Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
Autoren: Jana Paradigi
Vom Netzwerk:
sich ungerührt weiter seinen Weg. Am Ende des Ackers erreichte er die Hauptstraße und wandte sich nach Nordosten. Sein Ziel, das Schloss des Elfenkönigs, ragte golden am Horizont auf, so hoch, dass seine Spitze den Himmel zu berühren schien. Ein gigantischer Stufenbau, der Stockwerk für Stockwerk auf seinen Terrassen eigene kleine Welten beherbergte.
    Davor, als natürlicher Schutzwall und magische Kraftquelle, wälzte sich der Ganges durch das blühende Land. Auf der Elfenseite war der Fluss ein lebendiger, glasklarer Strom – ganz im Gegensatz zu seinem schlammigen gelbbraunen Abbild in der Menschenwelt.
    Je näher der Getreue dem Schloss kam, desto mehr Wesen schreckte er aus ihrem verträumten Dasein. Hunderte Augenpaare verfolgten seinem Marsch – furchtsam, verwundert oder amüsiert. In Jangala lebten alle Wesen in Eintracht mit den hoheitlichen Elfen dieses Ortes; von der Ameise über die heilige Kuh bis hin zu Swamis, Propheten und Göttern. Die göttlichen Devas und dämonischen Asuras hielten in ihren immerwährenden Kämpfen inne, um den Fremden zu betrachten und seine Bedeutung für ihr jeweiliges Schicksal abzuschätzen. Wolkendrachen hefteten sich an seine Fersen und spien Schneekristalle.
    Doch statt sie mit einem einzigen eisigen Gedanken auf die Erde stürzen zu lassen, hielt sich der Getreue zurück. Trotz des inneren Aufruhrs versuchte er seine Aura einzuschrumpfen und gleichzeitig die frostigen Flocken von Nadja fernzuhalten. Ihr und dem in ihr heranwachsenden Leben durfte nichts geschehen.
    »Wer bist du? Was ist dein Begehr?«, rief eine der Wachen am Fuß der Brücke, die über den Ganges direkt in das Schloss führte. Der hochgewachsene Elf trug eine Uniform, die in ihrem Prunk an ein Festgewand erinnerte. Gehrock und Stiefel schimmerten in bescheidenem Braun, doch Schärpe, Schulterklappen und Zierband über der Brust schienen aus purem Gold gewebt zu sein, ebenso der eng anliegende Seidenturban mit seinem fächerförmigen Aufsatz.
    Der Getreue holte aus, um ihn mit einem einzigen Wisch in den Fluss zu schleudern, besann sich aber im letzten Moment. Ein paar Schritte entfernt blieb er stehen und rief grollend: »Ich bin ein Gesandter aus den westlichen Reichen. Mein Anliegen ist von höchster Wichtigkeit. Denn nicht weniger als ein Leben steht auf dem Spiel.«
    Die Augen des Wachpostens wurden groß. Sein Blick senkte sich auf die Frau in seinen Armen. Er öffnete den Mund, doch heraus kam nur ein heiseres Flüstern. »Ist deine Begleiterin … tot?«
    Tot. Noch vor einem Jahr hatte dieses Wort in der Anderswelt kaum eine Bedeutung gehabt. Tot war nur ein Zustand gewesen, ein Reiseabschnitt auf dem ewigen Pfad der Unsterblichkeit. Mit dem Einzug der Zeit hatte sich das geändert. Mittlerweile erfüllte dieses kleine Wort auch die dortigen Wesen mit einem nie gekannten Gefühl: Existenzangst.
    Der Getreue roch die bittere Marke dieses Grauens überall. Die Pfirsichbäume am Flussufer verloren bereits ihre Blätter. Mit verwelkten Blüten und die Früchte verfault, standen sie Spalier. Ein Zeichen, dass auch in Jangala die Zeit eingekehrt war. Das Sterben hatte begonnen.
    »Bringt mich zu eurem König, sofort. Sagt ihm, ich fordere ein, was er mir schuldet.«
    Die Wache zuckte wie vom Blitz getroffen zusammen, nickte dann und eilte voraus.

3 Geist aus der Vergangenheit
    Los, aufstehen, du Faulpelz!«, verlangte Anne. »Es wird Zeit für ein bisschen Training. Sonst siehst du nach der Recherchereise wieder so abgewrackt aus wie damals in York, bei unserem ersten Zusammentreffen.« Sie stemmte die Hände auf die Hüften und funkelte Robert an.
    »Offenbar hat dich das damals wie heute nicht davon abgehalten, mich nach allen Regeln der Kunst zu verführen«, sagte der verschmitzt, wälzte sich an den Bettrand und setzte sich auf. Die Uhr auf dem LCD-Fernseher des Hotelzimmers zeigte kurz nach neun. Zu früh für einen Sonntagmorgen, besonders, da er und Anne am Abend zum wiederholten Mal in einer der hiesigen Kneipen ausgiebig gefeiert hatten. Das slowakische Bier schmeckte süffig, die verschiedenen Kräuterschnäpse hatten es wahrhaft in sich, und das Tollste war: In den Wirtsräumen durfte geraucht werden.
    Allerdings schüttelte sich Robert, als ihm der alte Zigarettenmief beim Durchwuscheln seiner Haare wieder in die Nase stieg. Wie so oft lagen Freud und Leid eben dicht beieinander. Im Gegensatz zu Robert verströmte Anne die vertraute Geruchsmischung aus Sandelholz und Sex. Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher