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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker
Autoren: Kat Richardson
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hervorholte. Jeder Tag in Colleens Terminplaner wies mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Einträge auf. Und es schien sich nicht um Frisöre, Wellnesssalons oder Treffen mit irgendwelchen Freundinnen zu handeln.
    »Darf ich Sie fragen, was Sie beruflich machen, Colleen?«, fragte ich neugierig.
    Sie sah mich an und warf mir ein geübtes Lächeln zu. »Ich bin Event-Koordinatorin und arbeite freiberuflich als Beraterin für Hochzeiten, Feste jeder Art, Meetings, Konferenzen und ähnliches. Ich lernte Nan kennen, als ich ein größeres Event für ihre Firma organisierte.«
    Ich nickte. »Und Ihr Mann? Was war er von Beruf? Und wann ist er gestorben?«
    Meine direkten Fragen schienen sie fast aus der Bahn zu werfen. Einen Augenblick lang war ich mir sicher, dass ich ihren blanken Schädel unter der Haut sehen konnte. Dann antwortete sie. »Daniel starb vor fünf Jahren. Er leitete eine kleine Maschinenbaufirma in Redmond. Sein Partner, Craig Lee, ist nun der Leiter. Wir besitzen noch einige Aktien. Wieso fragen Sie? Gehören diese Informationen zu Ihren Recherchen?«
    »Es könnte sich um wichtige Hintergrundinformationen handeln.«
    Danach besprachen wir noch einige Einzelheiten sowie die Bedingungen meines Vertrags. Sie wirkte erleichtert, dass wir wieder auf einer rein geschäftlichen Ebene miteinander kommunizierten und war ausgesprochen effizient, als es um die Formalitäten und meinen Vorschuss ging.
    Ich erwartete nicht, durch diesen Fall reich zu werden. Es hörte sich alles so typisch an: eine herrschsüchtige Mutter, deren Sprösslinge endlich genug von ihr hatten. Die Tochter schien sich bereits von ihr gelöst zu haben und vermutlich war der Sohnemann nun drauf und dran, dem Beispiel seiner Schwester zu folgen. Höchstwahrscheinlich würde ich ihn irgendwo bei einer angeblich unpassenden Freundin finden, allenfalls waren noch irgendwelche Drogen und Alkohol im Spiel und er wollte seine psychedelischen Träume ausleben. Der deprimierende Alltag hatte mich wieder.

Drei
     
     
    Auf dem Weg zurück ins Büro ließ ich mir Mrs Shadleys Fall noch einmal durch den Kopf gehen. Ich stieg die Treppe hinauf und befand mich nur noch wenige Meter von meiner Tür entfernt, als ich plötzlich einen Schatten hinter dem Milchglas vorbeihuschen sah.
    Ich blieb sofort stehen und wartete ab, ob sich die Bewegung wiederholen würde. Und tatsächlich – da rührte sich etwas. Vorsichtig ging ich neben der Tür in die Hocke und lauschte. Mein Herz pochte wie verrückt. Es war jemand -sogar zwei Jemands – in meinem Büro, und es hörte sich so an, als ob der Raum gründlich durchsucht wurde. Ohne nachzudenken, zückte ich meine Pistole.
    Und hielt inne.
    Was tat ich hier eigentlich? Auf der anderen Seite der Wand waren zwei Leute damit beschäftigt, mein Büro auf den Kopf zu stellen, und ich war gerade im Begriff, sie mit einer Pistole zu überraschen. War ich durch mein Todeserlebnis lebensmüde geworden? Ich hatte schon einmal eine Ratte in die Enge getrieben und als Erinnerung daran waren mir eine Reihe hübscher Narben an Händen und am Bein geblieben. Hatte ich jetzt etwa vor, mich zwischen diese beiden Ratten und den einzigen Ausgang zu stellen, den es gab? Nein, verdammt noch mal, natürlich nicht! Einmal im Monat ins Jenseits befördert zu werden reichte mir vollkommen.
    Ich steckte also die Pistole wieder ein und schlich den Korridor entlang, bis ich zum Büro der Buchhalter Flasch und Ikenabi kam. Die Sekretärin starrte mich verblüfft an, als ich geduckt durch die Tür huschte – mit einem engen Rock und hohen Absätzen keine leichte Aufgabe.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, zwitscherte sie unsicher.
    Ich schloss die Tür hinter mir und richtete mich zu meiner vollen Größe auf. »Äh … ja«, flüsterte ich heiser. »Ich bin Harper Blaine. Mein Büro befindet sich hier auf dem Gang, und zwei Leute sind gerade dabei, es ohne meine Erlaubnis zu durchsuchen. Ich würde gerne Ihr Telefon benutzen und die Polizei rufen.«
    Sie starrte mich weiterhin aus großen Augen an, nahm jedoch den Hörer ab und wählte eine Nummer. Wortlos reichte sie mir das Telefon.
    Ich erklärte also der Polizei, was los war, und warnte sie davor, nicht mit Sirene und Blaulicht aufzutauchen, da mein Büro direkt auf die Straße blickte. Dann legte ich auf und blieb im Wartezimmer der Buchhalter, um auf das Eintreffen der Polizei zu warten.
    Nach wenigen Minuten hörte ich, wie eine Streife mit heulender Sirene vorfuhr, um mit quietschenden
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