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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst
Autoren: Marcus Sakey
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unwiderstehlicher Drang, die Hände an den Hosen zu reiben, überkam ihn, doch er wollte die Handschuhe nicht ausziehen.
    Nicht dass das hier sein erster Job war, keineswegs. Wie oft hatte er Jack schon geholfen! Nächtliche Besuche in Lagerhallen, wo der Nachtwächter für einen Hunderter in die andere Richtung schaute. Der Überfall auf den Barkeeper, der gerade die Tageseinnahmen zur Bank brachte. Oder damals, als sie diese beiden Latinos zusammenschlugen, die dachten, sie könnten seinen großen Bruder verarschen. Nein, Bobby war wirklich kein Feigling. Aber das hier – einfach so in ein Zimmer marschieren, schwer bewaffnet und maskiert?
    Wieder hörte er Jacks Stimme im Kopf. Du wirst sehen, das macht Spaß. Die Witkowski-Brüder lassen’s krachen! Mach’s einfach genau wie ich, dann ist es in null Komma nix vorbei.
    Tief einatmen.
    Bist doch ein harter Kerl.
    In diesem Moment trat Jack die Tür auf und stürmte mit Marshall in den Raum.
    Ein Grüppchen aufgestylter Jungs starrte mit großen Augen von einem Haufen Kissen herüber, wo zwei Mädchen gerade zur Sache kamen. Will hatte Recht gehabt: Die beiden sahen weit besser aus als irgendein Mädchen, das Bobby jemals nackt zu Gesicht bekommen hatte, von so manchen Magazinen mal abgesehen. Der Star saß an einem niedrigen Tisch, neben ihm ein äußerst gut angezogener Schwarzer, zwischen ihnen ein geöffneter Koffer. Gerade hielt sich der Star eine Spielkarte vor die Nase, und als er jetzt panisch ausatmete, breitete sich eine Schwade weißen Puders aus wie eine Schäfchenwolke am Sommerhimmel.
    »Beweg dich«, sagte Will hinter ihm.
    Beweg dich , sagte Bobby sich, beweg deine beschissenen Füße . Er spürte, wie ihm ein Schweißtropfen die Seite hinunterrann. Seine Hände zitterten.
    »Scheißamateur«, murmelte Will und drückte sich an ihm vorbei, riss die Pistole in die Höhe und schrie den zweiten Schwarzen an, einen Gangstertypen, dessen Hand sofort über dem Kolben seiner Knarre einfror.
    Der ganze Auftritt kam Bobby unwirklich vor – drei Männer, die in so einer noblen Hütte mit Waffen herumwedelten, dazu die unermüdlichen Beats, die alles in ein einziges Musikvideo verwandelten. Und so viele Leute, viel mehr, als er erwartet hatte: fünf oder sechs Freunde des Stars, die Mädchen, der Bodyguard des Stars und die beiden Drogendealer. Eine Menge Holz. Jack hatte Recht gehabt, zu dritt war es nicht zu schaffen, sie mussten zu viert sein. Brennende Scham fuhr ihm in den Magen. Beweg dich!
    Plötzlich sprang einer der hübschen Jungs auf, eine Champagnerflasche in der Hand – und stürzte direkt auf Jack zu, der ihm den Rücken zuwandte, da er sich auf den Bodyguard konzentrieren musste. Die Starre in Bobbys Beinen löste sich, er machte einen Satz nach vorn und drosch dem Jungen die Knarre ins Gesicht. All seine Angst, all seine Wut legte er in diesen Schlag, der mit einem merkwürdig intimen, irgendwie unpassenden Aufprall endete. Irgendetwas zerbrach unter dem Metall, eine überraschende Wärme breitete sich an seinem Handschuh aus, und der Junge ging zu Boden. Fast hätte Bobby sich auf ihn gestürzt, um ihm jeden Knochen seiner verdammten Modelvisage zu brechen, weil er es gewagt hatte, seinen Bruder zu bedrohen.
    Stattdessen trat er einen Schritt zurück und hob die Smith, ließ sie in einem weiten Bogen über das gesamte Gefolge des Stars wandern. »Keiner bewegt sich!« Die schlagartige Verwandlung von Angst in Macht fühlte sich gut an. Oh ja, ich bin ein harter Kerl.
    Jack blickte über die Schulter und nickte anerkennend. »Ruhig. Alles in Ordnung.« Jetzt streckte auch er die Pistole aus und trat in die Mitte des Raums. »Alle bleiben schön ruhig. Hände hinter den Kopf. Jetzt.«
    Eine halbe Ewigkeit bewegte sich niemand. Dann hob der edel gekleidete Drogendealer langsam die Arme und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Die Bewegung schien die anderen aus ihrer Lähmung zu reißen. Sofort folgten alle seinem Beispiel.
    Alle bis auf den Star.
     
    »Das ist ein Witz, oder? Versteckte Kamera?« Der verzogene Bengel grinste. Der Typ war so reich und verblödet, dass es schon ein Gesundheitsrisiko darstellte.
    Die Enge in Jacks Brust zog sich noch mehr zusammen. Ohne die Pistole auch nur einen Millimeter zu bewegen, holte er mit der anderen Hand aus und verpasste dem Star eine schallende Ohrfeige. Der Junge stolperte zurück und hielt sich die Wange. In seinen Augen glänzten Tränen, er zitterte, als hätte er in seinem ganzen
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