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Gefechte der Leidenschaft

Titel: Gefechte der Leidenschaft
Autoren: Jennifer Blake
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über die Undankbarkeit seiner Schwiegertochter beklagt und auch sonst wenig freundlich von ihr gesprochen.«
    »Sie muss doch Verwandte haben, die ihr hätten beistehen können!« Caids Erfahrung nach war in New Orleans fast jeder mit jedem verwandt, zumindest unter den französischstämmigen Einwohnern.
    »Nein, gar keine. Madame Saine kam vor etwa 40 Jahren als junges Mädchen mit einem Onkel aus Santo Domingo, nachdem ihre Eltern und eine ältere Schwester beim Sklavenaufstand getötet worden waren. Nachdem sie geheiratet hatte, machte sich ihr Onkel, nun frei von der Verantwortung für seine Nichte, nach Frankreich auf, wo er ein Landgut kaufte, das einem Minister Napoleons gehört hatte. Er hat Lisette nie gesehen und man kann nicht erwarten, dass er sich jetzt um sie kümmert.«
    »Und ihr Vater und dessen Familie?«
    »Er starb bei der Cholera- und Gelbfieberepidemie vor acht Jahren.«
    Maurelle brauchte nicht weiterzusprechen. Immer wieder hatte Caid davon gehört, wie viele damals ihr Leben lassen mussten, dass ganze Familien ausgelöscht wurden, dass man die Toten auf den Friedhöfen wie Holzscheite aufeinander schichtete und die Stadt fast die Hälfte ihrer Bevölkerung verlor.
    In dem Moment erschien der Butler mit dem Hirschhornsalz und Wasser. Lisette Moisant reagierte jedoch nicht auf die Mittel. Sie erwachte auch nicht, als der Arzt eintraf.
    Er war ein lebhafter Mann mit Mittelscheitel und üppigen Koteletten, der Rock und Weste eilig über sein Nachthemd gezogen hatte, sodass dessen Halsbund nun als Krawatte diente. Doch bei seiner ersten Untersuchung machte er einen durchaus fähigen Eindruck. Er ordnete an, die junge Madame Moisant in ein Schlafzimmer zu bringen, und bat um eine Waschschüssel und einen Krug Wasser. Inzwischen packte er eine Reihe verkorkter brauner Glasflaschen aus, bei deren Anblick Caid ein kalter Schauer überlief. Der Arzt nahm dankend eine Tasse Kaffee mit einem Schuss Cognac an, um sich für die bevorstehende Aufgabe zu stärken, dann schickte er alle aus dem Zimmer und drückte die Tür hinter ihnen fest ins Schloss.
    Caid kam sich wie ein Deserteur vor, als er das Schlafzimmer verließ, doch ihm fiel keine Ausrede ein, um dort bleiben zu können. Maurelle nahm seinen Arm und zusammen gingen sie über die hintere Galerie zum Salon zurück. Eine Zeitlang schritten sie schweigend von einem Fenster zum nächsten und atmeten dabei die frische Nachtluft ein.
    Zu ihrer Rechten lag der hübsche kleine Hof, der an einer Seite von Nebengebäuden begrenzt wurde — von Küche und Waschküche, Vorratsschuppen und einem ziemlich eleganten Aborthäuschen. Auf der anderen Seite war der Hof von einer hohen Backsteinmauer eingefasst, deren abweisende Strenge durch eine grüne Kaskade von nachtblühendem Jasmin gemildert wurde. Das Haus besaß keine Kutschendurchfahrt, denn Maurelle wollte keine Equipage, da die Haltung von Pferden unweigerlich mit Mist, Streuschnipseln und Fliegen verbunden wäre. Ansonsten handelte es sich um ein typisches zweigeschossiges Stadthaus mit dem Wohnbereich im ersten Stock und einem Hof aut der Rückseite, in dem sich das Leben im Wesentlichen abspielte. Im rez-de-chaussee, dem Erdgeschoss, befand sich eine pharmacie, um die sich Maurelle als Vermieterin nicht weiter kümmerte.
    »Du brauchst nicht hier zu bleiben«, sagte Maurelle nach einer Weile. »Ich kann mich um Lisette kümmern.«
    Caid warf der Frau neben ihm einen finsteren Blick zu. »Bin ich dir im Weg?«
    »Keineswegs. Du hast nur einfach keinen Grund zu bleiben.«
    »Ich fühle mich verantwortlich.«
    »Mon cher, wie kommst du denn auf die Idee?«
    »Wenn ich Eugene nicht gefordert, ihn nicht dort am Boden liegen gelassen hätte ...«
    »Dann hättest du dich nicht wie ein Mann und ganz sicher nicht wie ein liebender Bruder verhalten. Schuld hat allein Eugene Moisant selbst, so wie er sich benommen hat. Sprich nicht von Verantwortung, wenn du mit dem Elend dieses unglücklichen Mädchens gar nichts zu schaffen hast.«
    »Aber es kommt mir so herzlos vor, sie dir auf die Schwelle zu legen und dann im Stich zu lassen.«
    »Ich werde den Moisants eine Nachricht schicken, dann können sie sie morgen früh abholen. Das heißt, wenn sie die Nacht überlebt. Wenn nicht, wird es deinem Ruf nicht gut tun, wenn man erfahrt, dass du dich in der Nähe aufgehalten hast.«
    »Mein Ruf ...« Caids Stimme war ausdruckslos und er blickte düster in den dunklen Hof hinunter, wo unter den dunkelgrünen Ästen
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