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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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Riesen nützt es nicht viel. Wir sollten dies besser an seinen Platz zurückstellen, damit Moaradrids Hand nicht ins Leere greift, wenn er seinen Sieg feiern will.«
    Ich trat zum Zelteingang.
    Ein eiserner Griff an meiner Schulter hielt mich zurück. Es war der Wächter, der die Flasche aus dem Zelt geholt hatte. Ich stand ganz still. Die Kraft in den Fingern deutete darauf hin, dass sie mir den Arm brechen konnten, wenn ich mich bewegte.
    »Wie wär’s, wenn du mich begleitest?«, fragte ich und versuchte, möglichst ruhig zu sprechen. »Du kannst das Zelt nicht gleichzeitig drinnen und draußen bewachen, oder? Ich muss nur diese Medizin finden, denn sonst stehen wir bis zum Kinn in … Nun, sagen wir, es wäre mir lieber, wenn es nicht dazu käme.«
    Ich reckte den Hals, um sein Gesicht zu erkennen und eine Vorstellung davon zu bekommen, was ihm durch den Kopf ging. Genauso gut hätte ich einen Baum mit der Absicht beobachten können, ihn wachsen zu sehen. Schließlich wandte sich der Bursche an den zweiten Wächter und sagte: »Ich bin gleich wieder da.«
    Er lockerte den Griff an meiner Schulter und gab mir einen Stoß, der mich ins Zelt taumeln ließ. Drinnen war es ziemlich düster, und das wenige Licht, das durch den offenen Zugang kam, verschwand sofort, als die Plane hinter dem mir folgenden Wächter zufiel. Eine Lampe hing an einem Halter unter dem Rauchloch, ein elegantes Ding aus schwarzem Eisen, geschmückt mit Sternen und Rauten aus buntem Glas. Aber es kam kein Licht von der Lampe, und es brannte auch kein Feuer unter ihr. Mein Begleiter schritt an mir vorbei, riss mir die tönerne Flasche aus der Hand und stellte sie in ein niedriges Regal rechts von uns. Daneben stand ein großer Klapptisch mit Karten und Dokumenten. Der einzige Luxus bestand aus einigen wie zufällig verteilten kleinen Teppichen auf dem Boden. Den größten Teil des übrigen Platzes beanspruchte das Bett, ein Holzgestell mit Fellen.
    Ich sah daran vorbei und bemerkte eine metallbeschlagene Truhe, die aus rötlichem Holz bestand und mit geometrischen Mustern auf den metallenen Beschlägen geschmückt war. Mein Interesse beschränkte sich auf das Schloss. Es schien sich um ein gewöhnliches Fünfbartschloss zu handeln, trotz der künstlerischen Ausschmückung nicht besonders kompliziert. Ich schirmte es mit meinem Körper ab und holte die Dietriche hervor.
    »Bist du sicher, dass nichts auf dem Tisch steht?«, rief ich.
    »Ich habe nachgesehen.«
    »Sieh noch einmal nach. Vielleicht könnten wir beide etwas besser sehen, wenn du die Lampe dort anzündest.«
    Ich schob einen Dietrich ins Schloss und tastete damit nach dem letzten Stift. Als ich sicher war, ihn gefunden zu haben, machte ich vom Spanner Gebrauch. Der hintere Stift und auch der vierte ließen sich mühelos bewegen, und meine Zuversicht wuchs.
    »Was machst du da?«
    »Ich glaube, hier sitzt was fest. Gib mir einen Moment …«
    Der dritte Stift war schwieriger. Er leistete zuerst hartnäckigen Widerstand, aber schließlich wies ein Klicken darauf hin, dass er nachgegeben hatte. Sofort nahm ich mir den zweiten vor, und kurz darauf war auch dieses Hindernis überwunden.
    Schritte näherten sich. Der Wächter kam auf mich zu.
    Der Stift ganz vorn war der schwierigste. Oder vielleicht lag es an meinen Nerven, die mir einen Streich spielten. Meine Finger waren schweißfeucht.
    »Weg von der Truhe …«
    Der Spanner drehte sich, und das Schloss war geknackt. Mit einer fließenden Bewegung ließ ich die Dietriche verschwinden, klappte den Deckel der Truhe hoch und langte mit der freien Hand hinein.
    Meine Finger schlossen sich um ein Objekt aus Leder. Sofort riss ich die Hand zurück und ließ den Deckel zufallen.
    »Nichts«, sagte ich und steckte den Beutel in die verborgene Innentasche meines Mantels. »Was ist mit dir?«
    »Steh auf«, sagte der Wächter. »Und weg von der Truhe.«
    »Wie du willst. Ich hab dir ja gesagt, es ist nichts drin, nur Kleidung. Hast du was gefunden?«
    Seine Hände waren ganz offensichtlich leer. Er antwortete nicht und starrte mich an, als hätte er mich am liebsten erwürgt.
    Ich deutete an ihm vorbei. »Was ist das?«
    Es war die tönerne Flasche von zuvor, und sie stand dort im Regal, wo ich sie zurückgelassen hatte. Ich ging los, bevor mich der Bursche daran hindern konnte, und sagte: »Das könnte sein, wonach wir suchen.«
    »Es ist die Flasche, die ich dir gegeben habe«, erwiderte der Wächter; Ärger vibrierte in jeder Silbe.
    »Im
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