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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Polizei
wird ohnehin gleich hier sein«, sagte ich. »Hörst du, Katinka?«
    »Was ist?«,
grinste Brose. »Ja oder nein? Das Leben ist ein Spiel. Und nichts für Feiglinge.«
    »Abgemacht«,
sagte Katinka.
    »Nein!«,
rief ich. »Spinnst du?«
    »Doch«,
presste sie hervor. »Das bin ich Andreas schuldig. Das Arschloch hier wird verlieren
und gestehen.«
    Brose hielt
ihr die Hand hin. »Wir sehen uns, Katinka.« Sie schlug ein. »Bis Sonntag! Und Sie
sind Zeuge, Herr Koller.«
    Fort war
er, der Idiot.
     
     

40
     
    An Walpurgis waren die Hexen los.
    Vor allem,
wenn der 30. April auf einen Freitag oder Samstag fiel. Dann konnten sich schon
mal 10.000 Heidnische auf der Heidelberger Thingstätte versammeln, um zu kuscheln
und in den Mond zu starren. Dieses Jahr freilich fiel Walpurgis auf einen Montag,
was die Feierlust der Kurpfälzer Hexen dämpfte. Insofern hatten die Occupisten recht
daran getan, ihren Aktionstag nach vorn zu verlegen, auf den 29. April. Banken gab
es am Sonntag zwar keine zu besetzen, aber man konnte den ganzen Tag durch die Hauptstraße
ziehen und demonstrieren, ohne dass Arbeitgeber oder Klassenlehrer gleich ein Attest
einforderten.
    Fragte sich
nur, wer die rot-weißen Markierungsbänder durch die Heidelberger Hauptstraße gespannt
hatte. Wer die vielen Absperrgitter aufgestellt hatte und das Kilometerschild mit
der großen 2.
    Nun, ich
wette, Occupy wusste ganz genau, was Bänder, Gitter und Schild zu bedeuten hatten.
Denn wann ergab sich schon einmal die Gelegenheit, sein politisches Engagement vor
Tausenden von Menschen in der Heidelberger Altstadt zu zeigen?
    Vor den
Teilnehmern und Zuschauern des Halbmarathons nämlich.
    Schon am
Bismarckplatz gab es heftige Diskussionen. Ein Streckenordner in gelber Jacke versuchte,
ein Grüppchen Demonstranten zu vertreiben.
    »Verschwindet
von der Strecke! Das ist eine angemeldete Veranstaltung.«
    »Wir sind
auch eine Veranstaltung. Eine unangemeldete.«
    »Also fort
mit euch! In einer halben Stunde muss hier alles frei sein.«
    Winkend
verzogen sich die Aktivisten in die Hauptstraße. Ich folgte ihnen per Rad, konnte
sie wegen der vielen Absperrungen aber erst nach einer Weile überholen. Der Ordner
hatte übertrieben: Es blieb noch fast eine Stunde bis zum Start des Halbmarathons.
Kurz vor halb neun und schon so viele Menschen auf den Beinen. Man musste verdammt
hart gegen sich selbst sein, wenn man Läufer oder Weltretter war.
    In der Altstadt
hatten eindeutig die Läufer die Oberhand. Je weiter man Richtung Uniplatz vordrang,
desto dichter wurde ihr Spalier. Lauter Bewegungsfanatiker mit Startnummer vor dem
Bauchnabel: dünne Waden, Ansätze von Angstschweiß, gefasster Blick. Und erste Wehwehchen:
das Dehnen der Oberschenkel, der schmerverzerrte Griff zur Hüfte, Unpässlichkeiten
hier, Altlasten dort. Alles strebte dem Veranstaltungszentrum zu. Vor dem Uniplatz
verkeilte sich die Masse. Ich stieg ab und zwängte mich samt Rad durch die Menschen.
Ein Teil des Platzes war für den Zieleinlauf abgesperrt, dahinter reihte sich Zelt
an Zelt.
    Endlich,
nach vielen Knüffen, Püffen und Flüchen über den Fitnesswahn der Menschheit, erreichte
ich mein Ziel: die Neue Uni. Auch dort war es ein Spießrutenlauf durch die spitzen
Ellbogen der Langstreckenläufer, bis ich das Wettkampfbüro gefunden hatte. In dem
kleinen Seminarraum traf ich Katinka und ihren Trainer Grothe zusammen mit ein paar
Vertretern des Veranstalters. Dr. Eichelscheid saß auf einem Stuhl und ließ sich
von einem Sanitäter den Blutdruck messen.
    »Machen
Sie ein paar Schritte an der frischen Luft«, riet der Mann vom Roten Kreuz, während
er die Manschette löste. »Das wird schon wieder.«
    Eichelscheid
schüttelte den Kopf. »Ich bleibe hier«, flüsterte er. »Diese Leute verfolgen mich.
Ich gehe erst wieder raus, wenn die Altstadt maskenfrei ist.«
    Unwillkürlich
ließ ich meine Blicke über seinen Anzug gleiten. Er trug natürlich einen neuen.
    Katinka
stellte mich dem Veranstaltungsleiter vor. »Herr Koller wird mich begleiten. Zusammen
mit meinem Trainer.«
    »Gut.« Der
Halbmarathon-Mensch reichte mir die Hand. »Einer von Ihnen beiden bekommt ein offizielles
Fahrradbegleiterschild. Der andere fährt so mit. Brauchen Sie sonst noch was, Frau
Glück?«
    »Danke.
Ich gehe mich ein bisschen einlaufen.«
    »Wir haben
zu danken«, rief er ihr hinterher. »Viel Spaß unterwegs!«
    Als Nächstes
stand Grothe neben mir und knurrte: »Haben Sie ihr in den Kopf gesetzt, hier
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