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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society
Autoren: Karolin Park
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bloß seine Nummer am Display sehe und ich getraue mich nicht, nicht abzuheben, weil ich dann nämlich noch weitaus schlimmere Dinge befürchte als nur beschimpft zu werden. Gerade vorher bekam ich zu meinem Morgen-Macaron im L’Angelina eine anonyme Morddrohung via iPhone serviert. Ich solle gefälligst meinen Mund halten und mich nicht in Dinge einmischen, die mich nichts angehen. »Ich werde es ausrichten«, habe ich im ersten Schock gesagt und mich zu erklären versucht, ehe zum Glück nicht ich, sondern die Leitung tot war, aber die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor. Ob es vielleicht Orlando Bloom war, oder noch besser Brian Adams? Er hatte zweifelsfrei einen amerikanischen Akzent. Und ich bin mir sicher, im Hintergrund jemanden Cut schreien gehört zu haben, oder geht jetzt womöglich die Fantasie mit mir durch?
    Also wenn ich’s mir recht überlege, dann ist die Schauspielerei eigentlich gar kein so leiwander Job, wie ich immer dachte. Ich meine, welche Freude machen die wohlgeformtesten Schenkel der Welt, wenn man dafür um seinen allmorgendlichen Schlaf gebracht wird und Spinat-Smoothies zum Frühstück gut finden muss. Da wird selbst der knackigste Personaltrainer zum schwachen Trost. Und welche Freude macht dein Antlitz am Cover der Vogue, wenn die Leute in deinem Müll wühlen und die Paparazzi sich schneller als du Hollywood sagen kannst begeistert vor deine Autoreifen schmeißen. Mal ehrlich, da macht doch die tollste Yacht keinen Spaß, wenn man noch nicht mal Sex an Deck haben kann, ohne gleich befürchten zu müssen, dass gerade irgendwo einer ein kleines One Night in Nizza-Video dreht.
    Dagegen scheint es mir geradezu himmlisch, in meiner Praxis zum 1000. Male der kleinen Ralph-Lauren-Rotznase die Reis-Gummiringe, welche ursprünglich zur Sensibilisierung seiner zischlaut-lahmen Zunge gedacht waren, aus seinen Nasenmuscheln zu futzeln.
    Wenngleich ich mich mit solchen Kinkerlitzchen als baldige L.A.-Logo mit Steuernummer in Hollywood zum Glück nicht mehr allzu lange herumschlagen werde müssen – naja, außer es handelt sich vielleicht um Angies Kids, da würde ich eine Ausnahme machen, aber bis dahin bin ich Marie von Stettens persönlicher Stimmtherapeut.
    Montags beginnen die Dreharbeiten und ich werde die ganze Zeit am Set dabei sein, zur Sicherheit. Die operative Knotenentfernung ihrer Stimmbänder ist nämlich erst vier Wochen her, was bedeutet, dass sie eigentlich noch gar nicht drehen dürfte, aber musste, da ihr Vertrag nun mal unterschrieben ist, und weil unter diesen Umständen das Risiko eines Rückfalls laut Statistik um ein Vielfaches erhöht ist, wurde ihr vertraglich zugesichert, dass man auch die Kosten für ihren Personal Voice & Vocal-Coach übernehmen würde. Ist das nicht unglaublich?
    Ich meine ich, Elli Weitzman, Voice & Vocal-Coach der Stars.
    Schade, dass Sie das Briefpapier nicht sehen können. Ich finde die Kopfzeile überhaupt nicht zu groß oder das Pink zu intensiv und ich schwöre, dass es Prinzessin Lillifees Brieffreunde-Papier überhaupt nicht ähnelt. Ich weiß überhaupt nicht, wie Erik darauf kommt. Aber was verstehen Männer schon von Briefpapier oder gutem Geschmack im Allgemeinen? Meine Theorie ist ja, dass die nicht nur ein Y-Chromosom zu viel, sondern auch mindestens eine ganze Handvoll Geschmacksrezeptoren zu wenig haben. Oder wie erklären Sie sich sonst die sprühenden Begeisterungsfunken für alles, was dumm und billig – oder war’s jung und willig? – ist.
    Egal! Wie heißt es so schön, in guten wie in geschmacklosen Tagen … und dafür ist Erik ein wirklich guter Küsser.
    Na, wie dem auch sei, ich mag mein Briefpapier und bald werde ich mir auch noch die dazu passenden Visitenkarten machen lassen. Erst muss ich aber meine aktuellen aufbrauchen und das könnte noch eine Weile dauern, weil ich nämlich noch ein paar übrig habe. Es sind glaube ich so an die 30.000 Stück, die ich vorher noch loswerden muss, und bis dahin erfreue ich mich eben an meinem Briefpapier und meinem neuen Praxisschild. Ja, meinem neuen Praxisschild. Ich sage Ihnen, Zufälle gibt’s vielleicht. Da hängt es all die Jahre unberührt vor sich hin und just am Morgen, nachdem ich von meinem Karrieresprung erfahren habe, da liegt es doch glatt in Tausend kleine Einzelteile zerbrochen vor der Eingangstür.
    Das wäre kein stinknormaler Fall von Vandalismus, sondern vielmehr ein gezielter persönlicher Angriff, hatte Erik sich furchtbar darüber aufgeregt, weil die Täter
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