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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems
Autoren: William Jon Watkins
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selbst. Ebenso bedeutungslos war die Tatsache, daß er sogar den möglichen Mißbrauch seiner Vorstellungen aktiv unterdrückt hatte.
    Er hatte die Aufmerksamkeit weniger empfindsamer Gemüter auf den Bereich menschlichen Wissens gelenkt, und ihre Untersuchungen hatte sie unweigerlich zu gerade den Techniken geführt, die er zu verbergen versucht hatte. Er konnte es nicht abstreiten, auch nicht sich selbst gegenüber, daß es seine Erkenntnisse darüber, wie der Mensch sich bewegte, dastand und atmete, gewesen waren, die zu einem Terrorismus verfeinert worden waren, der Hunderte von Millionen Menschen in einer stabilen und ordnungsbewußten Gesellschaft gefangenhielt.
    Ein Ausfluß seiner Theorien war es, der jede Säuberung noch wirksamer als die vorausgegangene werden ließ, und die Regierung, die sich nach den Stadtkriegen gebildet hatte, verdankte viel von ihrer Macht, wie sie sie jetzt besaß, den Techniken, die seine graduierten Studenten bis zur Vollendung ausgearbeitet hatten. Die Brut, die seinen Erkenntnissen entsprungen war, brachte die Bevölkerung des Kontinents zum Stillhalten, während Luft, Wasser und Boden unwiderruflich zerstört wurden.
    Wie oft er auch vor der fünften Säuberung den Oberbefehlshaber und dessen Mißbrauch seiner Theorien angeklagt hatte, so wurde er doch nicht ohne Berechtigung der „Vater der modernen Rehabilitation“ genannt. Seine Anklagen hatten inzwischen einer subtileren Form von subversiver Tätigkeit Platz gemacht, da es nun nur noch wenige gab, die es wagten, offensichtlicher Ablehnung zuzuhören. Was aber der Bevölkerung als subtil galt, war für die Rehabilitationstruppe offensichtlich.
    Der Gedanke veranlaßte ihn dazu, einen Blick auf das Loch zu werfen, hinter dem in der Ecke des Zimmers über seinem Schreibtisch die Kamera angebracht war. Er wußte um diese Kamera und andere seit drei Jahren und um die Aufnahmegeräte schon viel länger. Seit langer Zeit unterlag er sowohl in der Universität als auch zu Hause dauernder Überwachung, und er fragte sich, wie lange sein unwillkommener Ruf ihn noch schützen könnte. Jedesmal, wenn er vor einer Klasse stand, beschwor er das Verhängnis herauf.
    Trotz alledem konnte es sich die Regierung noch nicht leisten, offene Schritte gegen ihn zu unternehmen, aber wenn es einmal soweit gekommen sein würde, dann wäre eine Säuberungsaktion unter seinen Studenten so sicher die Folge, wie die Vernichtung einer ganzen Herde durch die Entdeckung eines unheilbar kranken Tiers bedingt wird. Und diese Säuberungsaktion würde gigantisch sein. Seitdem seine offene Opposition gegen die Regierung dazu geführt hatte, daß er zweihundert Anfänger im Semester unterrichtete, statt der dreißig graduierten Studenten, die ihm sein Status als Lehrstuhlinhaber früher aufgezwungen hatte, waren in seinen Kursen offiziell über vierzehnhundert Studenten eingeschrieben, wobei die fast ebenso große Zahl von ,Gasthörern‘ nicht mit eingerechnet war, die in seinen Veranstaltungen zuhörten, wann immer sie konnten.
    Eine Anklage gegen ihn würde bedeuten, daß all jene fünftausend Studenten, die ihm im Verlauf seiner Lehrtätigkeit einmal ausgesetzt gewesen waren, erfaßt und überprüft werden müßten. Jeder, der mit seinem kranken Gehirn Kontakt gehabt hatte, wäre damit zum potentiellen Zweifler geworden, und die Truppe würde sich mit ihm befassen müssen. Familie und Freunde, selbst Bekannte dieser Leute, sie alle müßten ebenso überprüft werden. Letzten Endes würde die Anzahl von Menschen, die man als Resultat eines Kontakts mit der Ansteckungsgefahr seiner Krankheit überprüfen oder zumindest observieren müßte, in die Zehntausende gehen.
    Jeder, der irgendwie mit jemandem in Verbindung stand, der in einem seiner Kurse gesessen hatte, würde überprüft werden müssen. Da eine große Anzahl seiner Studenten später selbst Lehrer in irgendeiner Form geworden waren, könnte die Anzahl der indirekten Kontakte auf Millionenhöhe anwachsen. Die Rehabilitationstruppe war dieser Aufgabe selbstverständlich gewachsen, zumal ein gutes Stück von ihr einfach dadurch zu erledigen war, daß man dem Namen der Verdächtigen in der nationalen Datenbank ein Sternchen hinzufügte. Man konnte dann die ersten Resultate der Säuberung dadurch erzielen, daß man den Computer darauf programmierte, die Namen aller Personen auszuwerfen, die bereits ein Sternchen hatten und zu anderen Sternchen-Personen Kontakte unterhielten oder am Telefon eine
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