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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße
Autoren: Ellen Alpsten
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Zu-las-sungs-be-scheid.« Sie lehnte sich über den
Schreibtisch nach vorn und klopfte mit dem Finger mahnend
auf eines der rosafarbenen Zulassungsdokumente.
    Mudi hielt eben dieses offen und für alle sichtbar in seinen
Händen, faltete es aber nun unsicher zusammen. Er rutschte
auf seinem Stuhl hin und her. Kai stand ungläubig der Mund
offen. Das gab es doch nicht, was fiel der Tante ein?
    »Was
schreibt sich auf jeden Fall
Wie bitte
«, entfuhr es ihm
und die Frau sah ihn mit giftigem Blick an. Aber er sprach
schon weiter. »Dass er seinen Zulassungsbescheid hat, sehen
Sie doch. Also: Er heißt Mudi Mansouri. Klingt eigentlich
einfach genug, oder? Ich buchstabiere es Ihnen gerne noch
mal, denn ich hab's gleich kapiert. Kann schließlich nicht jeder auf der Welt Müller, Meier oder Schmidt heißen. Wie
langweilig wäre denn das?«
    Die Sekretärin fuhr auf. »Also, das ist ja wohl das Allerletzte!
Ich habe jetzt die Nase voll! Wissen Sie, wie viele
Was-weiß-ich-wie-die-alle-heißen ich heute schon hier eingeschrieben
habe? Und immer zu uns kommen und die Hand
aufhalten! Die sind alle vom Stamme Nimm und unsereins
geht dann leer aus. Wer weiß, ob ich noch Pension bekomme
bei all den Immigranten, die auch noch alle zehn Kinder
haben! Wissen Sie, wie lange mein Sohn schon Arbeit sucht?
Aber sogar bei der Müllabfuhr nehmen sie lieber solche wie
den da!« Sie zeigte auf Mudi, der blass und wie festgefroren
auf seinem Stuhl saß. »Und wissen Sie auch …«, kreischte
sie mit erhobenem Zeigefinger weiter, als Kai sie unterbrach,
indem er ihr lachend sein iPhone entgegenhielt.
    »Und wissen Sie auch, dass ich Sie gerade gefilmt habe?«
Er ließ die Szene wieder abspielen und sowohl Ton- als auch
Bildqualität waren erstklassig. Sicher hatte Steven Spielberg
auch nicht anders angefangen! Im Sekretariat war es um sie
herum still geworden. »Einfach großartig. Es wird den Rektor
sicher interessieren, wie weltoffen und international sein
Personal eingestellt ist. Fehlt nur noch Ihr Name, Frau …
Wie war der gleich?« Er beugte sich vor, wie um ihr Namensschild
zu entziffern.
    »Also, das ist doch …« Sie hakte sich schnell das kleine
Schildchen ab, riss Mudi seinen Zulassungsbescheid aus der
Hand und begann, wütend zu tippen. Fünf Minuten später
war auch Mudi voll immatrikulierter Student der Universität
Augsburg.
    Kai und Mudi traten grinsend den Rückzug an, während sich die Sekretärin an den Wasserspender stellte und ein
Glas nach dem anderen hinunterstürzte. Eine Kollegin nahm
derweil ihren Platz ein.
    »Danke«, sagte Mudi, als sie in der Aula standen. Dann
sah er vorsichtig zu dem Handy, das Kai noch immer in der
Hand hielt. Es war ein brandneues iPhone in einer schlichten,
eleganten Hülle, das sein Vater ihm im September zum
Geburtstag geschenkt hatte. »Aber …«
    »Was aber?«, fragte Kai, der Mudis Gesichtsausdruck
nicht deuten konnte. Gab es hier ein Problem?
    »Willst du den Film wirklich dem Rektor zeigen und sie
denunzieren?«
    Denunzieren,
dachte Kai erstaunt. War das nicht ein etwas
großes Wort für seinen kleinen Film und seine Drohung, ihn
dem Rektor zu zeigen? Was ist denn schlimmer: jemanden
zu denunzieren oder jemanden zu schikanieren? Doch er
zuckte die Achseln und schüttelte dann den Kopf.
    Mudi schien erleichtert, ohne dass Kai genau begriff, weshalb.
»Aber ihr Blick war wirklich zum Schreien, als sie den
Film gesehen hat«, sagte er. »Wenn es mit ihrer Karriere an
der Uni nicht klappt, dann kann sie immer noch nach Hollywood.
Und du auch.«
    Mudi sprach zwar perfekt Deutsch, aber Kai hörte einen
leichten Akzent, den er nicht einordnen konnte.
    »Na, die Bavaria Filmstudios tun es auch. Vielleicht brauchen
sie jemanden, der Schulkinder herumführt oder sich als
Vampir verkleidet. Das kann ich dann machen«, erwiderte
Kai und war überrascht, als Mudi ihm ziemlich förmlich
seine schmale Hand entgegenstreckte.
    »Ich heiße übrigens Mudi. Mudi Mansouri.«
    Kai drückte etwas ungeschickt Mudis Hand und bemerkte
gleichzeitig dessen sorgfältig gebügeltes Hemd und seine
Chinohose, deren Saum auf blank polierte Schuhe fiel. Mudi
war gekleidet, als sei die Immatrikulation ein Fest, während
Kai sich plötzlich in seinem abgewetzten Mantel wie etwas
fühlte, das die Katze vom Feld ins Haus gebracht hatte.
    »Kai Blessing. Passiert dir so was wie hier oft?«
    »Ja und nein. Die Menschen wissen eben einfach nicht,
wo sie mich einordnen sollen. Für die meisten bin ich Türke
oder Albaner
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