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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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hinein«, erklärte Mrs. Pankhurst. »Sind Sie bereit, meine Damen? Dann vorwärts!«
    Sie trat an dem verdutzten Polizisten vorbei, der auf diesen Ungehorsam nicht vorbereitet war. Zweifellos hatte er erwartet, daß die Frauen wie brave Hunde gehorchen würden. Mrs. Pankhurst segelte auf die Absperrung der Polizisten vor den Türen zu. Zwei Beamte hatten keine andere Wahl, als sie zurückzustoßen und schließlich handgreiflich zu werden.
    Die Frauen setzten sich in Bewegung. Paul kurbelte gleichmäßig weiter, ohne seine Frau aus den Augen zu verlieren. Die Frauen täuschten Attacken zur einen, dann zur anderen Seite vor, versuchten, die Sperrkette der Polizisten zu durchbrechen und die Türen zu öffnen. Das allgemeine Hupen, Johlen und Gröhlen hatte inzwischen ein ohrenbetäubendes Ausmaß angenommen.
    Die Polizisten wehrten die Suffragetten mit Händen und Knüppeln ab. Paul zweifelte keine Sekunde daran, daß die ausgebildeten und an Körperkraft überlegenen Beamten die Frauen überwältigen würden. Etliche der Frauen reagierten auf die rauhe Behandlung ihrerseits mit Stößen und Fußtritten. In den Augen mehrerer umzingelter Polizisten flackerte Zorn auf. Ein Gummiknüppel landete am Kopf einer Frau und hinterließ eine klaffende, blutende Wunde an der Wange. Ein zweiter traf Sylvia Pankhursts Knöchel, sie stolperte und fiel der Länge nach hin.
    Der Schlagabtausch dauerte noch ein paar Minuten lang. Dann forderte Mrs. Pankhurst ihren Anhang zum Rückzug auf. »Genug, genug! Wir ziehen uns zurück! Ich will keine weiteren Brutalitäten. Aber wir kommen wieder.«
    Augenblicklich hörte das Handgemenge auf. Die Frauen schienen nicht entmutigt, hatten sie doch den Polizisten eine ehrbare Schlacht geliefert. Mit erhobenen Stimmen und schrillen Pfiffen drohten sie wiederzukommen.
    Paul kurbelte weiter. Insgeheim atmete er auf, dankbar, daß Julie unverletzt geblieben war. Jetzt sah er, wie sie sich mit einem Stück Kreide nach vorne beugte. Die WSPU hinterließ häufig für jedermann sichtbare Botschaften: WAHLRECHT FÜR FRAUEN. NIEDER MIT DER MÄNNLICHEN BEVORMUNDUNG! WIR WERDEN UNS GEHÖR VERSCHAFFEN.
    Julie bückte sich weit vor, um zu schreiben. Der ranghöchste Polizist, vor Anstrengung noch keuchend und wütend, sah sie, rannte auf sie zu und versetzte ihr einen harten, heimtückischen Schlag auf den Rücken. Das entsetzliche Geräusch des Aufpralls von Julies Kopf auf dem Pflaster drang an Pauls Ohren.
    Er schrie ihren Namen, ließ von seiner Kamera ab und rannte über die Straße, ohne auf den Schmerz zu achten, der sich wie ein glühendes Eisen in seinen Rücken bohrte. Halb betäubt hob Julie den Kopf und versuchte, sich mit den Händen aufzustützen, nur um einen Augenblick später wieder ohnmächtig auf das Pflaster zu sinken.
    »Keinen Schritt weiter«, herrschte der Polizist ihn an und packte Paul am Kragen. »Sie haben hier nichts zu .«
    »Gehen Sie mir aus dem Weg, Mann, das ist meine Frau!« Paul versetzte dem Polizisten einen Schlag in die Magengrube, daß seine Hand schmerzte, und der Mann wankte. Er wich einem weiteren Knüppelhieb aus und streckte die Hände nach dem Polizisten aus, der Julie den Schlag versetzt hatte. Der Mann trat einen Schritt zur Seite und brüllte Befehle.
    Einer der Polizisten, der hinter Paul stand, packte ihn, ließ den Knüppel auf seinen Rücken niedersausen, und Paul fiel nach vorne. Er schlug mit der Schläfe so hart auf dem Randstein auf, daß sich alles um ihn drehte. Er rollte sich zur Seite. Sein Gegner bückte sich, um ihm einen zweiten Schlag zu versetzen. Mit letzter Kraft zog Paul das Knie an und rammte ihm den Fuß zwischen die Beine. Der Mann taumelte nach hinten.
    Auf Händen und Knien robbte Paul zu Julie. Verzweifelt drückte er seine Lippen auf ihren Mund, er spürte die Wärme ihres Atems. Ein tiefer Seufzer der Erleichterung drang aus seinem Mund. Als er den Kopf hob, sah er, daß ihre bleiche Haut verschmiert war von hellrotem Blut, das aus einer Wunde auf seiner Wange tropfte.
    Kräftige Hände packten ihn an Nacken und Armen. Er wurde hochgezogen und umgedreht. Der Polizist spuckte Gift und Galle:
    »Das wär’s, Bürschchen! Sie haben einen Polizisten tätlich angegriffen. Dafür wandern Sie hinter schwedische Gardinen, garantiert.«
    Gegenwehr war vergeblich - drei Männer hielten ihn fest -, nur sein Blick schoß über die Straße. Was er sah, drehte ihm den Magen um. Michael Radcliffe war verschwunden.
    Seine Kamera auch.
    Aber hinter
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