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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street
Autoren: Josh Ericson
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Brücke? Das ist doch viel zu riskant.«
    »Rache?« Jenn reichte den Plastikbeutel mit der Geldbörse einem Uniformierten. »In Chicago hatten wir mal einen Killer, der fuhr sein Opfer quer durch die Stadt, nur um ihre Leiche vor dem Lokal abzulegen, in dem sie mit ihm Schluss gemacht hatte. Dem Dreckskerl war es völlig egal, dass wir ihn schnappten. Hauptsache, er hatte seine Rache gehabt. Ein Psychopath.«
    »Der Mörder dieser Frau will nicht erwischt werden«, sagte der Gerichtsmediziner. »Wenn er überhaupt irgendwelche Spuren hinterlassen hat, dann auf der Brücke oder an der Stelle, an der er sie überfallen hat. Wenn sie joggen war, sicher irgendwo an diesem Pfad. Kurz vor der Brückenauffahrt gibt es einen Parkplatz und ein riesiges Gebüsch, hinter dem man sich verstecken kann. Also wenn ich der Killer wäre, hätte ich mich dort versteckt. Keine Viertelmeile von hier.«
    Harmon grinste den Gerichtsmediziner an. »Nun sagenSie bloß, Sie joggen auch? Oder woher kennen Sie die Ecke?«
    »Ich habe dort mal mit einer hübschen Lady geparkt«, erwiderte er lachend. »Ist schon ein paar Jahre her.«
    »Ich rede mit der Spurensicherung«, erwiderte Jenn. »Sie sollen sich die Stelle gleich mal ansehen. Und das Brückengeländer.« Sie blickte Alessa an. »Wo genau stand der Mann?«
    »Am linken Pfeiler … ganz genau kann ich es nicht sagen. Der Nebel … wie gesagt, ich konnte die Gestalt kaum erkennen.«
    Jenn ging zum Sergeant der Crime Scene Unit und sprach mit ihm. Wie immer, wenn sie an einem Tatort war, wirkte sie vollkommen humorlos und nur auf den Fall fixiert. Nicht das geringste Lächeln kam über ihre Lippen.
    Harmon erriet Alessas Gedanken. »Sie ist nicht immer so«, verteidigte er seine Partnerin. »Nur wenn sie sich in einen Fall reinsteigert. Bei weiblichen Opfern ist sie besonders grimmig.«
    »Wie, sagen Sie, heißt die Tote?« Alessa war mit ihren Gedanken schon woanders. Sie blickte auf die Leiche.
    »Angela Rydell. Warum?«
    Alessa fror nicht mehr. »Anfang der Siebzigerjahre gab es eine Helen Rydell«, sagte sie, »die wurde auf ähnliche Weise ermordet. Erinnern Sie sich an den Prozess gegen Jeremy Hamilton? Vor einigen Monaten?«
    »Der achtzigjährige Klansmann, der zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilt wurde? Sicher. Man konnte ihm nur einen von fünf Morden nachweisen, aber … stimmt, sein Opfer hieß Helen Rydell. Jetzt, wo Sie’s sagen.«
    »In meinem letzten Studienjahr hatten wir ein Seminar über den Fall, deshalb kann ich mich so genau daran erinnern. Wir mussten sogar eine Arbeit darüber schreiben.Auch Hamilton schlug sein Opfer bewusstlos und warf es in einem Sack von der Brücke. Von der alten Brücke über den Savannah.«
    »Vielleicht die Mutter unseres Opfers?« Harmon machte sich Notizen. »Aber warum sollte jemand den Mord von damals kopieren? Und sich als Opfer auch noch die Tochter aussuchen?«
    »Ein Psychopath, der die Familie doppelt bestrafen will? Ein Verrückter, der den Mord kopieren wollte, um Aufsehen zu erregen? Einer, der den Prozess verfolgt hat und dadurch auf die Idee kam? Ich habe keine Ahnung.«
    »Aber Sie kennen die Hintergründe der Morde. Jeremy Hamilton war ein überzeugter Anhänger des Ku-Klux-Klan, nicht wahr? Einer der Anführer.«
    »Stimmt«, antwortete Alessa. Inzwischen war auch Jenn zurückgekehrt und hörte aufmerksam zu. »Kein Großmeister, aber einer, der was zu sagen hatte. Er brachte Helen Rydell um, weil sie sich mit einem Schwarzen eingelassen hatte. Einem Landarbeiter. Einer von Hamiltons ehemaligen Kumpanen, mit dem er sich wohl zerstritten hatte, sagte vor Gericht gegen ihn aus. Wenige Tage nach seiner Aussage starb er an einem Herzinfarkt. Ohne ihn wäre Jeremy Hamilton wahrscheinlich noch auf freiem Fuß.«
    »Und die ganze Zeit hatte er dichtgehalten?«, wunderte sich Jenn. »Über vierzig Jahre? Warum haben sie das Geständnis nicht aus ihm rausgeprügelt? Früher waren die Cops doch nicht zimperlich. Ich hätte sonst was mit dem Dreckskerl angestellt, und glauben Sie mir, der hätte gesungen.«
    Harmon verkniff sich ein Grinsen. »Die haben alles versucht, was sie konnten. Aber in den Siebzigern kümmerte sich niemand um den Mord an einem Schwarzen oder seiner weißen Freundin, und auch später gab es noch Staatsanwälte,die solche langwierigen Prozesse verhindern wollten. Ganz davon abgesehen, dass diese ehemaligen Klansmänner über erstklassige Anwälte verfügten. Die wurden von reichen Gönnern
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