Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einstein, Orpheus und andere

Einstein, Orpheus und andere

Titel: Einstein, Orpheus und andere
Autoren: Samuel R. Delany
Vom Netzwerk:
eher so: Heb den Fuß hoch, beug dich nach vorn, setz ihn nieder. Gut. Und jetzt, heb den anderen hoch, beug dich vor …
    Etwa hundert Meter vor mir bemerkte ich plötzlich ein zweites Licht, etwas Großes drang plötzlich in das Licht ein. Dann verschwand es wieder.
    Trapp! Trapp! Trapp!
    Schnauben!
    Dann Getrappel!
    Ich warf mich gegen die Wand, preßte mein Gesicht in Erde und Wurzeln.
    Aber das Geräusch entfernte sich.
    Ich schluckte die ganze Bitterkeit, die mir in die Kehle gestiegen war, und trat von der Wand zurück.
    Mit schnellen Schritten, die sich in ein langsames Laufen verwandelten, folgte ich ihm unter den bröckeligen Wölbungen.
    Ich hörte ihn jetzt von rechts.
    Also wendete ich mich nach rechts in einen abschüssigen Gang, der so niedrig war, daß ich hören konnte, wie vor mir seine Hörner die Decke entlangschleiften. Steine und Schiefer und alte Flechten rieselten auf seine ungeschlachten Schultern und dann zu Boden.
    Die Rinne am Rande des Tunnels hatte fluoreszierenden Schleim die Steine hinaufwachsen lassen. Das Tropfen wurde zu einem Bach, als der Gang steiler wurde, bis das schäumende Licht mich von links jagte.
    Einmal muß er mit seinen Hufen über eine Metallplatte im Boden getrampelt sein, denn ein Halbdutzend Schritte lang blitzten orangefarbene Funken, wenn er auftrat, und beleuchteten ihn bis zur Hüfte.
    Er war nur noch dreißig Meter vor mir.
    Wieder Funken, als er um die Ecke bog.
    Ich fühlte Fels unter den Fußsohlen, dann kaltes, glattes Metall. Ich kam an Blättern vorbei – hergeweht von welchem Wind? –, die seine Hufe entzündet hatten. Sie wanden sich unter Feuerwürmern, glühten zu meinen Füßen. Und einen Augenblick lang war die Dunkelheit voller Herbst.
    Ich erreichte die Ecke, bog ab.
    Brüllend stand er mir gegenüber.
    Sein Fuß hieb einen Meter vor meinem Fuß den Boden, es war so nahe, daß die Funken seine entzündeten Augen, seine feuchtglatten Nüstern erhellten.
    Seine Hand schob sich zwischen seine Augen und mich, ich fiel, rollte mich rückwärts, griff nach meiner Machete.
    Seine Handfläche – flach diesmal, Hawk! – dröhnte gegen die Metallplatte, auf der ich gestanden hatte. Dann fiel sie wieder auf die Stelle zu, an der ich mich befand.
    Ich lag auf dem Rücken, den Griff der Machete auf den Boden gestützt, die Klinge nach oben.
    Er riß mich vom Boden hoch, an seine Handfläche gepfählt, und ich wurde entsetzlich geschleudert (ich hielt mich, schreiend, mit Händen und Füßen an der Machete fest).
    Auch er schrie, stieß mit dem Kopf gegen die Decke, alles Mögliche fiel herunter. Aus zwanzig Fuß schüttelte er mich ab. Die Klinge kam heraus, meine Flöte füllte sich mit seinem Blut, und ich prallte gegen eine Wand und rollte zu Boden.
    Seine rechte Schulter krachte gegen die rechte Wand. Er taumelte. Die linke Schulter krachte gegen die linke Wand. Sein Schatten, der über die triefende Decke zuckte, war riesig.
    Er stürzte auf mich zu, als ich auf den Knien über viele verwitterte Steine kroch, wieder auf die Füße sprang (irgendwas war auch bei mir verstaucht), und versuchte, ihn anzusehen, während er zwischen den Schritten bewußtlos zu werden schien.
    Neben mir in der Wand war ein Gitter, etwa einen Meter hoch, die Stäbe schief eingesetzt. Es war vielleicht ein Abfluß. Ich fiel hindurch und stürzte etwa anderthalb Meter auf abschüssigen Grund.
    Über mir war es pechfinster, und eine Hand grapschte und grapschte in der Dunkelheit herum. Ich konnte sie gegen die Wand kratzen hören. Ich stieß nach oben, meine Klinge traf auf etwas Bewegliches.
    Roaaaaa …
    Der Laut kam gedämpft durch die Steine. Aber auf meiner Seite kam die scharfe Erwiderung seiner Handfläche, als er zuzuschlagen begann.
    Ich hechtete nach vorn. Der Boden wurde steiler, und plötzlich schlitterte ich sehr schnell ein großes Stück abwärts und wurde dabei noch mehr zerschunden. Ich prallte hart gegen Rohre.
    Mit geschlossenen Augen lag ich da, die Spitze der Armbrust drückte unangenehm gegen meine Schulter, der Machetengriff biß mir zwischen dem Gitter und meiner Hüfte ins Fleisch. Dann wurden die schmerzenden Stellen taub.
    Wenn du dich wirklich mit geschlossenen Augen entspannst, werden die Lider langsam aufgezogen. Als ich mich endlich entspannte, füllte Licht meine Augen, von unten nach oben, wie Milch, die man in Schalen gießt.
    Licht? Ich zwinkerte.
    Graues Licht jenseits des Gitters, grau, wie es das Sonnenlicht wird, wen es um viele Ecken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher