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Herrin der Falken

Titel: Herrin der Falken
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Laran, wie es Eure Männer einsetzen. Aber ich fürchte keinen Vogel, keinen Hund, nichts, das auf vier Beinen läuft oder mit Flügeln fliegt. Laßt mich vor dem Morgengrauen allein in die Stadt gehen und den Ort finden, mein Lord.«
    »Allein? Du, ein Mädchen?« begann Carolin. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Du hast wieder und wieder bewiesen, daß du mehr als ein Mädchen bist, Schwertfrau«, sagte er leise. »Es ist das Risiko wert. Hast du keinen Erfolg, werden wir morgen früh wenigstens wissen, wo wir zuerst zuzuschlagen haben, um sie zu zwingen, ihm einen schnellen Tod zu geben. Nur laß es erst dunkel werden. Auch hast du einen langen Ritt hinter dir.
    Besorge ihr etwas Richtiges zu essen, Jandria, und laß sie ein bißchen schlafen.« 
    »Ich könnte doch nicht schlafen«, protestierte Romilly.
    »Dann ruhe dich wenigstens aus«, befahl Carolin, und Romilly neigte den Kopf. 
    »Wie Ihr wollt.« 
    Jandria nahm sie mit zum Zelt der Schwertfrauen, brachte ihr Essen und saubere Kleidung.
    »Und Waschwasser und einen Kamm«, bat Romilly. Also holte Jandria vom Feuer der Kantine warmes Wasser. Romilly wusch sich und versuchte, ihr verfilztes Haar auszukämmen. Jandria, die ihr half, mußte es schließlich ganz kurz schneiden. Dankbar stieg Romilly in saubere, weiche Unterwäsche, in eine neue Jacke und Hose. Sie hatte keine anderen Stiefel als die der Landfrau, aber sie streifte saubere Strümpfe über ihre Füße. Welch eine Wohltat war es, sauber und ordentlich zu sein, gekochte Speisen zu essen, sich menschlich zu fühlen.
    »Und jetzt mußt du ausruhen«, sagte Jandria, »Carolin hat es befohlen. Ich verspreche dir, ich wecke dich um Mitternacht.«
    Romilly legte sich neben Jandria auf die Decke. Das Licht des abnehmenden Monds fiel ins Zelt, und Romilly dachte mit großer Traurigkeit daran, daß Ranald neben ihr gelegen hatte, als die Monde das letzte Mal voll gewesen waren. Jetzt war er tot, und es dünkte sie so bitter, so sinnlos. Sie hatte ihn nicht geliebt, aber er war gut zu ihr gewesen und der erste Mann, dem sie sich hingegeben hatte. Sie würde ihn nie vergessen und für immer ein bißchen um ihn trauern. Jandria schwieg. Romilly wußte, ihre Freundin trauerte ebenfalls, nicht nur wegen der Gefahr, in der sich Orain befand, sondern auch um Lyondri Hastur, der für sie einmal das gewesen war, was Ranald für Romilly bedeutete, der erste, der ihre Weiblichkeit und ihr Verlangen erweckte. Und sie konnte an ihn nicht einmal mit der süßen Traurigkeit denken, die man einem Toten widmet. Er hatte sich weiter und weiter von ihr entfernt, war ein Ungeheuer geworden… Romilly legte die Arme um Jandria und fühlte, daß die Frau zitterte.
    Es hat soviel Leid gegeben, und alles sinnlos. In meinem Stolz habe auch ich Leid über jene gebracht, die mir kein Leid getan hatten. Ich will mein Äußerstes tun, um Orain vor dem ihm zugedachten Schicksal zu retten. Es sieht hoffnungslos aus, doch nicht jeder gekochte Brei wird gegessen. Wie es auch ausgehen mag, wenn ich morgen früh noch am Leben bin, werde ich Vater und Luciella Nachricht schicken, daß ich lebe und daß sie nicht um mich trauern dürfen.
    Jandrias Kummer ist schlimmer als meiner. Um Orain werde ich trauern, wenn erstirbt, weil er mein Freund war und weil er edel für Carolin gestorben ist, den er liebt. Wer wird jedoch trauern und etwas anderes als Erleichterung empfinden, wenn Lyondri nichts Böses mehr tun kann?
    Sie hielt die schluchzende Jandria in ihren Armen und spürte schließlich, daß sie eingeschlafen war.
    Romilly hatte eine oder zwei Stunden geschlafen, als Jandria sie sacht an der Schulter rüttelte.
    »Steh auf, Romilly. Es ist Zeit.«
    Romilly bespritzte ihr Gesicht mit kaltem Wasser und aß etwas Brot; den Wein verschmähte sie. Sie mußte alle ihre Sinne beisammen haben. Carolin wartete auf sie in seinem Zelt, das Gesicht ruhig und entschlossen. Er sagte: »Ich brauche dir nicht zu versichern, daß du, wenn du Orain befreist – oder ihm weitere Leiden ersparst, und solltest du ihm deinen eigenen Dolch ins Herz stoßen müssen –, deine Belohnung selbst nennen kannst, und wenn du einen meiner Söhne heiraten möchtest.«
    Sie lächelte über den Gedanken. Warum sollte sie das wünschen? Romilly antwortete ihm wie dem Dom Carlo, den sie damals kennengelernt hatte. »Onkel, ich werde für Orain tun, was ich kann, weil er gut zu mir war, als er mich noch für einen entlaufenen Falknerlehrling hielt. Meint Ihr nicht, eine
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