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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
Autoren: John Friedmann
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Alpen, oder?« Tina war beeindruckt.
    Mittlerweile war ihr fast vierzig Jahre alter VW-Bus dabei, sich den Brennerpass hochzukämpfen. Das arme Ding. Der klapprige Wagen hatte so seine Mühe und vibrierte bis in die letzte Schraube vor Anstrengung.
    »Diese Aussicht«, jubelte Tina, »phantastisch!« Klar und deutlich reckten sich vor ihren Augen, zum Greifen nah, Millionen Jahre alte Berggipfel empor, einer neben dem anderen. Die Autobahn verlief knapp unter der Baumgrenze. Nur wenige Meter höher gab es nur noch blanken, blitzenden Fels und geduckte Latschenkiefern. An manchen Stellen glaubte Tina sogar noch Schnee vom letzten Winter zu sehen. Wie eine Spielzeugbahn schlängelte sich die niedrigste Verbindung zwischen Nord- und Südalpen vorsichtig zwischen den monströsen Bergen durch.
    Lutz hatte mit der Schaltung und dem großen Lenkrad zu kämpfen, während Tina lässig einen Joint rollte. Das musste man ihr schon lassen, darin war sie flott. Ohne auch nur eine Sekunde auf ihre Hände zu achten, konnte sie fast blind, wie von Zauberhand, den Tabak zerbröseln, alles vermengen und zwei identische Dinger rollen, die so perfekt aussahen, als kämen sie vom Chef der American Tobacco Company höchstpersönlich.
    »Hitler hat die Autobahn damals extra so legen lassen, dass die Deutschen auch sehen konnten, wie schön ihr Land ist. Umwege waren da völlig egal«, erklärte Lutz ungefragt.
    »Wir sind doch schon längst in Österreich?«
    »Ich mein vorher, beim Chiemsee.«
    »Na, da hätte er sich doch selber wunderbar mit drunter planieren lassen können?«
    »Ja, das wär in der Tat das Beste gewesen.«
    Jetzt fuhren sie über die Europabrücke. Vielleicht hundert Meter oder mehr unter ihnen ein Tal. Die alte Brennerstraße.
    Tina fand das irre, dass man mittlerweile so einfach nach Lust und Laune über die Alpen fahren konnte, was früher ja ein brutaler Kraftakt gewesen sein musste. »So vorm Auto, oder nich?«
    Sie zog genüsslich an ihrem Joint und ließ ihre Gedanken weiter schweifen.
    Lutz gab ihr recht. Hannibal sei damals sogar mit Elefanten angerückt, erklärte er ihr.
    Ja, erklären, manche würden auch sagen klugscheißen, das tat er gerne.
    »Ick höre hier nur Elefanten? Wo hat er die denn hergehabt?«
    »Ganz einfach aus Indien.«
    »Na, die ham bestimmt gekuckt, als sie den Schnee gesehen haben!«
    »Und erst beim Anblick der Deutschen!«
    »Der arme Ötzi is im Schnee steckengeblieben«, sagte Tina, deren Joint wieder mal äußerst schnell zur Neige ging.
    »Außerdem war es ja damals das Gleiche.«
    »Ötzi und Hannibal?«, wunderte sich Tina.
    »Klar. Ah, nein, Deutschland und Österreich.«
    »Woher kam der eigentlich, der Herr Ötzi?«, fragte sie. Dass man ihn irgendwo in einem Ötztaler Gletscher gefunden hatte, das wusste sie. Aber wer war er, was wollte er da oben? Ski fahren sicher nicht.
    »Das weiß keiner so genau. Sicher ein Vorfahr vom Reinhold Messner oder Luis Trenker.«
    »Oder beiden zusammen. Deswegen das haarige Gesicht.«
    Alpen-Yeti! Beide lachten los.
    »Na logisch! Dass da noch keiner drauf gekommen is!« Lutz war ausnahmsweise mal am Leben. Kein Verfolgungswahn.
    Er zwang das Getriebe wieder in den zweiten Gang. Es ruckelte ordentlich. Tina wollte ihnen den nächsten Joint anzünden und hätte sich dabei beinahe ihre eh schon kurzen Haare verbrannt. Ihr Gesicht war perfekt geschnitten, geheimnisvolle Rehaugen, über denen lange Wimpern klimperten, ein sehr sinnlicher Mund und dazu ein frecher Schönheitsfleck auf der vollen Oberlippe. Die kurzen Haare standen ihr unverschämt gut. Die Frisur unterstrich ihre flippige Schönheit. Sie lachte.
    »Ups! Also, Herr Schumacher, so wird das mal nix mit der Formel 1.«
    »Das würd ich gern mal sehen. Schumacher am Steuer von einem VW-Bus.«
    Tina grinste weiter. »Quasi der permanente Boxenstopp!«
    Genüsslich nahm sie einen entspannten Zug. Sie legte ihre langen, nackten Beine auf das Armaturenbrett, zog das kurze Kleid noch höher und ließ sich noch tiefer in den Sitz sinken. Der Joint wanderte zu Lutz, und sie zündete sich sogleich einen neuen an.
    »Keine Macht den Doofen!«, skandierte er.
    »Wie übersetzt man eigentlich Cocktail?«
    »Was? Wieso?«
    Tina ließ ihren Kopf nach hinten fallen. »Na, ne Margarita, eiskalt! Das wär’s jetzt!«
    Aber Lutz war in Gedanken versunken.
    »Wörtlich eigentlich Schwanzschwanz, oder Hahnenschwanz. Richtig?«, alberte Tina weiter.
    »Ja, ja.« Lutz kämpfte mit dem Gangknüppel, mit
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