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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel
Autoren: G.E. Lessing
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sich in dem Namen. – Das Geschlecht der Galotti ist groß. – Eine Galotti kann es sein: aber nicht Emilia Galotti; nicht Emilia!
    MARINELLI . Emilia – Emilia Galotti!
    DER PRINZ . So gibt es noch eine, die beide Namen führt. – Sie sagten ohnedem, eine gewisse Emilia Galotti – eine gewisse. Von der rechten könnte nur ein Narr so sprechen –
    MARINELLI . Sie sind außer sich, gnädiger Herr. – Kennen Sie denn diese Emilia?
    DER PRINZ . Ich habe zu fragen, Marinelli, nicht Er. – Emilia Galotti? Die Tochter des Obersten Galotti, bei Sabionetta?
    MARINELLI . Eben die.
    DER PRINZ . Die hier in Guastalla mit ihrer Mutter wohnet?
    MARINELLI . Eben die.
    DER PRINZ . Unfern der Kirche Allerheiligen?
    MARINELLI . Eben die.
    DER PRINZ . Mit einem Worte –
(Indem er nach dem Porträte springt und es dem Marinelli in die Hand gibt.)
Da! – Diese? Diese Emilia Galotti? – Sprich dein verdammtes »Eben die« noch einmal, und stoß mir den Dolch ins Herz!
    MARINELLI . Eben die.
    DER PRINZ . Henker! – Diese? – Diese Emilia Galotti wird heute – –
    MARINELLI . Gräfin Appiani! –
(Hier reißt der Prinz dem Marinelli das Bild wieder aus der Hand, und wirft es beiseite.)
[16] Die Trauung geschiehet in der Stille, auf dem Landgute des Vaters bei Sabionetta. Gegen Mittag fahren Mutter und Tochter, der Graf und vielleicht ein paar Freunde dahin ab.
    DER PRINZ
(der sich voll Verzweiflung in einen Stuhl wirft)
. So bin ich verloren! – So will ich nicht leben!
    MARINELLI . Aber was ist Ihnen, gnädiger Herr?
    DER PRINZ
(der gegen ihn wieder aufspringt)
. Verräter! – was mir ist? – Nun ja ich liebe sie; ich bete sie an. Mögt ihr es doch wissen! mögt ihr es doch längst gewusst haben, alle ihr, denen ich der tollen Orsina schimpfliche Fesseln lieber ewig tragen sollte! – Nur dass Sie, Marinelli, der Sie so oft mich Ihrer innigsten Freundschaft versicherten – O ein Fürst hat keinen Freund! kann keinen Freund haben! – dass Sie, Sie, so treulos, so hämisch mir bis auf diesen Augenblick die Gefahr verhehlen dürfen, die meiner Liebe drohte: wenn ich Ihnen jemals das vergebe, – so werde mir meiner Sünden keine vergeben!
    MARINELLI . Ich weiß kaum Worte zu finden, Prinz, – wenn Sie mich auch dazu kommen ließen – Ihnen mein Erstaunen zu bezeigen. – Sie lieben Emilia Galotti? – Schwur dann gegen Schwur: Wenn ich von dieser Liebe das Geringste gewusst, das Geringste vermutet habe; so möge weder Engel noch Heiliger von mir wissen! – Eben das wollt’ ich in die Seele der Orsina schwören. Ihr Verdacht schweift auf einer ganz andern Fährte.
    DER PRINZ . So verzeihen Sie mir, Marinelli; –
(indem er sich ihm in die Arme wirft)
und betaueren Sie mich.
    MARINELLI . Nun da, Prinz! Erkennen Sie da die Frucht Ihrer Zurückhaltung! – »Fürsten haben keinen Freund! können keinen Freund haben!« – Und die Ursache, wenn dem so ist? – Weil sie keinen haben wollen. – Heute beehren sie uns mit ihrem Vertrauen, teilen uns ihre geheimsten Wünsche mit, schließen uns ihre ganze Seele auf: und morgen sind wir ihnen wieder so fremd, als hätten sie nie ein Wort mit uns gewechselt.
    [17] DER PRINZ . Ach! Marinelli, wie konnt ich Ihnen vertrauen, was ich mir selbst kaum gestehen wollte?
    MARINELLI . Und also wohl noch weniger der Urheberin Ihrer Qual gestanden haben?
    DER PRINZ . Ihr? – Alle meine Mühe ist vergebens gewesen, sie ein zweites Mal zu sprechen. –
    MARINELLI . Und das erste Mal –
    DER PRINZ . Sprach ich sie – O, ich komme von Sinnen! Und ich soll Ihnen noch lange erzählen? – Sie sehen mich einen Raub der Wellen: was fragen Sie viel, wie ich es geworden? Retten Sie mich, wenn Sie können: und fragen Sie dann.
    MARINELLI . Retten? ist da viel zu retten? – Was Sie versäumt haben, gnädiger Herr, der Emilia Galotti zu bekennen, das bekennen Sie nun der Gräfin Appiani. Waren, die man aus der ersten Hand nicht haben kann, kauft man aus der zweiten: – und solche Waren nicht selten aus der zweiten um so viel wohlfeiler.
    DER PRINZ . Ernsthaft, Marinelli, ernsthaft, oder –
    MARINELLI . Freilich, auch um so viel schlechter – –
    DER PRINZ . Sie werden unverschämt!
    MARINELLI . Und dazu will der Graf damit aus dem Lande. – Ja, so müsste man auf etwas anders denken. –
    DER PRINZ . Und auf was? – Liebster, bester Marinelli, denken Sie für mich. Was würden Sie tun, wenn Sie an meiner Stelle wären?
    MARINELLI . Vor allen Dingen, eine Kleinigkeit als eine Kleinigkeit
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