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Hochzeit in Glenrae

Hochzeit in Glenrae

Titel: Hochzeit in Glenrae
Autoren: Shirley Kemp
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war. Zudem wirkten seine Züge angespannt. In den dunklen Augen lag ein besorgter Ausdruck.
    “Sehen wir uns erst mal das Kind an, danach kommt Ihre Hand an die Reihe.” Der Fremde ging um den Wagen herum zur Beifahrertür; das Auto stand gar nicht so nah am Abgrund, wie Jenna geglaubt hatte.
    Suzie öffnete die Augen und blickte zu dem Mann auf, als er sich über sie beugte und die Beule an ihrem Kopf mit seinen kräftigen Händen abtastete.
    Nachdem er keine weiteren Verletzungen feststellen konnte, erklärte er: “Ansonsten scheint alles in Ordnung zu sein. Aber mit der Beule am Kopf muss sie unbedingt zu einem Arzt.”
    “Meinen Sie, sie hat eine Gehirnerschütterung?”, fragte Jenna. “Sie ist so teilnahmslos.”
    “Auszuschließen ist das nicht. Hat sie Brechreiz?”
    “Nein”, antwortete Suzie matt.
    “Gut. Hoffen wir, dass sie Glück im Unglück gehabt hat.” Der Mann kam wieder zu Jenna herüber. “Lassen Sie mich einen Blick auf Ihr Handgelenk werfen.”
    Sie überließ ihm zögernd ihre Hand. Er untersuchte sie geschickt, wobei seine kräftigen Finger erstaunlich sanft vorgingen.
    Schließlich legte er Jenna die Hand in den Schoß. “Ich glaube nicht, dass etwas gebrochen ist, aber ich bin kein Fachmann. Auch hier hat der Arzt das letzte Wort.”
    Der Fremde musterte ihr Gesicht, und erneut bemerkte Jenna, wie angespannt die markanten Züge des Unbekannten waren. Sie hätte nicht sagen können, warum sie seinem Blick nicht standzuhalten vermochte und den Kopf senkte.
    Nachdem der Mann die Tür weiter aufgezwängt hatte, stellte Jenna fest, dass er groß und kräftig war. Obwohl er gebückt dastand, füllte seine Gestalt die schmale Türöffnung. Die Abenddämmerung brach herein, und die glitzernden Tropfen in seinem dunklen Haar, das unter der Kopfbedeckung hervorlugte, ließen darauf schließen, dass es jetzt richtig regnete.
    “Das Halstuch, das Sie tragen, eignet sich gut als provisorische Schlinge für Ihren Arm, bis der Arzt entscheidet, was zu tun ist.”
    “Ich bin froh, dass Sie da sind”, gestand Jenna. “Und überrascht. Ich dachte schon, ich säße hier mitten in der Wildnis fest.”
    “Das ist tatsächlich der Fall.” Der Fremde lachte rau auf. “Sie können von Glück sagen, dass ich in Hörweite war, sonst hätten Sie hier möglicherweise bis zum Morgen ausharren müssen. Glenrae liegt noch ein ganzes Stück von hier entfernt, und nachts fährt niemand auf dieser abgelegenen Bergstraße.”
    Seine Finger fühlten sich kalt an Jennas Hals an, als er die Brosche öffnete, mit der sie das Halstuch zusammengehalten hatte. Sie erschauerte, und ihr Atem beschleunigte sich. Die Nähe des Mannes hatte eine seltsame Wirkung auf sie.
    Er schien ihre Reaktion nicht zu bemerken. Fachmännisch knotete er das Halstuch zu einer Schlinge und legte sie Jenna an.
    “So, das müsste reichen.” Er richtete sich auf und stemmte die Hände ins Kreuz, das nach der gebückten Haltung steif zu sein schien.
    “Vielen Dank. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.”
    Er machte eine abwehrende Handbewegung. “Keinen Dank.” Sein Lächeln wirkt gereizt, dachte Jenna und begutachtete das kantige Profil des Mannes. Wieder fiel ihr auf, dass sein Gesicht blass war.
    “Ich werde Sie jetzt ein Weilchen sich selbst überlassen”, erklärte er. “Aber ich komme wieder. Bleiben Sie brav sitzen, und entspannen Sie sich.” Damit marschierte er davon.
    Sie fragte sich, wer ihr Retter sein mochte und wieso er genau im richtigen Moment zur Stelle gewesen war.
    Dann wandte Jenna ihre Aufmerksamkeit wieder Suzie zu, die sich in den Sitz gekuschelt hatte und schlief. Jenna überlegte, ob sie ihre Schwester wecken sollte. Die Beule schien sich jetzt zu ihrer vollen Größe entwickelt zu haben, war stark verfärbt, doch Suzies Wangen hatten wieder Farbe bekommen, und die Kleine atmete ruhig. Jenna bettete sie bequem an sich, lehnte sich zurück und wartete auf die Rückkehr des Fremden. Der Himmel wurde immer dunkler, und ein scharfer, kalter Wind blies durch die Tür herein. Bald zitterte Jenna vor Kälte, vermutlich auch, weil die Schockreaktion verspätet eingesetzt hatte. Mit der gesunden Hand zog Jenna die Jacke fester um sich. Endlich durchbrachen Autoscheinwerfer die Dämmerung, und ein Wagen näherte sich. Jenna war von dem hellen Licht geblendet, doch sie erkannte die Silhouette ihres Retters, der aus einem Land Rover stieg.
    Der Mann kam zu Jenna herüber und zwängte die Tür noch etwas weiter auf.
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