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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker
Autoren: Kat Richardson
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ihrem Ton klang an, dass sie das von ihrer Tochter nicht behaupten würde. »Wie alt ist Cameron?«
    »Am siebten März ist er einundzwanzig geworden.«
    »Und wie lange studiert er schon an der U-Dub?«
    »Seit drei Jahren. Sein Studium wird auch länger als die üblichen vier Jahre in Anspruch nehmen.«
    »Ach, was studiert er denn?«
    »Er macht einen Masterstudiengang in Human Factors und einen Bachelor in Japanologie.«
    Ich sah sie fragend an. »Human Factors? Was darf ich darunter verstehen?«
    »Es ist ähnlich wie Ergonomie«, klärte sie mich auf. »Er hat schon immer gewusst, was er wollte und ist gleich von der Schule auf die Universität gegangen. Ich dachte, dass er vielleicht erstmal mit seinen Freunden nach Europa fahren wolle. Aber er meinte, dass er lieber sofort zu studieren anfangen würde. Einen Vorsprung gegenüber den anderen zu haben, schien ihm zu gefallen.« Sie lächelte stolz. »Wer hätte da Nein sagen können?«
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    »Das war Ende Februar, Anfang März.« Sie zog ihren Kalender zu Rate. »Ja, am ersten März. Genau …« Gedankenverloren senkte sie den Blick.
    »Sie meinten, dass er krank gewirkt hätte«, sagte ich.
    »Ja. Cameron war sehr blass und schien irgendwie abwesend zu sein. Ich kann mich noch erinnern, wie er meinte, dass er sich eine Erkältung zugezogen habe und dass er mich nicht anstecken wolle. Er hat den ganzen Abend über Distanz gehalten und nur lustlos im Essen gestochert. Außerdem sprach er fast gar nicht.«
    »Ich verstehe. Haben Sie zufällig seinen Stundenplan von der Uni zur Hand?«
    Colleens Wangen röteten sich. »Oh, den habe ich zusammen mit den Kontoauszügen zu Hause vergessen.«
    »Kein Problem, ich werde mir alles später abholen. Könnten Sie mir sagen, an welchen Orten er sich gewöhnlich aufhält?«
    »Ja, ich glaube, er war immer wieder im Waterfall-Garden-Park, obwohl der in einem schlechten Viertel liegt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er dort längere Zeit verbrachte. Selbstverständlich kennt er den Campus und das Universitätsviertel wie seine Westentasche. Ab und zu geht er in das Grand-Illusion-Kino, um sich dort irgendwelche europäischen Filme anzusehen. Aber ich nehme an, dass Ihnen sein Mitbewohner in dieser Hinsicht weiter helfen kann.«
    Ich kannte den Waterfall-Garden-Park, denn er befand sich nur wenige Blöcke von meinem Büro entfernt. Die Gegend um den Pioneer Square hatte keinen besonders guten Ruf, aber das konnte man im Grunde auch vom Universitätsviertel behaupten. Die kleine Grünanlage wurde kurz nach Sonnenuntergang abgeschlossen. Wo hielt sich Cameron also wirklich auf? Schließlich hatte er vor dem siebten März als Minderjähriger zu den meisten Bars der Gegend noch gar keinen Zugang gehabt.
    »Besitzt Cameron ein Auto? Wissen Sie, wo es steht?«
    »Nein, das weiß ich nicht. Richard meinte, dass es nicht auf seinem gewohnten Parkplatz steht. Er muss es also mitgenommen haben.«
    Hoffentlich war das tatsächlich der Fall. Ich verlor kein Wort über die zahlreichen Möglichkeiten, die mir durch den Kopf schossen.
    Colleen fuhr fort. »Es ist irgendein scheußlicher alter Sportwagen, aber ich kann mich an den genauen Typ leider nicht erinnern.« Ihr Mund verriet ihre Abneigung. »Er und einige Freunde sind nach der High-School für eine Woche nach Kalifornien gefahren, und er kam mit dem Ding zurück. Ein Fass ohne Boden, was die ständig anfallenden Reparaturen betrifft.«
    Auf einmal fiel ihr etwas ein. »Warten Sie … Ich könnte es sogar dabei haben.« Sie nahm den Aktenkoffer, öffnete ihn und kramte darin herum. Kurz darauf hielt sie einen Umschlag in die Höhe und reichte ihn mir. In Bleistift und mit einer beinahe druckreifen Handschrift stand »Camerons Kfz-Zulassung« darauf geschrieben.
    Ich sah mir die Unterlagen rasch an und nickte. »Dunkelgrün, 1967, Camaro. Nummernschild CAMSCAM.«
    Dann schloss ich mein Notizbuch. »Ich glaube, dass ich fürs Erste genügend Informationen habe. Ich werde Ihnen die Photos wiedergeben, sobald ich Abzüge gemacht habe. Am besten morgen, wenn es Ihnen passt. Bei der Gelegenheit könnte ich mir auch gleich die Kontoauszüge und den Stundenplan abholen«, schlug ich vor.
    Sie sah erleichtert aus. »Ja, das wäre prima. Ich esse morgen im Bellevue Hilton zu Mittag. Wir könnten uns um halb zwei an der Rezeption treffen.«
    »Sehr gut.« Ich schlug meinen Kalender auf und wollte gerade unser Treffen eintragen, als sie ihren eigenen
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