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Falsch

Falsch

Titel: Falsch
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Thema ›Erfolgsaktien mit Performance-Garantie‹ bei dir gut.«
    »Du bist eine ganz üble Mischung aus Mutter Teresa und George Soros, weißt du das?«, gab Christopher zurück, klappte die Schachtel auf und warf einen Blick hinein. »Hmm, sieht aus wie Hawaii nach einem Erdbeben.«
    »Ist mir zweimal aus der Hand gefallen«, gab Martin zu. »Aber willst du sie malen oder essen?«
    Christopher beäugte die Pizzaschachtel von allen Seiten, vor allem die Reifenspuren, die sich auf dem Deckel abzeichneten. »Bist du sicher, dass du nicht drübergefahren bist?«
    »Nix is fix«, erwiderte Martin mit verkniffenem Gesicht und streckte die Hand aus. »Gib sie mir zurück, wenn du Angst vor den Folgen hast.«
    »Wenn ich es mir recht überlege, so ein wenig Straßenstaub hat noch niemandem geschadet«, grinste Chris, faltete das eingedellte Rund im Meridian und biss genussvoll hinein. »Kalt, aber gut«, stieß er kauend hervor. Ein startender Jumbo-Jet ließ seine Worte im Turbinenlärm untergehen. »Hast du vielleicht auch eine Bierdose, die dir entglitten ist?«
    Martins Wagen enthielt ein Sammelsurium von allen möglichen Dingen, die man noch so nebenbei auf die Schnelle bei einer Pizza-Lieferung mitverkaufen konnte. Wein und Bier, natürlich gekühlt, Salate und Grappa, Schokolade und Kekse, die neuesten Zeitungen und für den Ernstfall Präservative mit Erdbeergeschmack.
    »Du bist noch nicht ganz wach und bei Trost, mein kleiner Feinspitz«, gab Martin zurück, da quäkte sein Mobiltelefon, und er nahm das Gespräch an. »Ja, Chef … Nein, Chef … Ich komme gleich, Chef …« Schließlich drückte er die Beendigungstaste und verzog missbilligend das Gesicht. »Italienischer Sklaventreiber mit Migrationsvordergrund«, grummelte er und zuckte mit dem Schultern. »Ich muss los, aber das berührt Faulpelze wie dich ja nicht. Mach’s gut!« Er winkte Christopher zu und legte mit quietschenden Reifen einen Kavalierstart hin. Der kleine weiße Lieferwagen schaukelte wie eine kopflastige Fregatte in schwerem Seegang, als Martin im letzten Moment die Ausfahrt aus dem Parkplatz erwischte, auf das Öffnen der Schranke wartete und dann mit aufheulendem Motor im Verkehr verschwand.
    Keine zwanzig Minuten später war Christopher satt und zufrieden wieder eingeschlafen. Er wachte auch nicht auf, als eine hochgewachsene, schlanke Frau im Yves-St.-Laurent-Business-Kostüm zwischen seinem Liegestuhl und dem Porsche stehen blieb, ihn etwas ratlos musterte, während sie in ihrer großen Handtasche hektisch nach dem Wagenschlüssel kramte. Endlich, nach einigem Suchen, hatte sie ihn gefunden, schloss ungeduldig den dunkelblauen Sportwagen auf, ließ sich in die heißen Lederpolster fallen und versuchte, den gutaussehenden, halbnackten Mann im Liegestuhl neben ihr geflissentlich zu ignorieren.
    Dann startete sie den Sechszylinder, und die Klimaanlage erwachte fauchend zum Leben. Die Fahrerin schnallte sich an, warf dabei dem schlafenden Christopher einen letzten Blick zu und schüttelte ungläubig den Kopf. Mit einem dumpfen Röhren des Motors und dem leisen Knirschen der Reifen auf dem Split rollte der Wagen davon.
    Ein landender Jet der bulgarischen Luftlinie, der zu spät aufgesetzt hatte und nun kräftig Gegenschub geben musste, weckte Christopher nach mehr als einer halben Stunde ruhigem Schlafs, erfüllt mit Träumen von Hawaii, Blumenketten und kreisenden Hüften. Er fuhr sich mit seiner Hand über die Augen und streckte sich. Die Sonne war hinter einem der kleinen Bäume verschwunden und warf einen schmalen Schatten genau über seinen Liegestuhl. Als er sich umblickte, sah er, dass ihn seine unmittelbaren automobilen Nachbarn verlassen hatten. Er erinnerte sich an den rotgesichtigen Geschäftsmann des Z4 und verspürte keinerlei Bedauern darüber, den Fahrer des Porsche verschlafen zu haben.
    Seine Schicht würde bald beginnen, und so machte sich Chris an den Aufbruch. Als er den Liegestuhl zuklappte, bemerkte er den Abschnitt eines Tickets, das keinen halben Meter von ihm entfernt auf dem heißen Asphalt lag und ihn jungfräulich weiß anstrahlte. Er sah genauer hin. Daneben lag noch etwas. Es war ein deutscher Reisepass, das Foto zeigte eine attraktive junge Frau mit kurzgeschnittenen dunklen Haaren.
    Neugierig hob Chris den Pass und den Abschnitt des Tickets auf. Auf der Rückseite waren zwei Gepäckabschnitte festgeklebt. Er las den Namen Mrs. B. Bornheim. Als er weiter in dem Pass blättern wollte, hielten links und
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