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Feuertanz

Feuertanz

Titel: Feuertanz
Autoren: Helene Tursten
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fuhren ihn zur Notaufnahme.
    Die Schwester legte Irene beruhigend eine Hand auf den Arm und sagte: »Die Ärztin, die ihn untersucht hat, glaubt nicht, dass es sich um eine akute Psychose handelt. Er ist wieder ganz klar im Kopf. Wir wissen jedoch nicht, was den Gedächtnisverlust verursacht hat. Oft kann es an Stress und Überarbeitung liegen. Ist Ihr Mann gestresst?«
    »Ja … doch … er macht oft Überstunden. Es gibt viel zu tun, und manchmal haben sie zu wenig Personal«, sagte Irene.
    Krister war blass und sah müde aus. Er versuchte Irene anzulächeln, als sie sich über ihn beugte, um ihn auf den Mund zu küssen. Das Lächeln ähnelte zwar mehr einer Grimasse, aber er sah doch irgendwie zufrieden aus.
    »Ich will nach Hause«, sagte er matt.
    »Morgen. Schwester Lena sagt, dass du über Nacht zur Beobachtung hier bleiben musst.«
    »Na gut. Ich fühle mich in der Tat etwas … schwach.«
    Die Schwester, die Irene in das Krankenzimmer begleitet hatte, beugte sich ebenfalls über Krister. Sie rüttelte leicht an seiner Schulter und sagte: »Krister. Sie dürfen nicht einschlafen. Ich muss den Blutdruck, den Puls und die Pupillengröße messen.«
    Hastig sah sie zu Irene und lächelte.
    »Reine Routine. Nachher machen wir eine CT. Es deutet allerdings nichts auf ein intrakraniales Hämatom hin, aber wir wollen das doch sicherheitshalber ausschließen.«
    Rasch und routiniert führte sie ihre Messungen durch. Dann schrieb sie die Ergebnisse auf einen Block, der neben dem Stethoskop und dem Blutdruckmesser auf dem Nachttisch lag. Die Schwester war mittleren Alters, klein und mollig. Aus irgendeinem Grund übte sie eine beruhigende Wirkung auf Irene aus. Vielleicht lag es ja an ihrer kompetenten und mütterlichfreundlichen Ausstrahlung. Aber wie auch immer, es war genau das, was Irene im Augenblick brauchte.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und fragte: »Was bedeutet intrakraniales Hämatom?«
    »Wir wissen nicht, warum Ihr Mann sein Gedächtnis verlor. Wir müssen ausschließen, dass es sich um eine akute Gehirnblutung handelt. Oder um ein Blutgerinnsel … oder … tja, irgendwas, was auf einem Röntgenbild zu sehen wäre.«
    Sie warf einen raschen Blick zu Krister hinüber, und Irene begriff, dass sie ihn nicht beunruhigen wollte. Sie spürte jedoch, wie die Angst ihr Herz umklammerte. Wie krank war Krister wirklich? Was geschah gerade mit ihm? Was hätte es möglicherweise zu bedeuten, wenn die Ärzte auf einer Röntgenaufnahme etwas entdeckten? Und was bedeutete es, wenn sie nichts fanden?
    Mehr um ihre eigenen sorgenvollen Gedanken zu zerstreuen, fragte sie die Schwester: »War die Polizei schon hier? Offenbar hat ihm jemand seine Brieftasche und sein Handy abgenommen.«
    »Da Ihr Mann Probleme mit dem Gedächtnis hatte, wollen sie sich lieber erst morgen mit ihm unterhalten. Hoffentlich erinnert er sich bis dahin besser«, antwortete Schwester Lena und lächelte Krister aufmunternd zu.
    Vermutlich war dies eine angemessene Einschätzung der Lage, aber Irene war trotzdem frustriert. Ihr Mann war ganz offensichtlich Opfer eines Verbrechens geworden. Ihre Kolle gen hätten also sofort etwas unternehmen sollen. Gleichzeitig war ihr klar, dass der Freitagabend in der Großstadt gerade erst begonnen hatte. Partytime war angesagt. Es würden sich an diesem Wochenende Raubüberfälle und Schlägereien ereignen, vielleicht sogar ein Mord. Die Polizei hatte zu wenig Leute und verschob wenn möglich Vernehmungen auf den folgenden Tag.
    Auf einmal fühlte sich Irene todmüde. Ihre ganze Kraft schwand dahin, und sie wollte nur noch weinen. Diesem Impuls durfte sie jedoch nicht nachgeben. Sie musste sich zusammenreißen, schon allein wegen Krister. Sie nahm seine Hand und drückte sie.
    »Erinnerst du dich an irgendetwas?«, fragte sie.
    Krister wandte ihr sein Gesicht zu und sah sie an. Er fuhr sich mit der Zunge über seine trockenen Lippen und antwortete dann: »Ich habe wie immer ganz oben im Parkhaus geparkt. Ich erinnere mich, dass ich über den Kungsportsplatsen ging und dann die Markthalle betrat. Dann erinnere ich mich an nichts mehr. Alles ist schwarz. Als mein Gedächtnis zurückkehrte, lag ich in diesem Zimmer in diesem Bett.«
    Die Schwester drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger und sagte: »Heute noch keine Verhöre. Sie müssen sich ausruhen.«
    Genau da ging die Tür auf, und ein Bett wurde ins Zimmer geschoben.
    »Sieh da. Sie bekommen Gesellschaft«, sagte sie zu Krister.
    Sie wandte sich an Irene und
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