Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
Vom Netzwerk:
seinen Rockschößen auf den Sitz zurückzuzerren und warf ihr prall gefülltes Retikül in Richtung des Gauners, der ihr Fußgelenk festhielt. Zu spät indes.
    Bereits beim ersten Hieb, den der Bruder austeilte, traf die metallummantelte Spitze der Peitsche den Straßenräuber so heftig am Jochbein, dass die Haut aufplatzte. Mit einem Aufheulen ließ sein Spießgeselle, der das Pferd gehalten hatte, das Geschirr los, schwang seinen Knüppel und stürzte auf Nicholas zu.
    Ihr Bruder, bis zu diesem Moment getragen von einem zornigen Selbstvertrauen, hielt mitten im Ausholen inne, verlor das Gleichgewicht auf dem schmalen Kutschbock des Gig und stürzte seitwärts auf den Fahrweg. Dort blieb er reglos liegen, der Gnade seines Angreifers ausgeliefert, der nun mit erhobener Keule über ihm stand.
    Jessicas Hände flogen zu ihrem Mund, doch sie schaffte es nicht, ihren Schreckensschrei zu unterdrücken. In Erwartung des Entsetzlichen, das unweigerlich folgen musste, kniff sie die Augen zu und sandte ein verzweifeltes Stoßgebet zum Himmel.
    Plötzlich krachte ein Schuss durch die Stille. Jessica riss die Augen auf. Der Halunke, der ihren Bruder bedrohte, hatte den Knüppel fallen lassen und umklammerte mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen blutüberströmten Unterarm. Im nächsten Augenblick war sein Kumpan an seiner Seite, packte ihn und zerrte ihn hinter sich her durch die Hecken am Straßenrand, aus denen beide zuvor aufgetaucht waren.
    Mit angehaltenem Atem lauschte Jessica dem Knacken trockener Äste, die unter den Sohlen der flüchtenden Spitzbuben brachen. Das gleichzeitig immer lauter werdende Geräusch trommelnder Hufe nahm sie lediglich am Rande wahr, ebenso den sich rasch nähernden Reiter. Sie sprang aus dem Gig und sank neben ihrem noch immer reglos daliegenden Bruder in die Knie.
    „Nicholas, bitte!“, flehte sie. „So sag doch etwas!“ Sie begann leicht an seiner Schulter zu rütteln, als jemand ihr von hinten unter die Achseln griff und sie vom Boden hochzog. Sie keuchte erschrocken auf und bemerkte erst jetzt, dass ein gesatteltes Pferd neben ihrem Gig stand, bei dessen Besitzer es sich offenbar um den Unbekannten handelte, der sie in diesem Moment nicht eben sanft auf die Füße stellte.
    „Lassen Sie das besser“, wies er sie kurz angebunden an. „Er könnte sich etwas gebrochen haben.“
    Jessica öffnete den Mund, um gegen die grobe Behandlung zu protestieren, doch dann zögerte sie. Der Mann, der nun seinerseits neben Nicholas kniete, besaß eine ausgesprochen schöne, angenehm tiefe Stimme. Und obwohl sie im Augenblick nur seinen Rücken sehen konnte, entging ihr keineswegs, wie gut sein Reitrock geschnitten war und wie perfekt er um die breiten Schultern saß. Kein Zweifel, sie hatte einen wohlhabenden Gentleman vor sich.
    Der Fremde zog seine Handschuhe aus und begann den Körper ihres bewusstlosen Bruders vorsichtig abzutasten. Nach ein paar Minuten, in denen Jessica kaum zu atmen wagte, setzte er sich auf die Fersen und sah sie über seine Schulter hinweg an.
    „Kein Knochenbruch“, erklärte er zufrieden. „Und ein paar Tropfen Alkohol sollten ihn auch wieder zur Besinnung bringen.“ Er nahm einen silbernen Taschenflakon aus der Innentasche seines Reitrocks, drückte vorsichtig Nicholas’ Lippen auseinander und träufelte ihm eine winzige Menge Brandy in den Mund.
    Mit klopfendem Herzen trat Jessica näher. Soweit sie es erkennen konnte, blieb Nicholas’ Zustand unverändert. Doch auf einmal begann er zu husten, dann riss er die Augen auf.
    „Wa…as ist passiert?“, brachte er mit krächzender Stimme hervor. Als er die bange Miene seiner Schwester bemerkte, wollte er sich aufsetzen, aber der Fremde legte ihm die Hand auf den Brustkorb und hinderte ihn daran.
    „Langsam, Junge. Ganz sachte.“
    Im nächsten Moment kniete Jessica abermals an Nicholas’ Seite. „Nicky! Um Himmels willen, tut dir irgendetwas weh?“
    „So gut wie alles.“ Vorsichtig brachte ihr Bruder sich in eine sitzende Position und griff sich stöhnend an die Stirn. „Was ist passiert?“, fragte er noch einmal und sah zwischen seiner erleichtert wirkenden Schwester und dem unbekannten Gentleman hin und her.
    „Ihre beiden Angreifer haben das Weite gesucht.“ Der Fremde erhob sich und streckte die Hand aus, um Nicholas auf die Füße zu ziehen.
    Nicholas schüttelte den Kopf. „Ich dachte, ich hätte einen Schuss gehört“, sagte er sichtlich verwirrt. „Und dann muss ich wohl ohnmächtig geworden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher