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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben
Autoren: Christoph Quarch
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Menschen entdeckt, die keineswegs von grandiosen Erleuchtungserlebnissen erzählen können, dafür aber von einer glühenden Sehnsucht und Liebe zum Leben getrieben sind. Sie scheinen mir Gott oft näher zu sein als all die Erleuchteten und Frommen; denn die Liebe (die Gott ist) strahlt aus all ihrem Tun und Lassen, und das selbst dann noch, wenn sie sich dessen gar nicht bewusst sind. Diese Menschen scheinen mir lebendig, sie haben eine intensive Ausstrahlung, auch wenn fast immer eine gewisse Trauer sie umwölkt. Wie sollte es anders sein, denn der in ihnen mächtige Eros ist eine tragische Figur, die ewig darunter leidet, nicht ganz und gar mit allem verbunden und vereint zu sein.
    Wenn diese Menschen sich ihrer liebenden Seele bewusst werden (und genau darum müsste es einer erotischen Spiritualität gehen), dannwerden sie erkennen, dass ihre Sehnsucht bereits ihre Erfüllung in sich trägt – dass gerade in ihrem Leiden, gerade in ihrer Leidenschaft, gerade in ihrem Brennen Gott zugegen ist; dass ihre erotische Glut genau die Art und Weise ist, in der Gott im Menschen zu sich selbst kommen will – in der das Leben im Menschen zu sich selbst kommen will. So wie es in Jesus von Nazareth sinnenfällig geworden ist.
    Wo uns dies gelingt – wo uns zu Bewusstsein kommt, dass immer schon die Sehnsucht Gottes nach sich selbst als erotische Leidenschaft in uns mächtig war, da werden wir an den Punkt gelangen, das Leben als ein Fest, einen ewigen Gottesdienst zu feiern. Und zwar in allen seinen Facetten. Dann gibt es kein Heilig und kein Profan mehr. Es gibt nichts mehr, was überwunden werden muss, sondern nur noch ein mannigfaltiges Feuerwerk des göttlichen Lebens, das wir liebend empfangen und umarmen dürfen; das wir mit der Kraft unseres liebenden Herzens in die große Symphonie unserer Seele integrieren können; zu dem wir zuletzt doch ohne Wenn und Aber Ja sagen können.
    Erotische Spiritualität ist nicht asketisch. Sie lehnt nichts ab, sie muss nichts überwinden: nicht das Ich und nicht den Körper; nicht ekstatische Erleuchtung und nicht die Vergnügungen des Körpers. Denn alles gerät ihr zum Gottesdienst, so sie denn alles mit einem wachenden und liebenden Herzen feiert und zelebriert. Ganz so wie einem Frischverliebten all sein Tun zum Dienst an seiner Liebsten gerät, so wird dem Ins-Leben-Verliebten all sein Tun zu einer großen Liturgie der Liebe, egal ob bei der Arbeit oder in der Küche, im Wald oder im Stau. Na gut, Letzteres bleibt dann wohl doch allein den größten Meistern der erotischen Spiritualität vorbehalten...
    Was ich damit sagen will: Eine erotische Spiritualität des Herzens hebt nicht ab. Sie steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden. Sie wendet sich dem Leben in all seinen Facetten zu und umarmt es mit einem beherzten Ja. Nur: Eine solche Spiritualität ist schwer zu finden. Aber das heißt ja nicht, dass man daran nicht arbeiten könnte …
    Zum Abschluss möchte ich das gerne noch an einem besonders prekären Aspekt des Lebens deutlich machen; einem, von dem ich weiß, dass ihr euch besonders schwer damit tun werdet: der Sexualität. Denn gerade diese fundamentale Erscheinungsform des Eros ist ja durch unsere kirchliche Theologie jahrhundertelang verfemt und bekämpft worden. Gerade sie scheint mir deshalb besonders zuwendungsbedürftig, wenn ich es mir zum Anliegen mache, das im Christentum verschüttete Potenzial zur erotischen Spiritualität freizulegen. Denn ein erotisches Christentum – eines, das sein zentrales Konzept
Liebe
wieder umfassend und stimmig deutet – wird nicht umhinkommen, die Sexualität neu zu sehen: als etwas durch und durch Bejahenswertes; als etwas, dessen immanenter Eros entfaltet und dadurch zu einer spirituellen Praxis veredelt werden kann. Denn warum sollte nicht auch Sexualität eine Feier Gottes sein: eine Feier des Gottes, der das Leben ist, und der in uns in Fülle und Schönheit lebendig sein will?
    Bitte schaltet nicht gleich auf Widerstand, sondern lasst euch für einen Augenblick auf den Gedanken ein, dass es durchaus so etwas wie eine heilige – d.h. die Anwesenheit und Wirklichkeit Gottes im Bewusstsein haltende – Sexualität geben kann. Denn, unter uns gesagt, ich bin davon überzeugt, dass wir nur dann der fatalen Pornographisierung, Kommerzialisierung und Trivialisierung der Sexualität in unserer Welt Einhalt gebieten können, wenn wir ihr Mysterium wiederentdecken und sie als ein heiliges, spirituelles Geschehen feiern, in dem
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