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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)
Autoren: Hans Küng
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ich versuche vorauszudenken, wie das alles wohl weitergehen wird. Ob ich mich nicht auf den Kampf mit einem Drachen eingelassen habe, den ich nie und nimmer gewinnen kann? Oder habe ich mich schlicht verlaufen in einem Labyrinth, einem Irrgarten, in welchem mir kein Faden einer Ariadne den Ausweg weist? Wie immer: Zur Orientierung hilft mir eine Bilanzierung des ganzen Streits, der inzwischen für die deutsche Öffentlichkeit in einer Retrospektive detailliert und gründlich dokumentiert wurde.
    Eine Dokumentation mit Appell an den Papst
    HERBERT HAAG und NORBERT GREINACHER , die beiden treuesten Kollegen in meiner früheren Katholisch-Theologischen Fakultät, zeichnen, wie am Ende meines zweiten Memoirenbandes berichtet, als Herausgeber eines 546 Seiten starken Bandes »Der Fall Küng«. Er enthält die Dokumente der Vorgeschichte und des Lehrbefugnisentzugs, die Stellungnahmen von Gruppen und Institutionen, von theologischen Fakultäten und Fachbereichen und wichtigen Einzelpersonen. Ich habe dafür bisher großenteils unveröffentlichte Dokumente und Stellungnahmen, Briefe und Reden samt Kommentar zur Verfügung gestellt. Ich gestehe: In der Phase der Erschöpfung hat mir die Lektüre von Hunderten von Stellungnahmen und all der Briefe zu meiner Unterstützung neue Kraft geschenkt. Ich denke nicht daran, diese Menschen zu enttäuschen – weder durch Revokation noch durch Resignation.
    Doch wären die Erstellung dieser Dokumentation, die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente und die ganze mühselige Redaktions- und Korrekturarbeit nicht möglich gewesen ohne die intensive Mitarbeit besonders von Dr.   KARL-JOSEF KUSCHEL , Dr.  URS BAUMANN und Dr.  MARGRET GENTNER . Mein Stellvertreter im Institut, der Akademische Rat Dr.   HERMANN HÄRING, hatte unterdessen, davon wird noch die Rede sein, einen ehrenvollen Ruf auf den Lehrstuhl für Dogmatik an der Katholischen Fakultät Nijmegen erhalten – zuerst als Kollege, dann als Nachfolger des berühmten flämisch-holländischen Theologen EDWARD SCHILLEBEECKX!
    In ihrem Schlusswort zeigen sich die Herausgeber ungewöhnlich beeindruckt von der Zahl der Stimmen zu meinen Gunsten, von der Überzeugungskraft der Argumente und der Gewichtigkeit der Fakten. In einer Art Zwischenbilanz weisen sie auf die verheerenden Folgen des »Falls Küng« hin und machen seine verschiedenen Dimensionen erneut deutlich: die pastorale, die theologische, die ökumenische, die politische, die kirchengeschichtliche und die verfassungsrechtliche Dimension. Dies alles bildet die Grundlage für ihre Schlussfolgerung: »Wer diese Dokumentation von Anfang bis Ende unvoreingenommen studiert, wird um die Feststellung nicht herumkommen: Hans Küng ist durch seine Kirche Unrecht geschehen. Die kirchenrechtlichen Bestimmungen wurden auf flagrante Weise verletzt. Das Vorgehen spricht den Prinzipien der christlichen Brüderlichkeit Hohn. Die von Küng vorgetragenen theologischen Sachfragen wurden entweder nicht erkannt oder besserwisserisch beantwortet.« 1 Was da 1980 formuliert wurde, gilt auch noch 30   Jahre später.
    Aufgrund der dargelegten Fakten und Entwicklungen machen sich die Herausgeber am Ende zu »Sprecher[n] des in diesem Buch und allenthalben artikulierten Protestes« und appellieren direkt an den für den Lehrentzug verantwortlichen Papst JOHANNES PAUL II .: »Heiliger Vater! Greifen Sie den Fall ohne Verzögerung wieder auf! Setzen Sie eine unvoreingenommene Kommission von Bischöfen und Theologen ein, welche die aufgeworfenen theologischen Fragen sachgerecht und ohne Zeitdruck prüft! Wir appellieren an Ihre Verantwortung und an Ihr Gewissen: Machen Sie geschehenes Unrecht wieder gut! Überlassen Sie die Rehabilitierung Küngs nicht der Geschichte! Setzen Sie Ihre persönliche Tat zum Segen für die Kirche!« 2
    Dieses Nachwort trägt das Datum vom 24. April 1980. Schon am 12. Mai stellen die beiden Herausgeber ihre Dokumentation der Öffentlichkeit vor. Der wie immer höchst effiziente Piper Verlag hat mir vorher schon ein Vorausexemplar nach Kreta geschickt. Es macht mich froh, aber nicht übermütig. Denn:
    Keine Illusionen: ein Papstbrief
    Die große Konfrontation habe ich durchgestanden, die Auseinandersetzung mit dem römischen System aber keineswegs überstanden. Trotz des Verlusts der kirchlichen Lehrbefugnis habe ich mir Lehrstuhl und Institut für Ökumenische Forschung bewahrt; meine Kaltstellung ist misslungen; die römischen und deutschen Gegner haben meine
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