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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)
Autoren: Alan Bradley
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die Polizei verständigt, war aber sonst anscheinend immer noch völlig durcheinander.
    »Nun ja, eigentlich haben wir nicht gedacht, dass er verschollen ist, sondern dass er einfach nur von uns gegangen ist. Oh je! Das war jetzt nicht der passende Ausdruck.«
    Ich sagte nichts. Ein nützlicher Trick, den ich meinem Repertoire nach gründlicher Beobachtung von Inspektor Hewitt hinzugefügt hatte.
    »Mrs. Battle meinte, an seinem letzten Morgen sei er wie immer zum Frühstück erschienen. Eine Scheibe Toast, sonst nichts. Er achtete auf sein Gewicht, weil er für die Arbeit an den Pedalen in Form bleiben wollte. Oje, ich fange ja an zu tratschen!«
    »Wann war das noch mal?«, fragte ich so beiläufig, als wüsste ich es bereits und hätte es nur gerade vergessen.
    »Am Dienstag nach Quinquagesima, wie mir nur allzu gut in Erinnerung ist.«
    Ich rechnete rasch nach. »Also vor ungefähr sechs Wochen.«
    »Ganz recht. Am Fastnachtsdienstag.«
    »Pfannkuchentag«, sagte ich und musste unwillkürlich krampfhaft schlucken, weil ich den Teller mit den platten, gummiartigen Gebilden vor mir sah, die uns Mrs. Mullet an jenem unseligen Morgen vorgesetzt hatte.
    »Richtig. Der Tag vor Aschermittwoch. Mr. Collicutt sollte Miss Tanty abholen und zu ihrer Augenuntersuchung nach Hinley fahren.«
    Miss Tanty, eine pensionierte Musiklehrerin, sang im Chor. Ihre üppige Statur und die dicke Brille verliehen ihr das Aussehen eines vorsintflutlichen Omnibusses, der einen auf einer schmalen Landstraße mit riesigen Acetylen-Scheinwerfern von oben herab anstrahlte.
    Ihre Stimme hörte man bei jedem Magnificat aus dem restlichen Chor heraus:
    »Meine Seele preiset die Größe des Herrn …«
    Auch an Miss Tanty war alles groß.
    Sowohl ihr schmetternder Sopran als auch ihr Blick durch die Flaschenbodenbrille jagten einem nasskalte Schauer über den Rücken.
    »Als er um Viertel nach neun noch nicht da war«, berichtete der Vikar weiter, »hat Miss Tanty bei Mrs. Battle angerufen, wo ihr deren Nichte Florence sagte, dass Mr. Collicutt Punkt halb neun das Haus verlassen habe.«
    »Hat ihn denn niemand als vermisst gemeldet?«
    »Das ist es ja gerade. Crispin – Mr. Collicutt, meine ich – hatte so viel mit diversen Musikveranstaltungen zu tun, dass er unter der Woche nur selten zu Hause war. ›Bei mir sparen Sie ordentlich an Bücklingen und Kraut‹, hat er zu Mrs. Battle gesagt, als sie ihn seinerzeit als Kostgänger aufnahm. Und dann war da natürlich noch die seltsame Bemerkung, die er hinsichtlich … aber ich muss mich wirklich bremsen. Cynthia sagt immer, dass ich zu viel schwatze, und da hat sie leider nicht ganz unrecht.«
    Cynthia Richardson, die Frau des Vikars, war die Plage des ganzen Dorfes, sozusagen die Pest von Bishop’s Lacey, aber von diesem Gedanken ließ ich mich nicht ablenken.
    »Wer war eigentlich dieser Weißhaarige?«, wechselte ich unvermittelt das Thema. »Der sich mit Ihnen unterhalten hat?«
    Ein Schatten huschte über das Gesicht des Vikars. »Das war Marmaduke Parr von der Diözese. Er ist des Bischofs …«
    »… Auftragsmörder!«, rutschte es mir heraus. Von Auftragsmördern hatte ich erst neulich im Radio bei Privatdetektiv Philip Odell gehört: »Das vergiftete Törtchen«.
    »… Sekretär.« Der Vikar hatte Mühe, nicht über meinen kleinen Scherz zu schmunzeln. »Allerdings muss ich zugeben, dass Marmaduke wirklich ein ziemlich – wie soll ich mich ausdrücken? – resoluter Zeitgenosse ist.«
    »Er will nicht, dass das Grab des heiligen Tankred geöffnet wird, oder?«
    Doch bevor der Vikar antworten konnte, kam Wachtmeis-ter Linnet, Bishop’s Laceys Arm des Gesetzes, angeradelt und schwang sich vor uns aus dem Sattel wie ein Sheriff, der vom Pferd steigt. So hatte ich es schon mal im Kino gesehen. Er lehnte das Rad an eine Eibe, klappte sein Notizbuch auf und leckte die Bleistiftspitze an.
    Jetzt geht das wieder los!, dachte ich.
    Der Wachtmeister erkundigte sich zunächst nach unseren vollständigen Namen und Adressen. Obwohl er das alles natürlich längst wusste, wollte er seinen Vorgesetzten ein tadelloses Notizbuch vorweisen – von der verschmierten Bleistiftschrift mal abgesehen.
    »Sie beide bleiben erst mal hier«, befahl er dann, knöpfte die Brusttasche seiner Uniformjacke auf und verstaute das Notizbuch darin. Er drohte uns noch einmal mit dem Zeigefinger, dann verschwand er in der Kirche.
    »Armer Crispin«, sagte der Vikar nach einer geraumen Weile wie im Selbstgespräch. »Armer
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