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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)
Autoren: Bas Kast
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mit größeren »Kosten« einhergeht, insofern, als man bei mehr Möglichkeiten auch mehr Vergleiche anstellen, also mehr Informationen sammeln und verarbeiten, mehr hin- und herüberlegen muss etc. So schön es ist, dass man uns 200 Flachbildschirmmodelle zur Auswahl stellt, jeder weiß, dass es irgendwann einfach lästig werden kann, bei einem derart umfassenden Angebot exakt dasjenige Exemplar zu finden, das uns am besten gefällt, zumal ja die meisten von uns für gewöhnlich noch etwas anderes zu tun haben, als Flachbildschirmexperten zu werden.
    Außerdem, was den grundsätzlichen Punkt der Informationsverarbeitung betrifft, hat der US-Psychologe George Miller bereits vor Jahrzehnten in einer zum Klassiker gewordenen Untersuchung gezeigt, dass die Speicherkapazität unseres Kurzzeitgedächtnisses eng begrenzt ist, und zwar auf sieben plus/minus zwei Informationseinheiten, seither auch bekannt als »Millers magische Zahl sieben«. [16]   Würde man Ihnen zum Beispiel eine Telefonnummer nennen, die aus fünf bis neun (im Schnitt sieben) Ziffern besteht, könnten Sie sich die Nummer wahrscheinlich noch einigermaßen merken, bei mehr Ziffern jedoch versagt bei den meisten von uns der Arbeitsspeicher.
    Wer weiß, vielleicht hat die Woche deshalb, wie Miller spekulierte, sieben Tage [17]   , vielleicht gibt es deshalb die sieben Weltwunder, die sieben Todsünden, das Buch mit sieben Siegeln und die sieben Zwerge, und man packt ja auch seine sieben Sachen zusammen und ist auf Wolke sieben im siebten Himmel. Womöglich kann unser Verstand auf Grund seines beschränkten Arbeitsspeichers ganz gut mit 7 ± 2 Möglichkeiten umgehen, während mehr ihn schlicht überfordern und eine Art von kognitivem Brechreiz erzeugen, und tatsächlich kommt das Miller’sche Maximum von neun Informationseinheiten verblüffend nah an das häufiger beobachtete Angebotsoptimum von zehn Möglichkeiten heran. (Übrigens: Die durchschnittliche Zahl der Freunde bei Facebook liegt bei 130, wobei es sich natürlich beim Großteil dieser »Freunde« eher um mehr oder weniger entfernte Bekannte handelt, lediglich ein kleiner Teil davon sind Freunde, die diesen Namen auch verdienen. Wie viele das sind? Richtig: Einer kürzlich durchgeführten Analyse zufolge sind es sieben. [18]   )
    Dennoch, obwohl an diesem informationsorientierten Erklärungsansatz durchaus etwas dran sein mag, strapazieren viele Möglichkeiten vermutlich nicht nur unser Arbeitsgedächtnis, sondern auch – und wahrscheinlich weitaus entscheidender – unsere Psyche im engeren Sinne, und dies in mindestens dreierlei Hinsicht:

    Erstens. Je zahlreicher die Alternativen, zwischen denen wir wählen können, desto mehr Alternativen gibt es auch, die wir abwählen müssen und denen wir nachtrauern können – Wirtschaftswissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von »Opportunitäts-« oder »Alternativkosten«. Alternativkosten sind keine Kosten im herkömmlichen Sinne, sondern Gewinne, die uns durch die Lappen gehen, weil wir mit der Wahl einer Alternative auf andere Alternativen verzichten müssen, insofern könnte man auch von »Verzichtskosten« sprechen (Beispiel: Zu den Alternativkosten der Freizeit gehört das Geld, das Sie, würden Sie stattdessen arbeiten, in dieser Zeit verdienen könnten). »Je mehr Optionen zur Verfügung stehen und je besser und attraktiver diese sind, auf umso mehr muss man verzichten, wenn man sich für eine bestimmte Option entscheidet«, formuliert der Schweizer Volkswirtschaftler Mathias Binswanger das Problem. »Absurderweise fühlt man sich somit immer ärmer, obwohl man mehr hat.« [19]  

    Zweitens. Mit der Zahl der Alternativen steigen nicht nur die Alternativkosten, sondern auch die Erwartungen an die gewählte Alternative. Unbewusst sagen wir uns: »Verdammt, für dich, liebe Himbeermarmelade, habe ich auf 23 andere, teils wirklich gute Marmeladen verzichtet, ich will also schon sehr hoffen, dass du diesen enormen Verzicht auch wert bist.« Außerdem, wer zwischen zwei Sorten wählen kann, ist nicht so vermessen zu erwarten, dass sich unter dieser recht übersichtlichen Auswahl ausgerechnet seine ultimative Lieblingssorte befindet. Das sieht bei 24 oder 250 Sorten schon anders aus. In letzterem Fall kann man nun wirklich davon ausgehen, dass eine Marmelade dabei ist, die uns restlos überzeugt. Alles andere wäre schlicht eine Enttäuschung. [20]  

    Drittens. Wer keine Wahl hat, den trifft auch keine Schuld. Je freier wir
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