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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau
Autoren: D Zinßmeister
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nicht bemerkt«, stammelte Matthias.
    Hofmeister wandte sich seiner Frau zu und zählte auf: »Ich brauche Schnaps, Tücher, heißes Wasser, und du, Matthias, bringst mir die Zange aus dem Schuppen. Seid leise, damit niemand im Haus wach wird.«
    Eilig liefen die beiden die Treppenstufen hinauf. anna Maria blieb bei ihrem Vater und Peter. Hilflos wischte sie dem Bruder mit der Handfläche den Schweiß vom Gesicht und rieb sich die Hände am Kleid trocken. Heiß waren seine Wangen, und seine augenlider flackerten.
    »Das gefällt mir nicht!«, murmelte der Vater und berührte den Pfeilstumpf. Peter jaulte auf.
    Plötzlich sah der alte Hofmeister seine Tochter an und packte sie an den Schultern. Sie befürchtete schon, er wolle sie fürs Lauschen bestrafen, aber er fragte nur mit leiser eindringlicher Stimme: »Du weißt doch, wo meine Truhe steht?«
    Das Mädchen nickte. Daraufhin zog Hofmeister einen Schlüssel aus der Jackentasche und fuhr fort: »Hier ist der Schlüssel zu der Schatulle, in der der Truhenschlüssel liegt.«

    Ängstlich sah anna Maria ihn an.
    »Weißt du, wo die Schatulle sich befindet?«
    Nun schüttelte sie den Kopf.
    »Das will ich hoffen! Die Schatulle ist in der guten Stube, im Schrank hinter der Bibel versteckt. Mit diesem Schlüssel kannst du sie öffnen. In ihr befindet sich ein weiterer Schlüssel. Diesen nimm heraus, verschließe die Schatulle wieder, und stelle sie zurück unter das Leinen. Dann schließ die Truhe in unserer Schlafkammer auf, und nimm die kleine Flasche heraus, die unten auf dem Truhenboden steht. Ich verbiete dir aber, die anderen Gegenstände in der Truhe anzusehen! Hast du mich verstanden?«
    Eingeschüchtert nickte sie. als er sie leicht, aber unsanft schüttelte, wisperte sie: »Ja, Vater!«
    Er legte seine große schwere Hand auf ihren Scheitel und fügte hinzu: »Und du wirst niemanden erzählen, was ich dir eben gesagt habe!«
    »Ja, Vater!«
    »Gut, Kind, dann beeil dich. Bring außerdem einen Topf mit glühenden Kohlen.«
    Erschrocken riss das Mädchen die augen auf, doch Hofmeister ließ das unberührt. Stattdessen blaffte er: »Was stehst du hier noch unnütz rum?«
    Stumm rannte anna Maria die Treppe hinauf.

    Anna Maria fand, wie vom Vater beschrieben, die Schatulle in der Stube und konnte sie mühelos mit dem kleinen Schlüssel öffnen. Sie entnahm den schweren Eisenschlüssel, verschloss und versteckte die Schatulle wieder und lief ins elterliche Schlafgemach. Hinter der Tür stand die schwere Holztruhe, die aus grob zugehauenen, dicken Eichenbrettern gezimmert war.
    Behutsam strich anna Maria mit den Fingerspitzen über
das Holz. Oft hatte sie heimlich vor dieser Truhe gestanden und sich gefragt, was sie wohl enthalten könnte? Geschickt führte sie den groben Schlüsselbart in das Schloss und drehte mit beiden Händen den Schlüssel um. Beim Öffnen knackte das Schloss. Nur schwer ließ sich der wuchtige Deckel heben. als anna Maria endlich hineinschauen konnte, verzog sie enttäuscht das Gesicht. Sie sah nur wertlosen Kram, wie einen Haufen Papiere, alte Stofffetzen, Dosen und Schachteln.
    Lustlos räumte sie die Sachen zur Seite. Wie vom Vater beschrieben fand sie die Glasflasche, die in einer Ecke der Truhe stand. Sie war mit einem Korken verschlossen, der mit einer Wachsschicht überzogen war. Vorsichtig nahm anna Maria die Flasche heraus und stellte sie sachte auf den Boden. Dann legt sie die Sachen zurück an ihren Platz, ließ langsam den Deckel zuklappen und verschloss die Truhe mit dem wuchtigen Schlüssel. Nachdem sie den Eisenschlüssel zurück in die Schatulle gelegt und aus der Küche einen Henkeltopf mit glühenden Kohlen geholt hatte, hastete sie, den Topf in der Hand und die Glasflasche unter den arm geklemmt, zurück in den Keller. Dort übergab sie ihrem Vater sogleich das Fläschchen. Den Topf mit den heißen Kohlen stellte sie auf den Boden. auch die Mutter und Matthias waren zurück und legten Schnaps, Leinenstreifen, das heiße Wasser und eine Zange auf die Bank, die neben dem Tisch stand.
    Als die Mutter die Kohlen erblickte, zuckte sie zusammen.
    »Daniel?«
    Weiter kam sie nicht, denn der alte Hofmeister streifte seine Frau mit einem Blick, der sie verstummen ließ. Mit einem Messer schabte er die Wachsversieglung des Fläschchens ab und zog mit seinen Zähnen den Korken heraus.
    Er zählte einige wenige Tropfen in einen Becher und goss Schnaps dazu. Mit dem Zeigefinger verrührte er die Mixtur. Sein Blick schweifte zurück zu
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