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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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ho­len Sie. Hier ist un­se­re Num­mer.«
    »Habt ihr kei­ne
Bern­har­di­ner mehr mit Schnaps­fläsch­chen um den Hals?«
    »Nein. Der Ko­gnak
ist zu teu­er, und die Hun­de wur­den zu schlau. Sie tran­ken den Schnaps selbst.
Da­für ha­ben wir jetzt Och­sen. Ge­sun­de Och­sen zum Ab­schlep­pen.«
    Der Jun­ge hielt mit
blin­ken­den Bril­lenglä­sern Cler­fa­yts Blick stand. »Du hast mir heu­te noch
ge­fehlt«, sag­te der schließ­lich. »Ein Al­pen­schlau­ber­ger auf zwölf­hun­dert Me­ter
Hö­he! Heißt du viel­leicht auch noch Pesta­loz­zi oder La­va­ter?«
    »Nein. Gö­ring.«
    »Was?«
    »Gö­ring.« Der Jun­ge
zeig­te ein Ge­biss, in dem ein Vor­der­zahn fehl­te. »Aber Hu­bert mit Vor­na­men.«
    »Ver­wandt mit
dem ...«
    »Nein«, un­ter­brach
Hu­bert. »Wir sind Bas­ler Gö­rings. Wenn ich zu den an­dern ge­hör­te, brauch­te ich
hier nicht Ben­zin zu zap­fen. Dann krieg­ten wir ei­ne di­cke Pen­si­on.«
    Cler­fa­yt schwieg
einen Au­gen­blick. »Ein son­der­ba­rer Tag«, sag­te er dann. »Wer hät­te das
er­war­tet? Al­les Gu­te, mein Sohn, für dein wei­te­res Le­ben. Du warst ei­ne
Über­ra­schung.«
    »Sie nicht. Sie
sind Renn­fah­rer, nicht wahr?«
    »Warum?«
    Hu­bert Gö­ring
zeig­te auf ei­ne fast ab­ge­wa­sche­ne Num­mer un­ter dem Dreck auf der Küh­ler­hau­be.
    »Ein De­tek­tiv bist
du auch noch?« Cler­fa­yt stieg in den Wa­gen. »Viel­leicht soll­te man dich doch
lie­ber bald ein­sper­ren, um die Mensch­heit vor ei­nem neu­en Un­glück zu be­wah­ren.
Wenn du erst Mi­nis­ter­prä­si­dent bist, ist es zu spät.«
    Er ließ den Mo­tor
an. »Sie ha­ben ver­ges­sen zu be­zah­len«, er­klär­te Hu­bert. »Zwei­und­vier­zig
Fränk­li.«
    Cler­fa­yt gab ihm
das Geld. »Fränk­li!« sag­te er. »Das be­ru­higt mich wie­der, Hu­bert. Ein Land, in
dem das Geld einen Ko­sen­a­men hat, wird nie ei­ne Dik­ta­tur.«
    Ei­ne Stun­de spä­ter saß
der Wa­gen fest. Ein paar Schnee­bret­ter wa­ren am Hang ab­ge­bro­chen und hat­ten die
Stre­cke ver­schüt­tet. Cler­fa­yt hät­te um­dre­hen und wie­der hin­un­ter­fah­ren kön­nen;
aber er hat­te kei­ne Lust, dem Fisch­blick Hu­bert Gö­rings so rasch wie­der zu
be­geg­nen. Au­ßer­dem kehr­te er nicht ger­ne um. So blieb er ge­dul­dig in sei­nem
Wa­gen sit­zen, rauch­te Zi­ga­ret­ten, trank Ko­gnak, horch­te auf das Ge­schrei der
Krä­hen und war­te­te auf Gott.
    Gott er­schi­en nach
ei­ni­ger Zeit in Ge­stalt ei­nes klei­nen Schnee­pflu­ges. Cler­fa­yt teil­te den Rest
sei­nes Ko­gnaks mit dem Füh­rer. Dann fuhr der Mann vor und be­gann mit sei­ner
Ma­schi­ne den Schnee auf­zu­wir­beln und zur Sei­te zu wer­fen. Es sah aus, als
zer­sä­ge er einen rie­si­gen, wei­ßen, ge­fal­le­nen Baum zu ei­nem strah­len­den Zir­kel
von Spä­nen, die in der schrä­gen Son­ne al­le Far­ben des Re­gen­bo­gens zeig­ten.
Zwei­hun­dert Me­ter wei­ter war die Stra­ße wie­der frei. Der Schnee­pflug wich zur
Sei­te, und der Wa­gen Cler­fa­yts glitt an ihm vor­bei. Der Füh­rer wink­te ihm nach.
Er trug, eben­so wie Hu­bert, einen ro­ten Swea­ter und ei­ne Bril­le. Cler­fa­yt hat­te
sich des­halb mit ihm in kei­ne an­de­re Un­ter­hal­tung ein­ge­las­sen als in die
si­che­re über Schnee und Schnaps; ein zwei­ter Gö­ring am sel­ben Ta­ge wä­re et­was
zu viel ge­we­sen.
    Hu­bert hat­te
ge­schwin­delt; der Paß war oben nicht ge­sperrt. Der Wa­gen zog jetzt rasch der
Hö­he zu, und plötz­lich lag tief un­ten das Tal vor Cler­fa­yt, blau und weich in
der frü­hen Däm­me­rung, und dar­in ver­streut, wie in ei­ner Spiel­zeug­schach­tel, das
Dorf mit wei­ßen Dä­chern, ei­nem schie­fen Kirch­turm, Eisplät­zen, ein paar Ho­tels,
und den ers­ten Lich­tern in den Häu­sern. Er hielt den Wa­gen einen Au­gen­blick an
und sah hin­un­ter. Dann fuhr er lang­sam die Kur­ven hin­ab. Ir­gend­wo da un­ten in
ei­nem Sa­na­to­ri­um muß­te Holl­mann hau­sen, sein Bei­fah­rer, der vor ei­nem Jahr
krank ge­wor­den war. Der Arzt hat­te Tu­ber­ku­lo­se fest­ge­stellt, und Holl­mann hat­te
dar­über ge­lacht – so et­was gab es doch nicht mehr im Zeit­al­ter der
An­ti­bio­ti­ka und der Wun­der­pil­ze, und wenn es das noch gab, dann be­kam
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