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Flucht ins Ungewisse

Flucht ins Ungewisse

Titel: Flucht ins Ungewisse
Autoren: S. R. Terrie
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einen Schluck aus seiner Dose.
    „Ja, schon gut …“
    Syria schlängelte sich an mir vorbei, dann über meinen Bauch, der (den Schmerzen nach zu urteilen) auch mit Kratzern übersät sein musste.
    Als hätte ich irgendwas dazu gesagt, klappte Jess das kleine Kästchen auf und kramte Desinfektionsmittel und Verband heraus.
    „Wenn ich das in diesem Monat noch einmal machen muss, hab ich drei Wünsche frei“, erklärte sie mir und hob Syria weg. Dann hockte sie sich neben mich auf den Boden und begann vorsichtig meine Wunden zu inspizieren. Sie half mir wirklich sehr oft. Und ich weiß, wenn sie nicht Nicks Freundin gewesen wäre, hätte ich mich sicher von ihr ferngehalten. Ich hätte es mir niemals verziehen, wenn den beiden etwas zugestoßen wäre.
    Jess strich, wie ich ihr ansah, gedankenverloren über die Schnitte an meiner Brust.
    „Ähm …“, setzte ich an, als sie nicht mehr aufhörte.
    „Nick?“, fragte sie dann, wobei sich ihre Stimme anhörte, als hätte sie das Wort auf dem Schießplatz geprobt.
    „Hmm?“
    Sie drehte sich zu ihm um. „Du solltest mehr trainieren.“
    Er zog eine Augenbraue hoch. Ich schmunzelte, wobei ich den kühlen Ring in meiner Lippe spürte, und starrte vorsichtshalber die Luft über mir an.
    Nick war an der Balkery High ein ziemliches Ass. Gute Noten, setzte sich oft für andere ein und Captain der Baseball-Schulmannschaft war er auch noch. Und dennoch konnte ich ihn locker über die Schulter werfen.
    Aber für ihn war es ja nicht wichtig, andere aufs Kreuz zu legen. Er musste nur seine Bälle gut werfen und sich Strategien ausdenken.
    „Gut“, sagte Nick und stellte die Dose hörbar auf den kniehohen Glastisch. Dann beugte er sich zu Jess vor, nahm sie an den Hüften und hievte sie auf seinen Schoß. „Ich trainiere, wenn du einen Monat auf die Pflege deiner Fingernägel verzichtest!“
    Sie starrte ihn entsetzt an, dann betrachtete sie ihre manikürten Fingernägel, die bei richtigem Lichteinfall sogar schimmerten. Ihr Blick flog kurz zu mir. Wehmütig betrachtete sie meinen Oberkörper, was mir schon fast peinlich wurde. „Das ist es mir nicht wert.“
    Nick gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Schulter. „Siehst du?“
    Ich setzte mich auf und konnte so gerade noch verhindern, dass Syria mir über das Gesicht kroch. Die Schlange mochte mich – das taten sie alle, Schlangen, mein ich, aber irgendwo waren Grenzen.
    Die Dose, die die ganze Zeit über an meiner Wange gelegen war, fühlte sich schon verdächtig warm an. Ich öffnete sie und kippte den halben Inhalt runter.
    Ein Schmerz jagte durch meinen Schädel, als Jess und Nick vor mir plötzlich verschwammen. Ich kniff die Augen zusammen und legte den Kopf auf die Knie. Und ich spürte auch wieder dieses unangenehme Gefühl von Leere in mir. Dieses ungewöhnliche Verlangen, das ich vor dem Siegel nie hatte. Das Menschen im Allgemeinen nicht hatten.
    „Denkst du, es wird wieder Zeit dafür?“, hörte ich Nick fragen. Langsam drehte ich den Kopf in seine Richtung. Er sah mich fragend an, nahm dann zögernd noch einen Schluck aus seiner Dose. „Wenn man es schon sieht, ist das nie ein gutes Zeichen.“ Damit meinte er die Augen. „Und so wie du dich gerade verhältst, deutet doch alles darauf hin, nicht wahr?“
    Ich seufzte. „Vielleicht halte ich noch etwas durch. ’ne Woche oder so …“
    Ich hasste es, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Denn es ging nur selten unauffällig …
    „Aber pass auf, dass sich die Aktion neulich nicht wiederholt“, mahnte er mich, zog dann Jess näher an sich, als beanspruchte er sie ganz für sich. Sie kicherte.
    Lorianna Ambers:
    „Was soll das Ganze eigentlich?“
    Etwa eine Woche nach meinem hollywoodreifen Zusammenbruch im Flur konnte ich nun das erste Mal in die neue Schule gehen. Nicht dass ich wirklich scharf drauf gewesen war, aber ich konnte wohl kaum das restliche Schuljahr über daheim bleiben und hoffen, dass sie mich trotzdem aufsteigen ließen.
    Ohne Fleiß kein Preis … Oder so ähnlich!
    Außerdem hing mir Margrets Fürsorglichkeit schon gewaltig zum Hals heraus. Sie dachte doch tatsächlich, sie konnte ein Mutterersatz für mich sein. Diese Frau war manchmal einfach zum Kotzen. Und sie predigte ständig, sie würde mich verstehen, weil sie auch einmal jung gewesen war. Nein … Wirklich?
    Meinem Handrücken ging es wieder einigermaßen gut. Jetzt sah es halt so aus, als hätte ich eine miserable Radtour hinter mir. Aber dadurch musste ich jeden Tag an
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