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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Autoren: Nicci French
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diesmal in den Magen. Erst dachte sie: Warum werde ich geschlagen? Dann aber rief sie sich ganz gelassen ins Gedächtnis, dass sie gelesen hatte, Messerstiche würden sich gar nicht wie Stiche anfühlen – nicht scharf, sondern stumpf, als schlüge eine Faust mit einem Boxhandschuh auf einen ein. Frieda riss abwehrend die Hände hoch, doch der nächste Schlag traf ihr Bein, und plötzlich fühlte sich alles feucht und warm an. Obwohl Frieda wusste, dass sie nun nicht mehr stehen konnte, stürzte sie nicht zu Boden, sondern blieb, wo sie war, während ihr der Boden entgegenkam. Sie lag mit dem Gesicht nach unten. Sie konnte die groben Teppichfäden an den Lippen spüren und fühlte sich plötzlich so müde, dass sie nur noch schlafen wollte. Gleichzeitig ging ihr durch den Kopf, dass man eine solch bleierne Müdigkeit empfand, wenn man starb, und dass sie nicht sterben durfte. Deshalb gab sie sich fürchterliche Mühe, sich aufzusetzen.
    Sie erkannte ein Gesicht, das Gesicht eines Mädchens. Sie hatte Beth gefunden. Nein, Beth hatte sie gefunden. Das Ganze schien in weiter Ferne zu passieren, wie in einem Traum. Nachdem erst alles so langsam abgelaufen war, ging plötzlich alles ganz schnell. Empfindungen, Geräusche und Bewegungen prasselten in schneller Abfolge auf sie ein. Sie spürte Bewegung, als würde sie selbst sich bewegen, und dann verlangsamte sich alles wieder. Es wurde dunkel und dabei erst sehr warm und dann sehr kalt. Sie spürte, wie ihr Kopf nach hinten fiel. Plötzlich fing ihr Bein zu schmerzen an. Es tat richtig weh, so dass sie aufschrie. Einen Moment hatte sie das Gefühl, etwas oder jemanden zu sehen, aber es war zu anstrengend, genau hinzuschauen. Langsam ließ der Schmerz nach, und sie sank dankbar in einen tiefen Schlaf.

52
    E s war nicht wie Aufwachen. Dazu fühlte es sich zu ungleichmäßig, zu schmerzhaft und zu chaotisch an. Sie erwachte in Bruchstücken und sah einzelne Bilder aufblitzen: eine schmutzige weiße Zimmerdecke, Gesichter, die sich über sie beugten, Gesichter, die Dinge zu ihr sagten, die sie nicht verstand. Sie nahm Seifengeruch und Nässe an ihrem Körper wahr, hatte gelegentlich das Gefühl, umgedreht zu werden, und hörte Gemurmel. Da waren Gesichter, die sie erkannte: Sandy, Sasha, Josef, Reuben, Jack, Karlsson, Olivia, Chloë, sogar Yvette. Manche von ihnen weinten, andere lächelten. Sie kamen nah an sie heran und berührten sie an der Schulter oder im Gesicht, aber sie konnte ihnen nicht sagen, dass sie wusste, dass sie da waren. Sie sprachen mit ihr, und sie sprachen im Flüsterton über sie. Josef sang ihr ukrainische Wiegenlieder vor und musste dabei immer wieder schluchzen. Sasha las Gedichte. Draußen auf dem Gang hörte sie Chloë jemanden anschreien. Ihre Stimme war vor Wut ganz heiser. Frieda hätte ihrer wütenden, linkischen Nichte so gern gesagt, dass das alles doch gar nicht so wichtig sei, doch sie konnte die Lippen nicht bewegen. Ein Teil von ihr fand die Situation sogar lustig: die Frieda-Klein-Wiedervereinigungsfeier. Sie konnte sich nicht umdrehen. Manchmal hatte sie das Gefühl zu ersticken. Die meiste Zeit schlief sie.
    Eines Tages sagte dann eine Stimme zu ihr: »Frieda, können Sie mich hören? Wenn ja, dann blinzeln Sie bitte.« Sie blinzelte. »Ich zähle jetzt bis drei, dann ziehen wir den Schlauch heraus, und Sie sollten husten und atmen. Los geht’s: eins, zwei, drei!«
    Frieda hatte das Gefühl, als würde durch ihren Mund ihr Innerstes nach außen gekehrt – als müsste sie gleich alle ihre Innereien erbrechen. Sie fing zu husten an und konnte gar nicht mehr aufhören.
    »Braves Mädchen«, sagte die Stimme.
    »Ich bin kein Mädchen«, widersprach Frieda heiser und wollte eigentlich noch hinzufügen, dass sie auch nicht brav sei, fand es dann aber doch nicht der Mühe wert. Es folgte eine weitere Phase des Schlafens mit gelegentlich aufblitzenden Bildern. War das Sasha, die da neben dem Bett saß und ein Buch las?
    Da war sie schon wieder, eine Hand auf der ihren, den Blick auf ihr Gesicht gerichtet. Dieses Mal fragte sie mit ihrer leisen, freundlichen Stimme: »Kannst du mich hören, Frieda?«
    Sasha verstand ihre Antwort nicht. Sie beugte sich immer tiefer über Frieda, bis diese ihr direkt ins Ohr flüsterte: »Wasser.«
    Sasha hob ganz sanft Friedas Kopf ein wenig an und hielt ihr das Glas an die Lippen. Das Wasser schmeckte warm und abgestanden, aber trotzdem köstlich.
    »Frieda? Morgen kommt der Arzt. Falls du dich dem schon
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