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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde
Autoren: Di Morrissey
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gut, und er hat eine nette Freundin dort. Ich glaube, sie ist Krankenschwester.«
    »Andrew fliegt nach Boulder Downs und kommt von dort aus zusammen mit Hunter, der die ersten Studenten bringt. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu sehen!«
     
    Alan öffnete den Reißverschluss seines Zeltes und steuerte mit stoppeligem Kinn und verschlafenen Augen auf das knackende Lagerfeuer zu. Aus dem Zelt von Boris und Veronica drang Babygeschrei. Mick stand am Feuer und machte Toast, Billy brutzelte Schinkenspeck und Würstchen; die Frühstücksdüfte lockten eine Schar von Kindern aus dem Barradja-Lager an.
     
    Schließlich zog im hellen Licht des strahlenden Vormittags eine Prozession Richtung Fluss.
    In der Nähe des
wunggud-
Beckens wateten zwei Mütter mit ihren nackten Babys in den Armen ins Wasser. Die Barradja und ihre Gäste setzten sich ans Ufer, während Lilian zu singen begann und ihre
clapsticks
gegeneinanderschlug; die Ältesten fielen mit ein.
    Veronica tat es Jennifer gleich, die mit einer sachte kreisenden Bewegung ihr Baby durchs Wasser zog. Sunny strampelte im warmen Wasser und gluckste fröhlich in den Armen ihrer
skin-
Mutter, während Lily Veronica vertrauensvoll ins Gesicht blickte.
    Das Lied endete, und die Frauen trugen ihre Töchter aus dem Wasser, genau wie man es sie zuvor geheißen hatte. Ardjani hatte ein Feuer entzündet, und alle Frauen setzten sich nun in einem Kreis um die Flammen.
    Lilian fachte das Feuer an und warf grüne Blätter hinein, die eine beißende Rauchwolke in die Höhe steigen ließen. Jennifer und Veronica knieten sich vor die Flammen und hielten die Babys über die Wärme des aufwirbelnden Rauchs, wobei sie sie in einem sanften Rhythmus wiegten.
    Lilian rief die Geister an, die beiden kleinen Mädchen zu beschützen und zu leiten, geboren aus dieser Stätte ihrer Ahnen, zu welcher ihre eigenen Geister eines Tages nach ihrem Tode zurückkehren würden.
    »Das ist euer Zuhause, euer Land, das Land eurer Ahnen, die immer ein Teil von euch sein werden.«
    Susans Augen füllten sich mit Tränen, als sie die Freude in Veronicas Gesicht sah. Sie blickte Boris an, der durch seinen lockigen Bart hindurch lächelte, die Augen glänzend vor Stolz.
    Als Jennifer über das schelmische kleine Mädchen lachte, das der Ansicht war, das Ganze sei ein neues Spiel seiner
skin-
Mutter und -Großmutter, verspürte Susan einen Stich der Traurigkeit. Sie betrachtete das zufrieden glucksende Kind in Jennifers Armen und betete, dass Barwons Seele hier war, im Land seiner Ahnen und seines Volkes, das er verloren und nun wiedergefunden hatte.
    Ardjani erhob sich, reckte die Arme gen Himmel und begann zu singen. Auch er rief die Geister an, diese beiden Babys mit ihrem Zauber zu berühren, ihnen Kraft und Wissen zu verleihen, diesen beiden, die in verschiedene Welten entlassen würden und doch auf ewig durch diese Zeremonie miteinander verbunden waren.
    Er legte leicht die Hand auf Lilys Scheitel, dann setzte er sich und nahm die spitzbübische Sunny auf seinen Schoß. Der alte Aborigine sah dem Kind tief in die Augen, und als wäre sie sich der Bedeutung dieses Augenblicks bewusst, verharrte die Kleine und erwiderte seinen Blick.
    »Du bist eine Barradja. Das ist dein Land, dein Volk. Du bist zu Hause. Deine Mama ist, anders als so viele Weiße, nicht vor uns davongelaufen. Sie hat sich an die Barradja gewendet. Sie hat dir die Geschichte von Dumbi, der Eule geschenkt. Das ist das Totem deines Vaters, und jetzt ist es deins.« Er kitzelte die Kleine unter dem Kinn, die erneut in Kichern ausbrach. »Deine weiße Mama wusste, dass Schwarz und Weiß nicht länger voreinander weglaufen sollten.«
    Auf der Erde lag eine gewebte Matte für die Babys; Sunny saß darauf wie ein kleiner Buddha, Lily lag neben ihr auf dem Rücken, reckte die kleinen Fäustchen und strampelte mit den Beinen. Das zarte blauäugige Mädchen mit den hellbraunen Haarbüscheln und die knuffige, olivenhäutige Sunny mit den dunklen Augen.
    »Mutter Erde, umarme deine Töchter, denn sie sind die Zukunft unseres Landes, wir sind als ein Volk verbunden. Lass die Kinder von heute die Hüter von morgen sein.« Ardjani sang, und die sich windenden Mädchen wurden im Kreis herumgereicht. Jede der Frauen liebkoste sie und flüsterte ihnen Ratschläge ins Ohr, bis die letzten Töne von Ardjanis Lied verstummten und sie in die Arme ihrer liebenden Mütter zurückkehrten.
     
    Der Songmaster blickte auf die Jahre, die vor ihnen lagen, und sang …
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