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Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Titel: Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt
Autoren: Eva;Buccieri Mozes Kor
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Stärke. Es gab mir ein gutes Gefühl, Entscheidungsgewalt über mein Leben als Überlebende zu haben.
    Ich begann, meinen Brief zu schreiben, und verfasste unter großen Qualen mehrere Versionen. Da ich in Sorge wegen meiner Rechtschreibung war, bat ich meine ehemalige Englischlehrerin, den Brief zu korrigieren. Wir trafen uns ein paar Mal und sie sagte zu mir, ich sollte darüber nachdenken, ob ich auch Dr. Mengele vergeben wolle. Zunächst war ich schockiert, doch später versprach ich ihr, es zu tun, denn ich erkannte, dass es in meiner Macht lag, selbst dem Todesengel zu vergeben. Großartig, dachte ich, was für ein gutes Gefühl, dass ich das tun kann. Ich habe diese Macht, und ich verletze niemanden damit.
    Am 27. Januar 1995 trafen wir in Auschwitz ein. Dr. Münch kam mit seinem Sohn, seiner Tochter und seiner Enkelin, ich kam mit meinem Sohn, Alex Kor, und meiner Tochter Rina. Dr. Münch unterzeichnete sein Dokument. Dann las ich meine eigene, persönliche Vergebungserklärung vor und unterzeichnete sie.
    Ich spürte sofort, dass eine Schmerzenslast von meinen Schultern genommen war, Schmerzen, mit denen ich fünfzig Jahre lang gelebt hatte: Ich war nicht länger Auschwitz-Opfer, nicht länger Opfer meiner tragischen Vergangenheit. Ich war frei. Ich nutzte diesen Moment auch, um meinen Eltern zu vergeben, die ich mein Leben lang dafür gehasst hatte, dass sie uns nicht vor Auschwitz bewahrt hatten, dass sie uns nicht davor bewahrt hatten, als Waisen aufzuwachsen. Ich begriff endlich, dass sie alles ihnen Mögliche getan hatten. Ich vergab auch mir selbst, weil ich meine Eltern überhaupt gehasst hatte.
    Zorn und Hass sind die Saat, aus der Krieg erwächst. Vergebung ist ein Same des Friedens. Sie ist der letzte Akt der Selbstheilung.
    Ich sehe Vergebung als Gipfel eines sehr hohen Bergs. Die eine Seite ist dunkel, trostlos, nass und sehr schwierig zu besteigen. Aber die, die sich abmühen und den Gipfel erreichen, können die Schönheit auf der anderen Seite des Bergs sehen, die von Blumen, weißen Tauben, Schmetterlingen und Sonnenschein erfüllt ist. Wenn wir auf dem Gipfel stehen, können wir beide Seiten des Bergs sehen. Wie viele Menschen würden wohl lieber auf die düstere Seite zurückkehren, anstatt auf der sonnigen, blumenbedeckten Seite umherzuwandern?
    Ich habe über dreitausend Vorträge auf der ganzen Welt gehalten, zwei Bücher geschrieben und drei Kapitel zu drei weiteren Büchern beigetragen. Ich wünsche mir, jungen Menschen für ihr Leben die Lektionen vermitteln zu können, die ich durch mein Leiden gelernt habe, durch alles, was ich durchgemacht und überlebt habe:
    1. Gib dich selbst und deine Träume niemals auf, denn im Leben ist alles Gute möglich.
    2. Beurteile Menschen nach ihren Taten und dem Wesen ihres Charakters.
    3. Vergib deinem ärgsten Feind und vergib jedem, der dir Schmerz zugefügt hat – es wird deine Seele heilen und dich frei machen.
    Wenn ich auf meine Jugendjahre zurückschaue, so hätte ich damals nie geglaubt, dass mir irgendjemand würde zuhören wollen oder dass ich etwas Wichtiges zu sagen hätte. Darum sage ich jetzt zu euch allen, die ihr dieses Buch lest, damit ihr es nicht vergesst: Gebt nie, niemals auf. Ihr könnt überleben und eure Träume verwirklichen.
    Und ich möchte enden mit einem Zitat aus meiner Vergebungserklärung, verlesen am fünfzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz:

    »Ich hoffe, der Welt zumindest im Kleinen
    eine Botschaft der Vergebung zu vermitteln,
    eine Botschaft des Friedens,
    eine Botschaft der Hoffnung,
    eine Botschaft der Heilung.
    Lasst nie wieder Krieg zu,
    nie wieder Experimente
    ohne vorherige Aufklärung und Zustimmung,
    nie wieder Gaskammern,
    nie wieder Bomben,
    nie wieder Hass,
    nie wieder Töten,
    nie wieder ein Auschwitz.«

Anhang
    Anmerkung der Autorin
    Lisa Rojani Buccieri
    April 2009
    Dieses Buch kam durch die Bemühungen vieler Menschen zustande. Surviving the Angel of Death: The Story of a Mengele Twin stützt sich zunächst einmal auf die Erinnerungen einer einzelnen Person. Eva Mozes Kor ist Augenzeugin vielfacher Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Eva war es auch, die zu Beginn den Wunsch äußerte, ihre zuvor im Eigenverlag erschienenen Erinnerungen mit dem Titel Echoes From Auschwitz: Dr. Mengele’s Twins, the Story of Eva and Miriam Mozes in eine für junge Menschen geeignetere Form zu bringen.
    Katie McKy führte umfangreiche Interviews mit Eva, sie stellte viele sachbezogene Fragen und
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