Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelassen durch die Trotzphase

Gelassen durch die Trotzphase

Titel: Gelassen durch die Trotzphase
Autoren: Annette Kast-Zahn
Vom Netzwerk:
Gelegenheit und Ihre Ermutigung, sich nach und nach weiter hinaus in die Welt zu trauen.
Sich in die Welt hinaus bewegen
    Bis zum Ende des sechsten Lebensjahres erweitert Ihr Kind sein Bewegungsrepertoire enorm: sich selbst anziehen, rennen, klettern, Bälle werfen und treten, schaukeln, Rad fahren, schwimmen, malen, schneiden, basteln – sowie auch sehr schwierige Abläufe wie Ski laufen, mit Inlineskates fahren oder Klavier spielen. All das gibt seiner Selbstständigkeit enormen Auftrieb. Natürlich läuft diese Entwicklung nicht reibungslos ab: Es lauern Stolpersteine und viel Frust, aufgeschürfte Knie, Konflikte mit anderen Kindern, Misserfolge. Da bleiben Wut, Ärger und Trotz nicht aus.
    »Soll ich wirklich?« Kinder im Trotzalter sind oft hin- und hergerissen zwischen ihrer Neugier und ihrem Bedürfnis nach Sicherheit.
Situationen einschätzen: Einfühlungsvermögen
    Der Wunsch eines kleinen Kindes nach Nähe steht manchmal im Widerstreit mit seiner Neugier und Entdeckerfreude. Mama und/oder Papa sollen in der Nähe sein, sie sollen aber möglichst immer alles toll finden, was es macht. Wenn Sie jedoch »Nein!« sagen oder »Das darfst du nicht«, empfindet Ihr Kind das als Zurückweisung, die es nicht begreifen kann. Dass Sie als Eltern gute Gründe für Ihr Nein haben, dass Sie Ihrem Kind sogar aus Liebe und Fürsorge oft nicht erlauben, nach seinem eigenen Willen zu handeln – davon hat es keine Ahnung. Deshalb fühlt es sich hin- und hergerissen zwischen dem, was es selbst am liebsten machen will, und der Sorge, wie seine Eltern darauf reagieren könnten. Zurückweisung macht ihm Angst, viel lieber möchte es Anerkennung.
Einsicht will gelernt sein
    Durch Ihre Reaktionen bekommt Ihr Kind ein Gefühl dafür, was erwünscht ist und was nicht. So lernt es allmählich die Regeln, die fürs Zusammenleben und die eigene Sicherheit wichtig sind. Aber leicht ist das für ein Kind im Trotzalter nicht! Es versteht ja noch nicht, warum es etwas nicht darf. Erst ab etwa drei Jahren lernt Ihr Kind aus Einsicht. Was richtig und falsch ist und warum, versteht es in den kommenden Lebensjahren nach und nach immer besser.
Sophie (2½ Jahre) geht mit Begeisterung in die Spielgruppe. All die interessanten Spielsachen! Gerade hat Sophie entdeckt, wie man aus den großen Legosteinen einen Turm bauen kann. Da kommt die gleichaltrige Lilli dazu und nimmt sich auch einen Legostein aus der Kiste. Welch eine Frechheit! Jetzt geht es blitzschnell: Sophie greift sich ein Büschel von Lillis lockigen blonden Haaren und zieht kräftig daran. Lilli lässt den Legostein fallen und brüllt. Sophie schaut ihr interessiert zu.
    Was geht in Sophies Köpfchen vor? Sie hatte die interessanten Steine gerade entdeckt und wollte sie ganz für sich haben. Das Haareziehen hat den erwünschten Effekt – außerdem hat es noch etwas sehr Interessantes ausgelöst: Lillis Schreien. Dass sie Lilli richtig wehgetan hat, kann Sophie nicht wissen, weil sie sich noch nicht in andere hineinversetzen kann. Wie geht es weiter?
Sophies Mama kommt sofort dazu. Sie tröstet Lilli, dann hockt sie sich zu Sophie auf den Boden und sagt sehr bestimmt: »Das darfst du nicht! Das tut weh!« Sophie darf nicht weiterspielen, sie muss sich eine Weile mit Mama an den Tisch setzen.
    Auf diese Art und Weise lernt Sophie, dass ihre Mama nicht zufrieden mit ihr ist, wenn sie ein anderes Kind an den Haaren zieht. Sie lernt auch, dass sie dann eine Weile nicht mehr tun darf, was sie gerade am liebsten möchte, zum Beispiel weiter mit Legosteinen spielen. Beides gefällt Sophie nicht. Sie lernt also ausschließlich aus den Folgen ihres Handelns, noch nicht aus Einsicht.
    KLEINE FORSCHER
    Kinder mit zwei Jahren erkunden interessiert Ursache und Wirkung – manchmal auch auf Kosten der anderen. Sich in andere hineinzuversetzen müssen sie erst noch lernen.
Eineinhalb Jahre später: Wieder zieht Sophie ihrer »Kollegin« Lilli an den Haaren. Sophie weiß nun schon, dass andere Menschen Gefühle haben, unabhängig von ihr selbst. Ihr ist klar: »Lilli weint, also ist sie traurig oder ihr tut etwas weh!« Sophie hat auch schon eine Idee davon, was sie damit zu tun hat: »Lilli weint, weil ich sie an den Haaren gezogen habe!« Sie kann bereits ein wenig über ihr eigenes Handeln nachdenken: »Ich habe Lilli wehgetan! Das wollte ich gar nicht, wehtun ist blöd. Das war gar nicht gut, was ich da gemacht habe.«
    Vielleicht denkt Sophie aber auch ganz anders: »Die blöde Lilli, soll
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher