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Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)

Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
Autoren: Simon Rhys Beck
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– fast hätte man mich für einen Sterblichen halten können. Die Augen hatte ich – wie üblich – hinter einer violett getönten Sonnenbrille verborgen.
    Ich suchte mir den schönsten Platz, auf der Empore. Ich brauchte nicht anstehen, brauchte keine Eintrittskarte – ein positiver Aspekt meines Lebens, wenn man denn von Leben sprechen möchte.
    Entspannt ließ ich mich in den weichen roten Sessel sinken. Wie angenehm dieser menschliche Luxus doch war.
    Sie spielten Shakespeare’s Macbeth. Wie oft hatte ich es schon gesehen? Das Drama des ehrgeizigen Macbeth, der – angetrieben von seiner Frau – die schrecklichsten Dinge tut. Er tötet seinen König – Duncan – dem er treu ergeben sein sollte. Gierig, den Thron zu besteigen. Er ist so schwach und so selbstsüchtig, ermordet selbst seinen Freund Banquo, um zu verhindern, daß Banquos Nachkommen einmal den Thron erben. Und stirbt am Ende – wie es sich gehört – im Zweikampf mit Macduff.
    Es ist herzzerreißend – und blutig... Welcher Aspekt tiefer an mir rührt – ich weiß es nicht.
    Es war berauschend, ich liebte es. Doch plötzlich bemerkte ich, wie mich ein eigenartiges Kribbeln überkam. Dann sah ich ihn. Er saß mir gegenüber, andere Seite – ebenfalls Empore. Er hatte sicherlich Geld dafür bezahlt.
    Ich war verunsichert, trotzdem lächelte ich ihm zu, ließ kurz meine Fangzähne aufblitzen. Er wußte, was ich war; es war gleichgültig. Ich weiß nicht, ob er es sehen konnte, aber sicher spürte er es.
    Er trug sein braunes Haar kürzer als vor einem Jahr und er sah immer noch hinreißend aus. Ich sah seine grünen Augen in der Dunkelheit funkeln, als er mich anstarrte.
    War unser zweites Zusammentreffen zufällig?
    Wieder versuchte ich ihm zu folgen, aber er verschwand, noch ehe das Stück beendet war. Und er hinterließ keine Spuren. Seine Gedanken waren mir verschlossen – und das erstaunte mich nicht schlecht. Hatte er die bewußte Fähigkeit, mir seine Gedanken zu verheimlichen? Konnte er vielleicht sogar die meinen lesen?
    Ich muß gestehen, daß ich mich ärgerte. Da gab es einen Sterblichen, der über meine Aufenthaltsorte Bescheid wußte, den ich jedoch nicht aufspüren konnte. Es verunsicherte mich nicht unerheblich.
    Das nächste Mal, daß ich ihn traf, war in New York. Ich war erst wenige Male in dieser erschreckenden Metropole gewesen – das erste Mal so gegen 1843. Ein Erlebnis, an das ich nicht besonders gern zurückdenke. Es war ein strenger Winter; eisiger Wind strich durch die Straßen, und die Menschen hungerten. Viele erfroren einfach, daher hatten Lomay und ich leichtes Spiel. Niemand schöpfte Verdacht – wir konnten die Toten sogar auf der Straße liegenlassen. Aber die Temperaturen waren unangenehm; wir konnten kaum dagegen anheizen. Die Kälte fuhr einem in die Glieder und lähmte fast den Verstand. Natürlich war sie nicht lebensbedrohend für uns, aber trotzdem fast unerträglich.
    Wir waren mit dem Schiff von Europa nach Amerika gefahren. Das war damals noch ein Abenteuer – und Lomay liebte es, im Gegensatz zu mir.
    Erst viel später erfuhr ich, daß er leicht hätte dorthin fliegen können. Aber er wollte mich offensichtlich nicht zurücklassen, und meine damaligen Fähigkeiten hätten bei weitem nicht ausgereicht.
    Nachdem wir unsere Särge hatten an Bord bringen lassen – schon dafür mußten wir gewagte Geschichten erfinden – wurde mir zum ersten Mal bewußt, wie gering meine Fähigkeiten im Vergleich zu Lomays waren – ich wurde seekrank. Es ging mir so schlecht, wie es wahrscheinlich keinem Menschen gehen kann. Es war entsetzlich. Lomay zeigte dafür wenig Verständnis und ärgerte sich darüber, daß ich die Ratten, die er mir brachte, verschmähte.
    Erst nach ungefähr einer Woche gewöhnte ich mich an das Rollen und Schlingern des riesigen Dampfers und wagte mich abends unter die Sterblichen. Ich wollte menschliches Blut, obwohl Lomay mir gesagt hatte, daß ich auf einem Schiff höchste Vorsicht walten lassen müßte.
    Aber ich war völlig ausgehungert, und die Ratten verursachten einen gewissen Widerwillen in mir.
    Und es dauerte nicht lange, bis ich das geeignete Opfer gefunden hatte. Ich bemerkte, daß ein älterer Herr mich interessiert beobachtete. Das war mir nicht fremd, denn ich wußte, daß mich das ewige Blut noch attraktiver gemacht hatte. Außerdem hatte ich schon in meinem sterblichen Leben sowohl weibliche als auch männliche Verehrer. Ich ließ mich also auf einen Blickkontakt
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