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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme
Autoren: Gantt DeVa
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beigebracht, aber seitdem hatte sie viel vergessen. Paul würde in kürzester Zeit im Vorteil sein. Ihr war es zwar nicht wichtig, ob sie gewann oder verlor, aber vor seinem Bruder wollte sie sich nicht blamieren. Im Moment sprach John mit George, sodass er ihre Blamage vielleicht gar nicht mitbekam.
    »… Aber, George, wenn du Land kaufst, das praktisch nur aus Sumpf besteht, wirst du in kürzester Zeit in einem Morast aus Schulden versinken, und der kleine Teufel von Anwalt namens Edward ›P.‹ Richecourt wird ständig an deiner Hütte klopfen. Ich weiß, du träumst davon, über Nacht steinreich zu werden, aber wenn du preisgünstige Angebote suchst, wird das nicht passieren. Wenn du dich jedoch von dem Geld trennst, das du gehortet hast, dann habe ich vielleicht ein paar Vorschläge, die dich interessieren und sich im Lauf der Zeit als Glücksfall erweisen könnten.«
    Paul sah vom Schachbrett auf und zu John hinüber, doch in diesem Augenblick kam Rose herein. »Wie oft muss ich noch sagen, dass man sich nicht falsch herum auf den Stuhl setzt, John Duvoisin!«
    Die ganze Zeit über hatte John auf den hinteren Beinen des Stuhls balanciert, doch nun stand er auf. »Ich mache das, seit ich denken kann, und bin noch kein einziges Mal umgekippt«, bemerkte er gut gelaunt.
    »Sie sollen nicht mit mir streiten, Master John!« Die alte Kinderfrau drohte ihm mit dem Finger. »Ich bin zwar älter als Sie, aber für einen Klaps immer noch schnell genug.«
    Die Mädchen kicherten. Jeannette hatte die Lust am Schachspielen schnell wieder verloren. »Haben Sie ihm wirklich den Popo verhauen?« Yvette musste lachen, als Paul ängstlich das Gesicht verzog.
    »Mehr als nur einmal«, bekräftigte John und legte Nana Rose den Arm um die Schultern. Als er merkte, dass aller Augen auf ihn gerichtet waren, fuhr er fort: »An einen Vorfall kann ich mich besonders gut erinnern. Damals war ich neun – nicht immer eine Glückszahl …«
    »Bitte, John«, unterbrach ihn Paul, »ich versuche, mich zu konzentrieren …«
    Überraschenderweise verzichtete John auf die Ge schichte und drückte Rose noch einmal, bevor er sie losließ. »Schläft Pierre?«
    »Wie ein Baby«, flüsterte Rose und setzte sich in der Nähe von Charmaine auf einen Stuhl.
    »Er ist ein süßer Kerl«, sagte John mit Blick auf das Schachbrett. »Ich bin beeindruckt, wie gut er für einen Jungen seines Alters schon spricht …«
    »Bitte, John«, beschwerte sich Paul, »unterhalte dich doch woanders.«
    »Soll das vielleicht heißen, dass ich in meinem eigenen Wohnzimmer nicht mehr reden darf?«, fragte John mit gespielter Unschuld.
    Paul drehte sich betont langsam um und sah seinen Bruder an. »Du kannst reden, wo immer du willst. Ich bitte dich nur um etwas Rücksicht, bis ich das Spiel mit Miss Ryan beendet habe.«
    »Als Gentleman kann ich dir wohl kaum erlauben, mit Miss Ryan ein Spiel zu spielen. Betrachte mich also als ›Anstandsdame‹, als stumme, wohlgemerkt.«
    Verärgert fuhr Paul herum und war nervös, weil John über seine Schulter hinweg das Schachbrett sehen konnte. Er rückte mit seinem Läufer fünf Felder diagonal über das Brett vor und bedrohte Charmaines König mit »Schach«.
    Nun befand sich Charmaine in einer misslichen Lage – und jedermann sah ihr zu. Nervös tat sie, als ob sie nachdenken müsste, bevor sie ihren König ein Feld weiterrückte. Zu spät merkte sie, dass sie damit die wertvolle Dame geopfert hatte.
    Paul verschloss die Augen vor diesem Zug. Wenn er die Dame geschlagen hätte, hätte er damit den König schachmatt gesetzt. Stattdessen griff er nach seinem Läufer. Doch John wischte seine Hand zur Seite. »Was für ein Spielchen spielst du da eigentlich, Paulie?« Mit diesen Worten packte er Pauls Dame und fegte die weiße Dame vom Brett. »Schachmatt.«
    Charmaine sah von Johns drohender Miene auf das Brett hinunter. Sie war tatsächlich schachmatt.
    »Diesen Zug konntest du unmöglich übersehen! Oder wolltest du Miss Ryan einen kleinen Sieg gönnen, bevor sie daran glauben muss?«
    »Es reicht«, schimpfte Paul. Das Gelächter der Zwillinge fachte seinen Zorn nur weiter an. »Du gehst mir schon den ganzen Abend auf die Nerven.«
    »Ist es mir gelungen?«
    »Das weißt du verdammt gut«, bellte Paul. Er stand auf und baute sich drohend vor seinem Bruder auf.
    »Pass auf, was du sagst«, riet John gut gelaunt. »Es sind Ladys im Raum. Wir müssen uns anständig benehmen.«
    »Was weißt du schon von Anstand?«
    »Keine
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