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Endstation Venedig

Endstation Venedig

Titel: Endstation Venedig
Autoren: Shaya
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Rückfahrkarte aus einer Stadt, in der ein amerikanischer Militärstützpunkt ist. Die zahntechnischen Arbeiten in seinem Mund sind amerikanischer Machart, und er hat amerikanische Münzen in der Tasche.
    Brunetti griff zum Telefon und wählte die Vermittlung.
    Ver-
    binden Sie mich bitte mit dem amerikanischen Militärstützpunkt in Vicenza.

    3
    Während er auf die Verbindung wartete, kam das Bild dieses jungen Gesichtes mit den im Tod offenen Augen ihm wieder ins Gedächtnis. Es hätte irgendeines der Gesichter sein können, die er auf den Fotos von amerikanischen Soldaten im Golfkrieg gesehen hatte: frisch, glattrasiert, unschuldig, strotzend von jener au-
    ßergewöhnlichen Gesundheit, die so charakteristisch für Amerikaner war. Aber das Gesicht des jungen Amerikaners am Kanalufer war seltsam ernst gewesen, von seinen Kameraden abgehoben durch das Mysterium des Todes.
    Brunetti , meldete er sich auf das Summen seiner Sprechanlage.
    Sie sind schwer zu finden, diese Amerikaner , erklärte der junge Mann von der Vermittlung.
    Im Telefonbuch von Vicenza ist der
    Stützpunkt nicht verzeichnet, auch nicht unter NATO oder unter Vereinigte Staaten von Amerika. Aber unter Militärpolizei habe ich eine Nummer gefunden. Wenn Sie einen Augenblick warten, Commissario, stelle ich die Verbindung her.
    Wie merkwürdig, dachte Brunetti, daß eine Macht, die so präsent war, im Telefonbuch so gut wie unauffindbar sein sollte. Er lauschte den normalen Klickgeräuschen eines Ferngesprächs, hörte es am anderen Ende klingeln und dann eine männliche Stimme sagen: M.P.
    Station, kann ich Ihnen helfen, Sir oder Madam?
    Guten Tag , sagte Brunetti auf englisch. Hier spricht Commissario Guido Brunetti von der venezianischen Polizei. Ich hätte gern mit dem Mann gesprochen, dem bei Ihnen die Polizei untersteht.
    Darf ich fragen, in welcher Angelegenheit, Sir?
    In einer polizeilichen. Können Sie mich mit dem verbinden, der dafür zuständig ist?
    Einen Moment bitte, Sir.
    Es folgte eine lange Pause, in der man am anderen Ende gedämpfte Stimmen hörte, dann sagte eine neue Stimme: Hier ist Sergeant
    Frolich. Kann ich Ihnen helfen?
    Guten Tag, Sergeant. Hier ist Commissario Brunetti von der venezianischen Polizei. Ich möchte gern mit Ihrem vorgesetzten Offizier sprechen.
    Darf ich fragen, in welcher Angelegenheit, Sir?
    Wie ich Ihrem Kollegen schon erklärt habe, in einer polizeilichen , antwortete Brunetti in unverändertem Ton, und ich möchte mit Ihrem vorgesetzten Offizier sprechen. Wie lange würde er wohl noch weiter dieselbe Formel wiederholen müssen?
    Es tut mir leid, Sir, aber er ist im Augenblick nicht hier.
    Wann erwarten Sie ihn zurück?
    Das kann ich nicht sagen, Sir. Könnten Sie mir einen Anhalts-punkt geben, worum es geht?
    Um einen vermißten Soldaten.
    Entschuldigung, Sir?
    Ich wüßte gern, ob bei Ihnen ein Soldat vermißt gemeldet ist.
    Die Stimme wurde plötzlich ernst. Wer, sagten Sie, spricht da?
    Commissario Brunetti. Venezianische Polizei.
    Können Sie mir bitte Ihre Telefonnummer geben?
    Sie können mich bei der Questura in Venedig erreichen. Die Nummer ist 520 32 22, und die Vorwahl für Venedig ist 041, aber Sie wollen die Nummer wahrscheinlich im Telefonbuch nachprüfen.
    Ich warte auf Ihren Anruf. Brunetti. Er legte auf, überzeugt, daß sie nun die Nummer prüfen und ihn zurückrufen würden. Die Veränderung in der Stimme des Sergeants hatte Interesse angedeutet, nicht Beunruhigung, demnach gab es wahrscheinlich noch keine Vermiß-
    tenmeldung.
    Etwa zehn Minuten später klingelte das Telefon, und die Vermittlung sagte, es sei der amerikanische Stützpunkt in Vicenza.
    Bru-
    netti , meldete er sich.
    Commissario Brunetti , sagte wieder eine andere Stimme, hier spricht Captain Duncan von der Militärpolizei in Vicenza. Könnten Sie mir bitte sagen, was Sie wissen wollten?
    Ich möchte gern wissen, ob bei Ihnen ein Soldat vermißt gemeldet wurde. Ein junger Mann, etwa Mitte Zwanzig. Blond, blaue Augen.
    Er brauchte einen Moment, um die 1,75 Meter in Fuß und Zoll umzurechnen.
    Ungefähr fünf Fuß neun.
    Könnten Sie mir sagen, warum die venezianische Polizei das wissen möchte? Ist er bei Ihnen in Schwierigkeiten geraten?
    So könnte man es nennen, Captain. Wir haben heute morgen die Leiche eines jungen Mannes in einem Kanal gefunden. Er hatte eine Rückfahrkarte von Vicenza nach Venedig in der Tasche, und seine Kleidung und die zahntechnischen Arbeiten an seinem Gebiß sind amerikanisch, da haben wir an
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