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Grusel auf Campbell Castle

Grusel auf Campbell Castle

Titel: Grusel auf Campbell Castle
Autoren: Marco Sonnleitner
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betrat den Raum und ging mit ausgestreckter Hand auf einen der Gäste zu, eine ältere Frau mit schlohweißem Haar und dicker Brille. »Hat Sie Edward schon heraufgeführt? Das ist schön.«
    »Edward?«, erwiderte die Frau spitz. »Edward war nicht da. Ich habe mir erlaubt, uns selbst heraufzugeleiten, zumal ich ja schon des Öfteren hier war.«
    »Edward war nicht da?«, wunderte sich Campbell. »Oh, das tut mir leid«, entschuldigte er sich bei der sichtlich missgestimmten Frau. »Verzeihen Sie bitte.« Dann begrüßte er, nicht ohne vorher noch einmal nachdenklich die Stirn zu runzeln, den nächsten Gast.
    Nachdem er allen die Hand geschüttelt und ein kurzes, freundliches Wort mit ihnen gewechselt hatte, stellte er Bob vor. Er nannte ihn einen »Novizen der mystischen Wissenschaften« und setzte dabei eine verschwörerische Miene auf.
    Außer Mrs Everett nahmen noch fünf weitere Personen an der Sitzung teil. Ihre Freundin Mrs Harkort, die so schüchtern war, dass sie Bob kaum in die Augen sehen konnte. Irgendwie erinnerte sie den dritten Detektiv an eine Spitzmaus. Dann Mr Clayton, ein schweigsamer, gebückt gehender Herr, der sich hinter einem großen Bart versteckte, Mr Prescott, ein gut gekleideter Mann in mittleren Jahren, der arrogant über Bob hinwegsah, und Bill Wever und sein Sohn Max, beide sehr nett und zugänglich.
    »Wollten uns das Geister-Spektakel auch mal ansehen«, raunte Bill Bob ins Ohr. Dann lachte er tief und gurgelnd.
    »Also gut!« Campbell klatschte auffordernd in die Hände. »Dann wollen wir uns mal an unsere Plätze begeben und sehen, was uns die Geister heute mitzuteilen haben. Bob, setzt du dich bitte neben mich?«
    Der dritte Detektiv nickte und folgte Campbell an den großen, runden Eichenholztisch, der in der Mitte des Raumes aufgestellt war. Ansonsten fanden sich in dem Turmzimmer, dessen Innenwände ein regelmäßiges Achteck bildeten, noch vier raumhohe Bücherregale mit zahllosen alten Büchern sowie jeweils dazwischen vier Butzenscheibenfenster, die von fadenscheinigen Vorhängen eingerahmt waren. Über dem Tisch hing ein alter Lüster, und den Boden zierte ein runder, leider abgewetzter Perserteppich.
    Nachdem alle sich gesetzt hatten, entzündete Campbell vier Kerzen, die er in die Fensternischen stellte, und löschte das Licht. Dann nahm auch er Platz.
    Bob griff noch einmal unauffällig in seine Jackentasche und zog sein Diktiergerät hervor. Er drückte auf den roten Aufnahmeknopf und schob den Apparat wieder ein.
    »Lasst uns die Hände auf den Tisch legen«, sagte Campbell mit leiser Stimme. »Sie müssen sich berühren, sodass wir einen geschlossenen Kreis bilden. Nirgendwo darf ein Lücke sein.«
    Alle taten wie geheißen und legten ihre Hände mit gespreizten Fingern auf den Tisch. Jeder führte erst seine eigenen Hände zusammen und berührte dann die Finger des Nachbarn.
    »Gut. Und nun schließen wir die Augen.«
    Bob machte die Augen zu, linste dann aber noch einmal unter einem Lid hervor. Alle folgten Campbells Anweisungen. Keiner schummelte. Schließlich schloss auch er die Augen.
    »Atmet ruhig ein und aus.« Campbells Stimme hatte einen einschläfernden Singsang angenommen. »Lasst alle Gedanken davonziehen. Ihr seid nur hier, nirgendwo anders. Ihr seid ganz bei euch.«
    Gleichmäßige Atemzüge drangen an Bobs Ohr. Jemand scharrte kurz mit den Füßen, ein anderer schluckte.
    »Und jetzt … warten wir … seid offen … offen für den Geist, der uns heute besuchen wird.«
    Bob lauschte angestrengt. Was würde passieren? Was hatte sich Campbell einfallen lassen? Es blieb ruhig.
    Eine Minute verging, zwei Minuten. Holz knarrte irgendwo, und Mrs Harkort stieß einen spitzen Schrei aus. Dann war es wieder ruhig.
    Bill Wever räusperte sich. Offenbar wurde ihm langweilig. Ein Scharren hinter einer Wand. Mäuse? Ratten?
    Plötzlich hauchte Campbell: »Ich … spüre … etwas.«
    »Ich auch!«, piepste Mrs Harkort, die links neben Bob saß.
    »Jemand … nähert sich«, flüsterte Campbell.
    »Ja, ja«, fiepte Mrs Harkort.
    Bob bemerkte nichts.
    »Jemand nähert sich«, wiederholte Campbell ein wenig lauter und nachdrücklicher.
    Ein Stöhnen! Weit weg und undeutlich, aber doch ein menschliches Stöhnen! Max erschrak, und Mrs Harkort schnappte nach Luft.
    Bob musste ein Lächeln unterdrücken. Campbell hatte Edward das Stichwort gegeben, und der hatte es offenbar nicht gleich gehört.
    Dann fuhr ein Windhauch durchs Zimmer. Ein einziger nur, der Bobs rechtes
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