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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt
Autoren: Jeffery Deaver
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Geruch verbrannten Schießpulvers.
    Der Detective fuhr herum und schnappte nach Luft. Entsetzt starrte er auf den Aufnahmebeamten, der gerade zu ihnen gestoßen war. Der junge Mann hielt eine Automatikpistole mit Schalldämpfer in der Hand und stand über den Leichen der beiden Männer, die er soeben getötet hatte: Randall Pease und der Beamte, der bei ihm gewesen war.
    Silverman griff nach seiner eigenen Waffe.
    Aber Doyles Killer, der die perfekt nachgemachte Uniform eines Arrestwärters trug, richtete seine Pistole auf den Detective und schüttelte den Kopf. Verzweifelt erkannte Silverman, dass er zum Teil Recht gehabt hatte. Doyles Leute hatten das Haus tatsächlich beschossen, um Pease aufzuscheuchen – aber nicht, damit er ins Krankenhaus geschickt wurde. Sie wussten, dass ihn die Polizei zur sicheren Verwahrung ins Gefängnis bringen würde.
    Der Killer blickte den Korridor entlang. Keiner der anderen Wärter hatte die Schüsse gehört oder sonst etwas bemerkt. Der Mann zog mit der linken Hand ein Funkgerät aus der Tasche, drückte einen Knopf und sagte: »Alles erledigt. Ihr könnt mich abholen.«
    »Gut«, ertönte die blecherne Antwort. »Genau im Zeitplan. Wir treffen uns vor dem Revier.«
    »Verstanden.« Der Mann steckte das Funkgerät weg.
    Silverman öffnete den Mund, um den Killer anzuflehen, sein Leben zu schonen.
    Doch er verstummte und stieß ein schwaches, verzweifeltes Lachen aus, als sein Blick auf das Namensschild des Killers fiel. Denn in diesem Moment begriff er endlich die Wahrheit: Die Nachricht des toten Informanten war gar nicht so geheimnisvoll gewesen. Der V-Mann hatte ihnen schlicht mitgeteilt, dass sie auf einen Killer aufpassen sollten, der sich als ein Wärter tarnte, dessen Namen Silverman nun mit offenem Mund auf dem Plastikschild des Mannes las: »Lukas.«
    Und was das Kapitel und den Vers anging – nun, das war ebenfalls ziemlich einfach. Die Nachricht bedeutete, dass der Killer kurz nach Beginn der zweiten Schicht zuschlagen würde, sodass ihm noch eine Viertelstunde Zeit blieb, um herauszufinden, wo der Gefangene festgehalten wurde.
    Genau im Zeitplan ...
    Die Uhr an der Wand zeigte exakt 12:15.

Der Pendler
    Der Montag fing schlecht an.
    Charles Monroe hatte wie üblich den Zug genommen, der um 8.11 Uhr von Greenwich abfuhr. Er balancierte seine Aktentasche und den Kaffee – der heute lauwarm war und verbrannt schmeckte – auf den Knien, während er sein Handy herauszog, um einige seiner morgendlichen Telefonate vorneweg zu erledigen. Im selben Moment plärrte das Gerät lautstark los. Das Geräusch erschreckte ihn, und er goss sich ein großes Komma aus Kaffee über seine braune Anzughose.
    »Verdammt«, flüsterte er, klappte das Handy auf und knurrte: »Hallo?«
    »Schatz.«
    Seine Frau. Er hatte ihr eingeschärft, ihn nur in Notfällen auf seinem Handy anzurufen.
    »Was gibt es?«, fragte er und rieb wütend an dem Fleck, als könnte ihn sein Zorn allein zum Verschwinden bringen.
    »Gott sei Dank habe ich dich erwischt, Charlie.«
    Hatte er eine zweite Hose im Büro, Himmel noch mal? – Nein. Aber er wusste, woher er eine bekam. Er vergaß die Hose, als ihm bewusst wurde, dass seine Frau zu weinen begonnen hatte.
    »Na, nun beruhige dich mal, Cathy. Was ist los?« Sie ärgerte ihn auf vielerlei Weise – mit ihrer endlosen Freiwilligenarbeit für wohltätige Einrichtungen und Schulen, weil sie Billigklamotten für sich selbst kaufte und ihm ständig zusetzte, er solle zum Abendessen nach Hause kommen – aber Weinen gehörte nicht zu ihren üblichen Lastern.
    »Sie haben noch eine gefunden«, sagte Cathy und schniefte.
    Was sie allerdings oft tat, war, so unvermittelt loszulegen, als müsste er genau wissen, wovon sie sprach.
    »Wer hat noch eine von was gefunden?«
    »Noch eine Leiche.«
    Ach, das. In den letzten Monaten waren zwei Bewohner ihres Wohnortes ermordet worden. Der South Shore Killer, wie ihn eine der Boulevardzeitungen getauft hatte, erstach seine Opfer und weidete sie dann mit einem Jagdmesser aus. Sie wurden aus völlig nichtigem Anlass getötet. Eines offenbar im Anschluss an eine kleine Auseinandersetzung im Straßenverkehr. Das andere, weil sein Hund nicht zu bellen aufhörte, wie die Polizei vermutete.
    »Und?«
    »Schatz«, sagte Cathy und hielt den Atem an, »es war in Loudon.«
    »Das ist meilenweit entfernt von uns.«
    Obwohl er es auf diese Weise abtat, spürte Monroe ein leichtes Frösteln. Er fuhr jeden Morgen auf dem Weg zum Bahnhof in
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