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Eines Greifen Ei

Eines Greifen Ei

Titel: Eines Greifen Ei
Autoren: Michael Swanwick
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ragten undeutlich im Zentrum seines Scheins auf, vergrößert wie durch eine Fischaugenlinse betrachtet. Er schaltete es aus und wartete, bis seine Augen sich angepaßt hatten.
    Nach einer Weile konnte er die Werker sehen, schlank wie Geister, mit unirdisch anmutigen Bewegungen. Die chromosphärische Eruption hatte sie aktiviert. Sie schwankten wie Schilfgras, nicht ganz im Gleichtakt. Arme hoben sich; sie tanzten im Rhythmus einer zufälligen Eingabe.
    Auf den Montagebändern lagen die Reste von halbfertigen Robotern, die wie gehäutet und ausgeweidet aussahen. Ihr kunstvolles Gewirk von kupfernen und silbernen Nerven war dem Blick ausgesetzt, und es war willkürlich an ihnen herumgepfuscht worden. Ein langer Arm stieß nach unten, mit elektrischen Funken in den Spitzen, und ließ einen Metalltorso zucken.
    Es waren blinde Maschinen, die meisten von ihnen, mächtige Automaten, auf Montagebahnen in entsprechender Reihenfolge an den Boden genietet. Doch es gab auch bewegliche Mechanismen, Aufseher und Alleskönner, die trunken und mit sonnenirren Augen durch die Fabrik torkelten.
    Eine plötzliche Bewegung ließ Gunther gerade noch rechtzeitig herumwirbeln, so daß er sah, wie ein metallener Rammbolzen auf ihn zusauste, ein gewaltig starker Arm herabknallte und ein Loch in den Boden neben seinen Füßen schlug. Er spürte die Erschütterung durch die Fußsohlen.
    Er machte ein paar tänzelnde Schritte zurück. Die Maschine folgte ihm, wobei der diamantenbesetzte Rammbolzen nervös aus seiner Umhüllung herausglitt und sich wieder zurückzog und seine Bewegungen so zitternd und zierlich waren wie die eines neugeborenen Fohlen.
    »Sachte, Baby«, flüsterte Gunther. Am anderen Ende der Fabrik deuteten grüne Pfeile, als Supergraffiti auf der Kraterwand angebracht, zu einer Eisentür. Der Bunker. Gunther wich dem Rammbolzen aus, indem er sich in den Versorgungsgang zwischen den beiden Maschinenreihen zwängte, die wie Gras im Wind wogten. Der Rammbolzen schob sich auf seiner Walze nach vorn. Dann hielt er inne, verwirrt durch dieses Bewegungsfeld, und betrachtete zögernd die Reihen der Roboter. Gunther erstarrte.
    Endlich wandte sich der metallene Rammbolzen langsam, schwerfällig ab.
    Gunther rannte los. Statisches Knistern dröhnte in seinem Kopf. Graue Schatten schwammen zwischen den entfernten Maschinen wie Haie, kamen manchmal näher, zogen sich manchmal zurück. Die Störgeräusche wurden lauter. Auf dem gesamten Gelände der Fabrik blitzten Schweißfunken an den Spitzen von Werkern auf, winzigen Sternen gleich. Geduckt, rennend und sich nach allen Seiten drehend erreichte er schließlich den Bunker und streckte die Hand nach der Tür mit der Luftschleuse aus. Selbst durch den Handschuh fühlte sich der Knauf kalt an.
    Er drehte ihn um.
    Die Luftschleuse war klein und rund. Er quetschte sich durch die Tür und paßte sich dem Innenraum an, indem er sich so klein wie möglich machte. Er knallte die Tür zu.
    Dunkelheit.
    Er schaltete die Lampe seines Helms wieder an. Der reflektierte Schein stach ihm in die Augen, viel zu grell für einen derartig begrenzten Bereich. Mit bis zum Kinn angewinkelten Knien, um sich der Rundimg der geschlossenen Schleuse anzupassen, empfand er eine eigentümliche Kameradschaft mit Siegfried, der im Wagen zurückgeblieben war.
    Der innere Schließmechanismus war die Einfachheit schlechthin. Die Scharniere der Tür gingen nach innen, so daß der Luftdruck sie geschlossen hielt. Es gab einen Reißriegel, der, wenn er gezogen wurde, Sauerstoff in die Luftschleuse einließ. Wenn der Druck ausgeglichen war, ließ sich die innere Tür leicht öffnen. Er riß an dem Riegel.
    Der Boden erbebte, als etwas Schweres auf ihn einwirkte.

    DER BUNKER WAR KLEIN, gerade groß genug, daß ein Feldbett, eine chemische Toilette und ein Beatmungsgerät mit Ersatzsauerstofftanks darin Platz hatten. Ein einziges an der Decke angebrachtes Gerät lieferte Licht und Wärme. Als Komfortausstattung gab es eine Decke. Zur Unterhaltung lagen Taschenbuchausgaben der Bibel und des Korans herum, an diesem Ort zur Verfügung gestellt von unglaublich weit entfernten missionarischen Gesellschaften. Selbst unbewohnt war der Bunker sehr eng.
    Er war nicht unbewohnt.
    Eine Frau, die die Stirn runzelte und schützend eine Hand hochhielt, blinzelte in die Lampe seines Helms. »Schalten Sie das Ding aus«, sagte sie.
    Er gehorchte. In der anschließenden sanften Beleuchtung sah er: den Stoppelschnitt der lichtweißen Haare,
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