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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung
Autoren: S Collins
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plötzlich so hell, dass es ihn fast blendete. Instinktiv hielt er sich eine Hand vor die Augen, bis er sich an das Licht gewöhnt hatte.
    Er hörte, wie eine Menschenmenge den Atem anhielt. Er hatte sich also nicht getäuscht. Dann wurde es ungewöhnlich still, und er hatte das Gefühl, von vielen Leuten angestarrt zu werden.
    Allmählich nahm Gregor die Umgebung wahr. So furchtbar hell war es gar nicht – in Wirklichkeit war es wie Abendlicht –, aber nach der langen Zeit in völliger Dunkelheit kam es ihm so vor. Als Erstes sah er den Boden, der mit dunkelgrünem Moos bedeckt zu sein schien. Allerdings war er nicht uneben wie Moos, sondern glatt wieAsphalt. Gregor spürte, wie der Boden unter seinen Füßen nachgab. Es ist ein Spielfeld, dachte er. Deshalb ist hier eine Menschenmenge. Ich bin in einem Stadion.
    Langsam konnte er mehr erkennen. Eine glänzende Wand umschloss eine große ovale, etwa fünfzehn Meter hohe Höhle. Ganz oben war das Oval von Zuschauertribünen umgeben. Gregors Blick schweifte über die fernen Ränge mit Zuschauern, als er die Decke suchte. Statt der Decke sah er die Sportler.
    Dort oben kreiste ein Dutzend Fledermäuse langsam um die Arena. Ihre Farben reichten von Hellgelb bis Schwarz. Gregor schätzte, dass die kleinste eine Flügelspannweite von knapp fünf Metern hatte. Offenbar hatten die Leute auf der Tribüne ihnen zugeschaut, als er hereingekommen war, denn auf dem Spielfeld war niemand. Vielleicht geht es hier zu wie im alten Rom, und man wirft Menschen den Fledermäusen zum Fraß vor. Vielleicht haben die Kakerlaken uns deshalb hierher gebracht, dachte Gregor.
    Eine der Fledermäuse ließ etwas fallen. Es kam mitten im Stadion auf und sprang dann fünfzehn Meter hoch in die Luft. Er dachte: Ach, es ist nur ein …
    »Ball!«, rief Boots, und bevor er sie aufhalten konnte, war sie schon von ihrem Kakerlak gerutscht, zwängte sich zwischen den anderen Kakerlaken hindurch und lief mit ihren kleinen Plattfüßen übers Moos.
    »Sehr anmutig, die Prinzessin«, zischelte ein Kakerlakverträumt, als Gregor hinter ihr herlief. Während die Kakerlaken Boots bereitwillig Platz gemacht hatten, stellten sie für ihn den reinsten Hindernisparcours dar. Entweder versuchten sie ihn absichtlich aufzuhalten, oder sie waren so gebannt von Boots’ Schönheit, dass sie ihn einfach übersahen.
    Der Ball kam ein zweites Mal auf und flog wieder in die Luft. Boots lief ihm mit hoch erhobenen Armen hinterher.
    Als Gregor an den Kakerlaken vorbei war und seiner Schwester hinterherrannte, glitt ein Schatten über ihn hinweg. Er schaute hoch und sah zu seinem Entsetzen eine goldene Fledermaus, die im Sturzflug auf Boots zukam. Er würde auf keinen Fall rechtzeitig bei ihr sein. »Boots!«, schrie er und spürte, wie sich sein Magen zusammenzog.
    Sie drehte sich zu ihm um, und erst jetzt sah sie die Fledermaus. Ihr Gesicht fing an zu leuchten wie ein Weihnachtsbaum. »Federmaus!«, rief sie und zeigte auf das monströse Tier über sich.
    Das gibt’s doch nicht, dachte Gregor. Hat sie denn vor gar nichts Angst?
    Die Fledermaus glitt über Boots hinweg und streifte dabei mit dem Bauchfell leicht ihre Finger. Dann erhob sie sich mit einem Looping wieder in die Lüfte. Erst auf dem höchsten Punkt des Bogens, als die Fledermaus auf dem Rücken lag, sah Gregor, dass jemand auf ihr saß. Der Pilothatte die Beine um den Hals der Fledermaus geschlungen. Gregor sah, dass es ein Mädchen war.
    Das umgedrehte Mädchen löste die Beine und ließ sich von der Fledermaus fallen. Sie vollführte einen makellosen doppelten Salto rückwärts, drehte sich in letzter Sekunde zu Gregor herum und landete leichtfüßig wie eine Katze vor Boots’ Füßen. Sie streckte eine Hand aus, und der Ball fiel hinein, was entweder bemerkenswertes Timing oder unwahrscheinliches Glück war.
    Gregor schaute das Mädchen an und sah an ihrem arroganten Gesichtsausdruck, dass hier ganz sicher kein Glück im Spiel gewesen war.

3. Kapitel
    S ie war das merkwürdigste Mädchen, das Gregor je gesehen hatte. Ihre Haut war so blass, dass man jede Ader in ihrem Körper sah. Gregor musste an das Kapitel über die Anatomie des Menschen in seinem Biobuch denken. Blättert man eine Seite um, sieht man die Knochen. Nächste Seite, das Verdauungssystem. Dieses Mädchen war ein wandelnder Blutkreislauf.
    Zuerst dachte er, sie hätte graue Haare wie seine Großmutter, aber das stimmte nicht. Sie waren eher silbern, wie blonde Haare mit einem
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