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Heilige Mörderin: Roman (German Edition)

Heilige Mörderin: Roman (German Edition)

Titel: Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Autoren: Keigo Higashino
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gedacht, dass Herr Mashiba unterwegs war und sich eventuell in einer Situation befand, in der er nicht ans Telefon gehen konnte?«
    Nach kurzem Schweigen schüttelte Hiromi den Kopf.
    »Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen.«
    »Aber warum nicht? Gab es einen Anlass für Ihre Sorge?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich war nur irgendwie unruhig.«
    »Unruhig, aha.«
    »Ist das verboten? Ich war eben beunruhigt und wollte nachsehen.«
    »Nein, nein, ganz im Gegenteil. Das war absolut vorbildlich. Es kommt nicht oft vor, dass jemand, dem man einen Hausschlüssel gibt, sich so pflichtbewusst verhält. Außerdem hat Ihr Gefühl Sie ja nicht getrogen.«
    Hiromi schien die Worte des Kommissars nicht für bare Münze zu nehmen und wandte den Blick ab.
    In dem Moment hielt ein dunkelroter Pajero vor der Villa. Die Tür ging auf, und Utsumi stieg aus.
    »Sie haben Allradantrieb?« Kusanagi machte große Augen.
    »Er fährt sich nicht schlecht. Bitte sehr, Frau Wakayama.«
    Hiromi stieg hinten ein. Der Kommissar setzte sich neben sie.
    Als Utsumi im Wagen saß, stellte sie das Navigationsgerät ein. Anscheinend hatte sie Hiromis Adresse bereits herausgefunden. Sie wohnte am Bahnhof Gakugei-Daigaku.
    Kaum waren sie losgefahren, fragte Hiromi: »War Herrn Mashibas Tod denn kein Unfall oder Selbstmord?«
    Kusanagi warf einen Blick in den Rückspiegel, seine und Utsumis Augen trafen sich.
    »Das können wir noch nicht sagen. Wir müssen das Ergebnis der Obduktion abwarten.«
    »Aber Sie sind doch von der Mordkommission?«
    »Sicher. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht nur die Möglichkeit, dass er ermordet wurde. Mehr wissen wir noch nicht.«
    »Ich verstehe«, murmelte Hiromi.
    »Erlauben Sie, dass ich im Gegenzug auch Ihnen eine Frage stelle. Angenommen, es war wirklich Mord. Fällt Ihnen ein möglicher Grund dafür ein?«
    Kusanagi sah, wie Hiromi nach Luft rang. Er schaute auf ihren Mund.
    »Ich habe keine Ahnung … Ich weiß nichts über ihn, außer dass er der Mann meiner Lehrerin ist«, erklärte sie mit dünner Stimme.
    »Es macht nichts, wenn Ihnen nicht sofort etwas einfällt. Aber sagen Sie mir bitte Bescheid, wenn Sie sich an etwas erinnern.«
    Hiromi Wakayama schwieg, sie nickte nicht einmal.
    Als sie vor ihrer Wohnung ausstieg, wechselte Kusanagi auf den Beifahrersitz.
    »Was meinen Sie?«, fragte er, den Blick nach vorn gerichtet.
    »Sie ist eine starke Frau«, erwiderte Utsumi, während sie den Wagen wieder auf die Straße steuerte.
    »Was meinen Sie mit ›stark‹?«
    »Nun ja, sie hat die ganze Zeit nicht eine Träne vergossen. Zumindest nicht in unserer Gegenwart.«
    »Vielleicht war sie einfach nicht so besonders traurig.«
    »Nein, sie muss geweint haben. Ich bin überzeugt, sie hat die ganze Zeit geweint, während sie auf den Krankenwagen wartete.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ihr Augen-Make-up wirkte, als hätte sie es hastig erneuert.«
    Kusanagi musterte seine junge Kollegin von der Seite. »Wirklich?«
    »Ich bin ganz sicher.«
    »Frauen haben einen anderen Blickwinkel, nicht wahr? Das soll übrigens ein Kompliment sein.«
    »Ich weiß.« Sie schmunzelte. »Was halten Sie von ihr, Kommissar Kusanagi?«
    »Ich finde ihr Verhalten verdächtig. Auch wenn sie behauptet, sie habe sich wegen des Schlüssels verpflichtet gefühlt: Welche junge Frau würde zu einem Mann fahren, nur weil er nicht ans Telefon geht?«
    »Genau. Ich jedenfalls nicht.«
    »Könnte es sein, dass die Dame und der Verstorbene etwas miteinander hatten? Oder geht meine Phantasie mit mir durch?«
    Utsumi schnaubte. »Das tut sie sicher nicht. Die beiden wollten bestimmt heute Abend zusammen essen gehen.«
    Kusanagi schlug sich auf die Knie. »In dem Restaurant in Ebisu.«
    »Und als sie nicht kamen, hat das Restaurant angerufen. Herr Mashiba hatte für zwei reserviert. Also ist auch seine Begleitung nicht aufgetaucht.«
    »Wenn man sich Frau Wakayama als diese Begleitung denkt, wäre das nur logisch.«
    Kusanagi war überzeugt, dass es so gewesen war.
    »Falls die beiden ein Verhältnis hatten, wird sich das rasch beweisen lassen.«
    »Wie das?«
    »Wegen der Kaffeetassen. Die Tassen in der Spüle waren doch beide benutzt, oder? Also müssten sich zumindest auf einer ihre Fingerabdrücke befinden.«
    »Stimmt. Aber selbst wenn die beiden eine Affäre hatten, ist das noch kein Grund, Hiromi Wakayama als Verdächtige zu behandeln.«
    »Das weiß ich doch«, sagte Utsumi und fuhr an den linken Straßenrand. »Darf ich mal kurz
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