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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück
Autoren: Katherine Center
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Andenkenschachtel auf.
    Meine Schwester und ich standen uns nahe, auch wenn wir nicht unbedingt beste Freundinnen waren – denn eine beste Freundin sucht man sich aus. Eine beste Freundin ist normalerweise etwas Vorläufiges, bis sie wegzieht, befördert wird und zu viel arbeitet oder man sich einfach auseinanderlebt. Bei Freundinnen muss man die Nummer griffbereit haben, man arbeitet im selben Büro oder lebt in derselben Stadt. Bei Schwestern ist das alles egal. Und letztlich war das mein Glück.
    Damit möchte ich nicht sagen, dass meine Schwester mich nicht in den Wahnsinn trieb. Absolut! Obwohl wir sämtliche Texte von jedem einzelnen Lied aus The Music Man auswendig kannten, eine seltsame Vorliebe für Heißluftballons hatten und für dieselben Schauspieler schwärm ten, waren wir einander weniger ähnlich, als der äußere Schein vermuten ließ. Ich kam immer zu spät, sie war stets pünktlich. Sie war eine Ordentlichkeitsfanatikerin, ich total schlampig. Sie mochte Koriander, ich fand ihn schrecklich. Und selbstverständlich geschah es bei je der unserer Auseinandersetzungen, dass wir binnen zehn Sekunden vom Streiten zum Schreien übergingen – die Schnellkasse nach einem Leben voller Streitereien und Aussöhnungen.
    Doch ich spürte eine Verbindung mit ihr wie mit sonst niemandem auf der Welt. Vielleicht ist das bei allen Schwestern so, das weiß ich nicht. Wenn ihr etwas Gutes widerfuhr, fühlte es sich ein bisschen so an, als würde es auch mir widerfahren – und ebenso bei schlechten Dingen. Und genau deshalb wollte ich nicht, dass sie so tat, als ginge es ihr gut damit, ihren Kinderwunsch aufzugeben. Ich wusste, dass es ihr nicht gut damit ging, weil es mir ganz bestimmt nicht gut damit ging, und ich wollte wenigstens, dass es uns gemeinsam nicht gut da mit ging.
    Tja, im Wagen fing ich also versehentlich an, mit Mackie zu streiten. Das hätte ich niemals zulassen dürfen. Wäre ich nicht verkatert gewesen, arbeitslos, reisekrank und kürzlich um Jahre gealtert, hätte ich es nicht getan. Doch das war so ein Augenblick, in dem ich mich über sie ärgerte, als hätte sie eine Riesenentscheidung getroffen, die auch Auswirkungen auf mein Leben hatte, ohne mit mir darüber zu reden. Was sie irgendwie auch getan hatte. Ein ganz kleines bisschen.
    In diesem Augenblick, den ich am liebsten zurücknehmen würde, sagte ich nach einer Pause: »Ich glaub einfach nicht, dass du aufgibst.«
    Sie seufzte. »Tja«, sagte sie, »kannst es ruhig glauben.«
    »Du hast schon in der sechsten Klasse die Namen deiner Kinder ausgesucht«, sagte ich.
    »Das machen alle Mädchen.«
    »Ich hab es nie gemacht.«
    »Nein«, sagte sie, »bei dir waren es die Namen für deine Haustiere.«
    Richtig. Das hatte ich ganz vergessen. Schon komisch, dass ich jetzt gar kein Haustier besaß.
    »Sieh mal«, sagte sie. »Es wird nicht passieren. Es ist an der Zeit, das zu akzeptieren.«
    Ich weiß nicht, was ich zu erreichen glaubte. Es konnte nicht gut ausgehen. Doch ich wollte einfach, dass sie be kam, was sie sich wünschte. Ich hatte das Gefühl, als könnte ich nicht glücklich sein, wenn sie nicht glücklich war. Und ich wollte verdammt noch mal glücklich sein!
    »Es muss eine Möglichkeit geben«, sagte ich.
    »Tja«, sagte sie, »wenn du sie finden solltest, dann gib mir verflucht noch mal Bescheid.«
    Ihre Stimme zitterte, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Und meine Schwester weinte nie. Sie weinte nicht bei Zeit der Zärtlichkeit . Sie weinte nicht, als ihr Tanzpartner beim Abschlussball ihr Kleid und Ansteckbukett beim Abendessen über und über mit Ketchup bekleckerte. Und sie weinte nicht an dem Sommerabend vor langer Zeit, an dem unsere Mutter starb. Jedenfalls nicht gleich. Ich dagegen hatte schrecklich nah am Wasser gebaut. Einmal weinte ich bei einer Tamponwerbung. Doch Mackie war die Art Mädchen, die wieder aufstand, sich den Dreck von den Kleidern klopfte und sich zusammenriss; als ich hörte, wie ihr die Stimme versagte, machte ich rasch einen Rückzieher.
    »Ich hab’s nicht so gemeint!«, rief ich. Es gab reichlich schreckliche Dinge, die einem widerfuhren, wenn man Kinder großzog. Vielleicht mussten wir uns darauf konzentrieren. »Weißt du, was Kinder machen?«, fragte ich. »Sie ruinieren einem das Leben. Meine Freunde mit Kindern sind bloß leere Hülsen der Menschen, die sie früher einmal gewesen sind.«
    »Stimmt.« Sie nickte.
    »Vielleicht haben wir die Sache mit dem Kinderkriegen ein bisschen
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