Kopf gefallen war, und torkelte auf den Weg, um sich die eisigen
Füße warm zu trampeln. Ich muß unbedingt in ein warmes Bett, dachte er. Wenn
ich hierbleibe, erkälte ich mich und muß morgen vielleicht in ein Krankenhaus.
Wer soll dann den Räuber fangen? Vielleicht finde ich in der Nähe eine
Gastwirtschaft. Nach diesen erquickenden Gedanken zog er das Fahrrad aus dem
Graben und suchte nach dem Dynamo. Aber es war keiner vorhanden. Nun hätte er
das Fahrrad ja eigentlich schieben müssen, denn das Fahren in der Dunkelheit
ohne Licht ist verboten, für Polizisten ganz besonders. Aber da er auf einer
gefährlichen Räuberjagd war, durfte er für sich wohl ein Sonderrecht in
Anspruch nehmen. Darum schwang er sich auf den Drahtesel und sauste
unbeleuchtet in die Nacht hinein. Weil es bergab ging, brauchte er die müden
Beine nicht sonderlich anzustrengen. Natürlich war die Sicht schlecht. Doch um
diese Zeit war auf dem einsamen Feldweg kein Verkehr mehr.
    Einige Kilometer verlief die
Fahrt ohne Zwischenfälle. Aber dann, als Siebenschütz gerade die Augen zu einem
Schlitz zusammenkniff, weil er gähnen mußte, krachte er gegen eine Mauer, die
an der rechten Seite unversehens aus dem Boden gewachsen war. Zum Glück
milderte der Helm den Sturz, sonst hätte er sich leicht den Kopf beschädigt. So
war nur der Pickel auf dem Helm verbogen. Und das konnte jeder Klempner mühelos
richten. Siebenschütz rappelte sich auf und betastete seinen Körper, um
festzustellen, ob er noch ganz war. Als er merkte, daß weder ein Bein noch ein
Ohr fehlte, atmete er erleichtert auf.
    Eben gab sich der Mond
besondere Mühe mit der Beleuchtung, da sah Siebenschütz, daß er gegen eine
Scheune gefahren war. In einer Scheune gibt es Stroh, dachte er, und auf Stroh
kann man notfalls ganz gut schlafen. Ob ich es wage und hineingehe?
    Auf der Suche nach einer
offenen Tür stieß er hinter der Scheune gegen eine Leiter. Nach einem kurzen
Kampf mit seinem Gewissen, das ihm verbieten wollte, fremde Scheunen zu
betreten, kletterte er hinauf.
    „Ich tu es für einen guten
Zweck“, tröstete er sich, „das kann mir kein Bauer übelnehmen.“ Unter dem
Giebel fand er eine offene Luke und konnte ungehindert einsteigen. Warmer
Heuduft schlug ihm entgegen und berauschte ihn. Vorsichtig legte er sich hin
und streckte die müden Beine. Das tat gut! Hier werde ich schlafen wie in
meinem Federbett, war sein letzter Gedanke. Dann schlief er schon.
    Im Traum war ihm einmal, als
läge er in einem Schweinestall, weil es neben ihm so laut grunzte, aber als er
dem Schwein einen Klaps auf den Hintern gegeben hatte, hörte es auf mit der
Grunzerei.
    So schliefen der Räuber und der
Polizist friedlich nebeneinander, schnarchten sich was vor und klopften sich
auf den Hintern, ohne daß einer erwachte.

    Als am andern Morgen der erste
Hahn krähte, kam Knasterbax zu sich. Er fühlte sich wunderbar gestärkt, hatte
aber einen gewaltigen Hunger. Gähnend angelte er nach seinem Hut, setzte auf,
was er da griff, und machte sich an den Abstieg von der Leiter. Eben zog ein
zartes Frührot am Himmel auf.
    Wo sich ist Scheune, ist
Bauernhaus nicht weit, dachte er.
    Tatsächlich lag ein stattliches
Gehöft jenseits der Straße in der Morgendämmerung. Kein Hund bellte, als
Knasterbax über den Hof schlich.
    „Gibt sich noch gute Menschen
auf Welt“, flüsterte er, „hetzen nicht böses Hund auf friedliches Räuber mit
Bauch voll Hunger.“ Er fand ein Fenster halb geöffnet, stieg arglos ein und
merkte erst am Schnarchen, daß er im Schlafzimmer des Bauern war.
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