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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs
Autoren: Mary Scott
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ganz grob und tückisch, aber ihr Stöhnen kam nicht von dem schmerzhaften Griff. Aus dem Juwelierladen tauchte eine freundliche, bunte Gestalt auf.
    Es war Julian, doch seltsam verändert. Sonst ein Mann von untadelig gutem Geschmack, trug er jetzt einen imitierten Panamahut von der billigen, glänzenden Sorte, noch dazu ganz schief aufgesetzt. Fort war seine dezente Krawatte, an ihrer Stelle prangte ein grausiges Exemplar, knallig bunt und schrecklich gemustert. Was hatte er nur angestellt?
    Er blieb stehen, lüftete den unglaublichen Hut und sagte, ehe Larry ihn vorstellen konnte, in langsamen, näselndem Ton: »Guten Tag, Mrs. Lee. Inspektor Grogan — Sie kennen mich wohl noch?«
    Mich beobachtete zum Glück keiner, denn jetzt wäre ich sowieso unfähig gewesen, Larry auch nur im mindesten zu unterstützen. Vielmehr packte mich ein tolles Verlangen zu lachen, anhaltend und laut zu lachen. Dieser Hut, diese Sprechweise und die Unverschämtheit Julians, sich den Namen des berühmten Detektivs aus den Romanen von Margot Neville zuzulegen, das Bild der endlich in der eigenen Falle gefangen Larry — eine unbeschreiblich ulkige Szene!
    Larry sah mich nicht an, doch ihre Wangen röteten sich langsam. »Oh, Mr. Grogan... Ja, selbstverständlich kenne ich Sie noch.«
    »Hatte noch nicht wieder das Vergnügen, seitdem Sie uns wegen des verschwundenen Anhängers aufsuchten. Nun, Sie werden gewiß froh sein, zu hören, daß wir ihn Ihnen wiederbeschafft haben.« Wobei er die Ursache all unserer Nöte aus der Tasche holte.
    Larry war jetzt feuerrot. Sie öffnete langsam den Mund und schloß ihn gleich wieder. Zum erstenmal, seit ich sie kenne, war sie keines Wortes fähig. Onkel Richard um so mehr: Er stürzte sich buchstäblich auf das kostbare Stück und schüttelte >Mr. Grogan< herzlich die Hand. »Wiederbeschafft, tatsächlich! Gute Arbeit, feine Arbeit. Meine Glückwünsche, junger Mann! Ich sage ja immer, daß unsere Polizei wunderbar ist. Und wie ist Ihnen die Sache gelungen, Mr. — Mr. Grogan? Haben Sie den Burschen dingfest gemacht?«
    Julian wandte seinen spöttischen Blick von Larry ab und sagte halb entschuldigend: »Ja und nein. Über diesen Punkt wollte ich ja gerade mit Mrs. Lee sprechen. Den Diebstahl hat nämlich eine Frau begangen.«
    »Eine Frau? Na so was! Was die Frauen heute sich alles erlauben!«
    »Das habe ich mich auch schon oft gefragt, Sir«, sagte Julian liebenswürdig, indem er wieder Larry anblickte. »Wir wollten aber nicht zu hart mit der Täterin umgehen, denn sie hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen, und sehr helle ist sie auch nicht.«
    »Ha, also eine Schwachsinnige! Das sind oft die Schlimmsten.«
    »Nicht direkt schwachsinnig, Sir, aber ein bißchen bekloppt, wie man so sagt.« Trotz meiner Anstrengungen entfuhr mir ein leichtes Schnauben, und prompt wandte sich Julian höflich an mich: »Aha. Mrs. Russell versteht, was ich meine, sie hat vielleicht auch schon unter solchen Typen zu leiden gehabt. Sind eigentlich keine kriminellen Naturen, nur sehr impulsive triebhafte Menschen.«
    »Nehme an, die Täterin kam ins Haus, sah den Schmuck auf der Fensterbank liegen, wo unsere nachlässige Larry ihn hingelegt hatte, und nahm ihn mit«, sagte Onkel Richard. »Auf diese Art, liebes Kind, reizt man solche Menschen geradezu zum Verbrechen.«
    »Bin ganz Ihrer Meinung, Sir, was Mrs. Lee mir hoffentlich verzeihen wird. Da sie eigentlich ein wenig mitschuldig ist, schlage ich vor, den Fall nicht weiter zu verfolgen. Die Diebin hat eine tüchtige Lektion erhalten und hat Besserung versprochen. >Wenn ich aus dieser Klemme herauskomme, werde ich nie wieder schwindeln, das schwöre ich!< sagte sie zu mir. Sie sieht nämlich ein, daß alles aus ihrer Lügerei entstanden ist — was die Menschen mit dem harmlos klingenden Wort >schwindeln< bezeichnen.«
    Larrys Stimme klang jetzt halb erstickt. »O ja, wollen die Sache niederschlagen. Mir wäre es sowieso gräßlich, vor der Polizei zu erscheinen, einerlei in welcher Rolle. Nochmals vielen Dank, Mr. Grogan! Ich werde mich von nun an wirklich mehr vorsehen, da ich merke, zu welchen Komplikationen das führen kann.«
    »Gut. Wir können alle im Leben noch dazulernen, nicht wahr? Somit darf ich mich empfehlen, meine Herrschaften.« Ohne mit der Wimper zu zucken, zog Julian den Hut, setzte ihn noch schiefer auf als vorher, richtig ordinär, und schlenderte davon.
    »Schneidiger junger Kerl. Sein Auftreten gefällt mir, der wird’s weit
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