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Eine Studie in Scharlachrot

Eine Studie in Scharlachrot

Titel: Eine Studie in Scharlachrot
Autoren: Arthur Conan Doyle
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geben.«
    Seine Augen leuchteten hell, als er das sagte, und er legte die Hand aufsein Herz und verneigte sich, wie vor einer applaudierenden Menge, die seine Phantasie heraufbeschworen hatte.
    »Man muß Ihnen gratulieren«, bemerkte ich, sehr überrascht über seine Begeisterung.
    »Da war letztes Jahr der Fall Von Bischoff, in Frankfurt. Man hätte ihn sicherlich gehängt, wenn es diese Methode gegeben hätte. Dann gab es Mason aus Bradford, und den berüchtigten Muller, und Lefevre aus Montpellier, und Samson aus New Orleans. Ich könnte Ihnen Dutzende von Fällen aufzählen, bei denen diese Probe entscheidend gewesen wäre.«
    »Sie scheinen ein wandelnder Kriminalkalender zu sein«, sagte Stamford lachend. »Sie sollten eine Zeitschrift zu diesem Thema herausgeben. Nennen Sie sie ›Neueste Polizeiberichte von gestern‹.«
    »Und das könnte eine sehr interessante Lektüre werden«, bemerkte Sherlock Holmes. Er klebte ein winziges Pflaster über die Stichwunde in seinem Finger. »Ich muß vorsichtig sein«, ergänzte er, wobei er mir zulächelte, »weil ich nämlich häufig mit Giften hantiere.« Dabei streckte er seine Hand aus, und ich sah, daß sie überall von ähnlichen Pflästerchen gescheckt und durch starke Säuren verfärbt war.
    »Wir sind mit einem Anliegen gekommen«, sagte Stamford. Er setzte sich auf einen hohen, dreibeinigen Schemel und schob mir einen weiteren mit dem Fuß zu. »Mein Freund hier sucht einen Unterschlupf, und weil Sie sich beklagt haben, daß keiner mit Ihnen eine Wohnung teilen will, habe ich mir gedacht, daß ich Sie beide am besten zusammenbringe.«
    Sherlock Holmes schien erfreut über die Idee zu sein, seine Räume mit mir zu teilen. »Ich habe ein Auge auf ein Appartement in der Baker Street geworfen«, sagte er, »das genau das Richtige für uns wäre. Sie haben hoffentlich nichts gegen den Geruch von starkem Tabak?«
    »Ich rauche selbst Navytabak«, antwortete ich.
    »Sehr gut. Außerdem habe ich normalerweise Chemikalien bei mir und mache manchmal Experimente. Würde Sie das stören?«
    »Absolut nicht.«
    »Mal sehen – was habe ich noch an Unzulänglichkeiten? Manchmal, da blase ich Trübsal und mache tagelang den Mund nicht auf. Sie dürfen dann nicht meinen, ich wäre verärgert. Lassen Sie mich in Frieden, und ich bin bald wieder in Ordnung. Na, und was haben Sie zu beichten? Ich finde, zwei Leute sollten das Schlimmste voneinander wissen, bevor sie anfangen, zusammen zu leben.«
    Ich lachte über dieses Kreuzverhör. »Ich habe eine junge Bulldogge«, sagte ich, »und ich habe etwas gegen Lärm, weil meine Nerven zerrüttet sind, und ich stehe zu allen möglichen gottlosen Zeiten auf, und ich bin äußerst träge. Wenn es mir gut geht, habe ich noch eine ganze Reihe von Lastern, aber das sind die wichtigsten, im Augenblick.«
    »Fällt Geigespielen für Sie in die Kategorie Lärm?« erkundigt er sich besorgt.
    »Das hängt vom Spieler ab«, antwortete ich. »Eine gut gespielte Geige ist ein Geschenk für die Götter – eine schlecht gespielte …«
    »Oh, dann ist es gut«, rief er mit einem fröhlichen Lachen. »Ich glaube, wir können die Sache als abgemacht betrachten – das heißt, wenn Ihnen die Zimmer gefallen.«
    »Wann können wir sie ansehen?«
    »Kommen Sie morgen gegen Mittag hierher zu mir, und dann gehen wir zusammen dorthin und regeln alles«, erwiderte er.
    »In Ordnung – Punkt Mittag«, sagte ich. Ich schüttelte ihm die Hand.
    Wir ließen ihn mit seinen Chemikalien zurück und gingen zusammen in Richtung meiner Pension.
    »Sagen Sie mal«, fragte ich plötzlich, wobei ich stehenblieb und mich Stamford zuwandte, »woher zum Teufel wußte er, daß ich aus Afghanistan gekommen bin?«
    Mein Begleiter lächelte rätselhaft. »Das ist eben seine kleine Besonderheit«, sagte er. »Viele Leute wollten schon wissen, wie er Dinge herausfindet.«
    »Aha, das ist also ein Rätsel?« rief ich und rieb mir die Hände. »Das ist sehr aufregend. Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie uns zusammengebracht haben. Sie wissen ja: ›Das wahre Forschungsgebiet 8 des Menschen ist der Mensch‹.«
    »Dann erforschen Sie ihn«, sagte Stamford, als er sich von mir verabschiedete. »Aber Sie werden feststellen, daß er ein verwickeltes Problem ist. Ich wette, er findet mehr über Sie heraus als Sie über ihn. Goodbye.«
    »Goodbye«, gab ich zurück und schlenderte zu meiner Pension. Ich war von meinem neuen Bekannten ungemein gefesselt.
2. Die Wissenschaft der
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