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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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ihnen werden.

    Zwei Tage später stand Hylas am Heck eines fremdländischen Schiffes und sah zu, wie die Insel des Meervolks immer kleiner wurde.
    Er hatte nach Delfinen Ausschau gehalten, bis ihm die Augen vor Anstrengung tränten. Bisher hatte er keinen Delfin entdeckt, und er fühlte sich kalt und wie ausgehöhlt. Wenn Filos nun nicht mehr kam?
    Der Kapitän näherte sich und bot ihm eine Handvoll getrockneter Sardellen an. Hylas nickte und nahm die Gabe an, brachte aber keinen Bissen herunter.
    Der Kapitän stand neben ihm und ließ den Blick nach Seemannsart über das Meer schweifen. Er trug einen gegürteten Schurz wie die Keftiu, seine Haut war jedoch dunkler und an den Ohren baumelten zwei winzige fliegende Fische aus polierten Knochen. Hylas hatte keine Ahnung, woher das Schiff kam oder wohin es steuerte. Er wusste lediglich, dass die Reise nach Norden in Richtung Lykonien ging, und das war Grund genug gewesen, an Bord zu gehen.
    Der Kapitän sagte etwas in seiner unverständlichen Sprache und legte dann zwei Finger an seine Lippen. Iss etwas. Als Hylas sich abermals auf ein Nicken beschränkte, trollte sich der Mann achselzuckend.
    Plötzlich geriet die Mannschaft in helle Aufregung – und dann tauchten sie unversehens auf. Geschmeidige Rücken glitten in geheimnisvollem Gleichklang durch die Wellen, silberne Leiber schossen pfeilschnell durch das grüne Wasser. Hylas kamen die Tränen.
    Der ganze Schwarm war da, um Abschied von ihm zu nehmen. In welche Richtung er sich auch wandte, überall ritten die Delfine auf den Wellen, jagten mit dem Schiff um die Wette und triumphierten mühelos. Sein Herz machte einen Sprung.
    Dort war Filos.
    Ohne auf die neugierigen Blicke der Ruderer zu achten, beugte sich Hylas über die Reling, und Filos hielt auf ihn zu, schwamm neben dem Schiff her. Sein dunkler Blick begegnete dem von Hylas, dann wandte er sich ab. Als wollte er mich fragen, ob ich ihm verzeihe, dachte Hylas.
    Hylas versuchte, lautlos zu antworten, nach Art der Delfine. Es gibt nichts zu verzeihen. Laut sagte er: »Es gibt doch nichts zu verzeihen, ich war nie böse auf dich. Leider kann ich nicht in deiner Welt leben und du nicht in meiner.« Er schluckte schwer. »So ist es nun einmal.«
    Filos schwamm dicht heran und Hylas hörte das leise Pfft! des Blaslochs. Er beugte sich weit hinab und berührte einen Augenblick den Rücken des Delfins und die kühle, glatte Haut. Ob ich dich jemals wiedersehe?
    Filos drehte ab und verschwand unter der Oberfläche. Kurz darauf stieg er mit einem Mal aus dem Wasser, wirbelte um die eigene Achse und ließ sich mit einem lauten Klatschen so kräftig ins Wasser zurückfallen, dass Hylas von Kopf bis Fuss nass wurde. Er war sich nicht ganz sicher, was das bedeutete, aber wahrscheinlich hieß es Ja .
    Zum Zeichen, dass er verstanden hatte, warf er Filos eine Sardelle zu, die der Delfin geschickt aus der Luft holte und verschlang.
    Du wirst immer mein Freund sein, sagte Hylas lautlos.
    Wieder kreuzten sich ihre Blicke. Er wusste, dass Filos ihn verstanden hatte, und plötzlich war er sehr froh.
    Filos begleitete das Schiff noch eine Weile, bevor er umdrehte und zu seinem Schwarm zurückschwamm. Sie sahen einander ein letztes Mal an, dann krümmte der Delfin den Rücken, hob den Schwanz und war auch schon in seiner tiefen, blauen Welt verschwunden, wohin Hylas ihm nicht folgen konnte.
    Das grüne Segel blähte sich und das Schiff durchpflügte knarrend die Wellen, während die Tränen auf Hylas’ Wangen allmählich trockneten.
    Der Kapitän kam und reichte ihm einen Tonkrug. Hylas nickte dankend und trank. Das dickflüssige, nahrhafte Gemisch aus Wein und Wasser und geröstetem Gerstenmehl war mit Honig gesüßt und stieg schnell zu Kopf. Der Kapitän deutete aufs Meer und machte eine wellenförmige Bewegung mit den Händen. Dann legte er die Faust auf sein Herz und zeigte auf Hylas.
    »Ja«, sagte Hylas. »Der Delfin ist mein Freund.«
    Als der Kapitän zum Steuerruder zurückkehrte, dachte Hylas darüber nach, was er gerade gesagt hatte. Anschließend verspeiste er die restlichen Sardellen, warf die letzte als Opfer über Bord und fühlte sich zuversichtlicher.
    Vielleicht , dachte er, hat Pirra ja recht und die Göttin lenkt alle Geschicke. Vor vielen Tagen waren Ihre Worte – Ihr Orakel – der Funken gewesen, der in den Bergen seiner Heimat das Feuer entfacht hatte.
    Der Angriff der Krähen hatte seine Flucht nach sich gezogen und ihn am Ende auf diese Insel
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