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Im Bett mit Brad Pitt

Im Bett mit Brad Pitt

Titel: Im Bett mit Brad Pitt
Autoren: Kim Schneyder
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gleichzeitig über vierhundert Passagiere in ihn hineinquetscht.
    Inzwischen sind sechs Stunden vergangen, gerade einmal die Hälfte
der Flugzeit, und ich bin einem Nervenzusammenbruch nahe. Ich habe kaum Platz
für meine Beine, die von den Knien abwärts bereits taub geworden sind. Dazu
kommt, dass die Sitznachbarin zu meiner Linken entweder während des Essens
schmatzt oder beim Schlafen schnarcht (übrigens die einzigen Beschäftigungen,
denen sie bisher nachgegangen ist, und insgeheim beneide ich sie dafür) und die
Nachbarin zu meiner Rechten (Emma) dagegen andauernd quasselt, außer es läuft
ein Film, denn die laufen in diesem blöden Flugzeug ausnahmslos in Englisch,
und ich muss dann jeden noch so unwichtigen Dialog Wort für Wort simultan für
sie übersetzen.
    Gerade ist Love Happens mit Jennifer
Aniston und Aaron Eckhart zu Ende gegangen, und ich sinke erschöpft in meine
Sitzlehne zurück.
    »Toll, dass sie diese Filme spielen«, meint Emma fröhlich. »So
vergeht die Zeit wie im Flug, hihihi.« Sie kichert verdächtig lange über ihr
Wortspiel, und ich rechne im Kopf nach, wie viele Gin-Tonics sie der Stewardess
eigentlich schon abgeschwatzt hat.
    Langsam mache ich mir echte Sorgen um meine Beine. Ich kann meine
Zehen nicht mehr spüren, und vor gar nicht langer Zeit habe ich gelesen, dass
das größte Risiko bei Langstreckenflügen in der Gefahr einer Embolie besteht,
weil die Blutzirkulation nicht mehr richtig funktioniert. Abgesehen davon kann
man auch Krampfadern bekommen, habe ich gehört. Ich will aber keine
Krampfadern!
    Mann, wie ich die in der Business Class beneide. Beim Einsteigen
wurden wir an deren superbreiten Sitzen vorbeigeschleust. Die haben da echt
alles: Liegesitze, breite Armlehnen, für jeden Platz einen eigenen Fernseher,
und ich wette, dass dort auch die Mahlzeiten nicht so mickrig ausfallen wie bei
uns Normalsterblichen. Ich seufze. Wenn es nur einen Weg gäbe, auf einen dieser
Plätze zu gelangen …
    Hm. Mal überlegen: Es müsste doch möglich sein … Wenn ich jetzt
zum Beispiel einfach … Ja, natürlich, so könnte es gehen!
    »Emma, bist du mir böse, wenn ich mich für eine Stunde oder zwei
ausklinke?«, frage ich möglichst unauffällig. »Ich brauche dringend ein
bisschen mehr Platz.«
    »Ausklinken?«, wiederholt sie verständnislos. »Wir sind hier in
einem Flugzeug, schon vergessen?«
    »Ja, ich weiß, aber ich habe einen Plan«, raune ich ihr
verschwörerisch ins Ohr. »Ach ja, und noch etwas: Wundere dich nicht, wenn
jetzt gleich ein paar seltsame Dinge geschehen, okay?«
    »Okay«, gibt sie zurück, aber es klingt mehr wie eine Frage als eine
Antwort.
    »Also gut, dann wollen wir mal.« Ich erhebe mich und quetsche mich
an ihr vorbei auf den Gang.
    Ich mache ein paar unsichere Schritte bis zu dem kleinen Platz vor
den Toiletten. Direkt vor mir befinden sich jetzt die Vorhänge der Business
Class, die die Stewardessen gleich nach unserem Abflug zugezogen haben, um die
reichen Schnösel vor unseren aufdringlichen Blicken zu schützen, doch durch
einen verräterischen Spalt an der Seite ist mir vorhin nicht entgangen, dass da
noch ein paar Plätze frei sind. Nun denn, da meine finanziellen Mittel nicht
ausreichen, um mir diesen Luxus leisten zu können, muss ich jetzt notgedrungen
auf eine andere Ressource zurückgreifen, um dahin zu gelangen: meine Phantasie.
    Unter Emmas erwartungsvollen Blicken deute ich ein paar Kniebeugen
an, bis ich den sympathisch wirkenden Flugbegleiter vom anderen Gang erspähe.
Dann, als er professionell lächelnd näher kommt, greife ich mir theatralisch an
die Stirn und lasse mich die Kabinenwand entlang langsam zu Boden gleiten, bis
ich lang ausgestreckt auf dem Rücken zum Liegen komme, und um die Wirkung zu
erhöhen, rolle ich dabei noch meinen Kopf zur Seite und verdrehe ein bisschen
die Augen.
    Sofort höre ich »Ach, du meine Güte, sie ist ohnmächtig geworden!«
von dem beleibten Fluggast, vor dessen Sitz ich meine Turnübungen veranstaltet
habe, dann ist der Steward auch schon über mir und starrt mich besorgt an.
    Na also, funktioniert doch.
    Vorsichtig tätschelt er meine Wangen, bevor er etwas sinnentleert
fragt: »Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Wonach sieht’s denn aus?«, liegt es mir auf der Zunge, doch
stattdessen blinzle ich nur ein paarmal, während ich ihn aus trüben Augen
anstiere, und forme mit scheinbarer Mühe meine Lippen zu einem Wort.
    »Kreislauf«, würde mein knapper Text jetzt lauten, doch bevor ich
das
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