Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise
Autoren: Claudia_Winter
Vom Netzwerk:
Geburtstagskind thront seit unserer Ankunft bewegungslos auf einer Picknickdecke und befürchtet offenbar, dass seine Blechkrone verrutscht.
    Mama Müller hält ein Stück „kalten Hund“ in die Höhe und rümpft die Nase, als handele es sich um toten Hund.
    „Da ist ja Al-ko-hol drin!!“
    Sämtliche Hälse drehen sich in meine Richtung, die dazugehörigen Elterngesichter wirken wenig wohlwollend. Ich lächle gezwungen und werfe Britta einen stummen Hilfeschrei zu. Die steht da, wie vom Donner gerührt. Wie auf Kommando plärrt Marisalein los. Diesmal mit unüberhörbarer Gehässigkeit.
     
     
    Kalter Hund
     
    Man nehme für eine Grubenhunte:
    250 g. Kokosfett (Palmin gehärtet), 25 - 30 Butterkekse,
    200 g. Puderzucker, 2 Eier, Salz, Kakaopulver, 1 EL löslichen Kaffee,
    1 EL Rum (für Kinder weglassen, der Ärger lohnt nicht).
     
    Das Fett bei geringer Temperatur schmelzen und abkühlen lassen. Den Puderzucker mit Eiern, Kakao, Pulverkaffee, Rum und einer Prise Salz verrühren und das flüssige Fett unterrühren. Eine Kastenform mit Pergament auslegen. Abwechselnd Schokoladenmasse und Kekse hineinschichten. Im Kühlschrank rund 5 Stunden kühlen. Aus der Form lösen und mit einem scharfen Messer in Scheiben schneiden.
     
     
    Ich kann nicht schlafen. Stattdessen beobachte ich die Digitalanzeige der Weckuhr und zähle die Sekunden mit, was leider nicht als Ersatz fürs Schäfchenzählen taugt. Drei Uhr achtundzwanzig. Früher hätte ich mich in die Küche geschlichen, um eine Schokoladenmousse zu zaubern ...
    Felix krümmt sich zu einer schnarchenden Brezel zusammen, nur sein Haarschopf lugt zwischen Kissen und Decke hervor. Meist umklammert er irgendein Körperteil von mir, eine Hand, meinen Po oder meine Brust, was er halt zu fassen kriegt. In regelmäßigen Abständen schnorchelt er heftig, weil er da unten so wenig Luft bekommt. Beginnt er zu japsen, stupse ich ihn an. Er dreht sich brummelnd herum und nach fünf Minuten ertönt das sachte Schnaufen erneut. Mir bleibt exakt diese Zeitspanne zum Einschlafen.
    Heute scheitert jeder Versuch kläglich. Meine Gedanken kreisen um Bestellungen, offene Rechnungen und die ungeöffneten Briefe des Finanzamtes. Der Rumgeschmack des Kindergeburtstags liegt schal auf meiner Zunge, obwohl ich das Konzept noch am selben Abend in der Mülltonne im Hof entsorgt habe. Meine Personalsorgen hüpfen in die Denkpausen, begleitet von dem Bild eines gesichtslosen Konkurrenten, der meine Kochschüler abwirbt.
    Drei Uhr vierundvierzig. Behutsam drehe ich mich zur Bettkante. Felix rückt nach. Ich warte, bis seine Atmung gleichmäßiger wird. Schiebe seinen Ellbogen beiseite und rutsche weiter. Er dreht sich auf den Bauch. Rasch gleite ich aus dem Bett. Ein schwarzer Schatten löst sich aus dem Dunkel und tappst hinter mir her.
     
    Unser Loft befindet sich in einer im Jahre 1906 erbauten Tuchfabrik, aus der in den Achtzigern das denkmalgeschützte Atelierhaus entstand. Vier Meter hohe Wände umspannen die rund 130 Quadratmeter Wohnfläche. Die dem begrünten Hof zugewandte Seite besteht aus Glas, von oben verstärken Dachgauben die luftige Atmosphäre. Das typische Sammelsurium aus zwei Haushalten, die weder in Stil noch Preislage zueinander passen, siedelt in diesen Räumen in erstaunlich harmonischem Nebeneinander.
    Zu Hunds Enttäuschung bleibt das Geräusch einer sich öffnenden Kühlschranktür aus. Wir schleichen an der Küchenzeile vorbei und biegen flankiert von Felix´ preisgekrönten Fotografien an der Mauer um die Ecke. In der Arbeitsnische schalte ich kein Licht an, sondern drücke blind den Computerknopf, angele nach meiner Konzeptmappe und lege die Beine auf die Tischkante. Hund kriecht unter den Tisch und verschmilzt lautlos mit der Nacht.
    Laut Bildschirmanzeige öffnet sich um exakt vier Uhr morgens die Google-Befehlsleiste. Ich lege die Tastatur auf meine Schenkel.
    Kochkurs Köln. Enter.
    Mein Kochbuchladen steht an erster Stelle der Ergebnisliste!
    Tährähhh!
    Sprachlos starre ich auf das Pop-up, ein zweites Fenster, welches sich auf die Cook & Chill Homepage legt. Ein feixender Mats Jørgensen winkt mir zu.
    „Sie möchten kochen wie ein Profi? Und wollen auf Sendung gehen? Ha ha.“
    Er lacht wie eine Ziege. Fand ich den Kerl tatsächlich mal sympathisch?
    „Im Starcooks sind Sie goldrichtig! Absolvieren Sie ein Seminar beim Fachmann und begrüßen Sie Ihre Freunde im Fernsehstudio! Unser nagelneues Kochstudio befindet sich direkt im Herzen Kölns! Kommen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher