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Eine Liebe in Paris

Eine Liebe in Paris

Titel: Eine Liebe in Paris
Autoren: Ellen Alpsten
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sah mich beleidigt an. Weshalb sind Jungen nur immer so empfindlich?
    Wir standen vor den hohen Glastüren der Sicherheitskontrolle und lange Menschenschlangen schoben sich im Schneckentempo zwischen den Absperrungen nach vorn. Ein Dreijähriger hatte sich auf den Boden gesetzt und weigerte sich, wieder aufzustehen, was die Schlange komplett zum Stillstandbrachte, während seine Mutter alle Register zog, um ihn wieder auf die Füße zu bringen.
    Meine Mutter umarmte mich und sagte: »Pass auf dich auf, okay? Lass dich nicht ansprechen. Paris ist nicht Augsburg. Warte am Flughafen, bis Henri Lefebvre dich abholt. Versprich mir das, ja?«
    Ich nickte und zückte meinen Pass und meine Bordkarte. Dann umarmte mich Mogens und seine Augen schimmerten gefährlich. Oh nein, er würde doch jetzt bitte nicht weinen! Wenn jemand, den ich mochte, weinte, musste ich sofort mitweinen, ob ich nun traurig war oder nicht. Mogens schluckte hart und zog mich an sich.
    »Das wird schon klappen und du hast sicher eine tolle Zeit. Sag, wenn ich dich besuchen kommen kann. Du wirst mir fehlen. Sehr sogar. Das weißt du doch, oder?«
    Er neigte seinen Kopf nach vorn und meine Mutter drehte sich taktvoll weg, aber dennoch erlaubte ich ihm nur einen kurzen Kuss.
    »Was ist denn los?«, fragte er mich und sah traurig aus, als ich ihn leicht von mir schob.
    »Ich werde lieber abgeholt als weggebracht. Abschiede sind zu lang«, sagte ich.
    »Dann fassen wir uns kurz, mein Liebling«, sagte meine Mutter und umarmte mich ein letztes Mal. »Viel Spaß. Ruf mich an, wenn du gut angekommen bist. Und grüß mir Marie und Henri. Und Camille natürlich. Sei nett zu den Lefebvres und blamiere mich nicht.«
    Mogens umarmte mich ebenfalls noch einmal. »Versprich mir, dass du ein großes Mädchen bist und nicht an Märchen glaubst.«
    Ich lachte. »Klar bin ich schon groß, ich kann sogar ganz allein auf mich aufpassen. Aber was meinst du denn mit
nicht an Märchen glauben?
«
    »Na, dann weißt du, dass es nichts bringt, Frösche zu küssen. Sie werden nicht zu Prinzen. Niemals. Ein Prinz ist ein Prinz und ein Franzose ist ein Frosch.«
    »Oh Mann.« Mogens konnte manchmal wirklich schrecklich eifersüchtig sein. »Mogens, wirklich.« Ich verdrehte die Augen.
    »War nur ein Scherz. Ich hab dich lieb, Ava«, sagte Mogens, der plötzlich unter seinem Wust an dunkelblondem Haar sehr blass aussah. Seine blauen Augen waren vor Sehnsucht dunkel, und ich spürte, dass er auf eine Antwort von mir wartete.
    Ich hab dich lieb
.
    Aber das waren für diesen Augenblick viel zu große Worte für mich, und ehe ich ihm antworten musste, schoben mich Gott sei Dank andere Reisende vorwärts, in die Schlange der Wartenden hinein, die sich nun wieder bewegte, denn der bockige Dreijährige war endlich vom Boden aufgestanden. Ich war gerettet, doch in Mogens’ Augen las ich noch immer seine Trauer über den Abschied und den brennenden Ernst, mit dem er
Ich hab dich lieb
gesagt hatte.
    Ich zeigte an der Kontrolle meinen Pass und meine Bordkarte vor und drehte mich dann ein letztes Mal um. Mogenshob seine Hand und auch meine Mutter winkte mir noch einmal zu. Ich erwiderte die Geste und zwang die Tränen zurück.
    Auf der anderen Seite ging es mir schon etwas besser, aber ich hatte dennoch keine Lust, mir im Duty Free bunte Lippenstiftstreifen auf den Handrücken zu schmieren oder mich mit dem neuesten Parfum einzunebeln. Ich benutzte sowieso seit Jahren
Anaïs Anaïs
, obwohl es jetzt vielleicht mal an der Zeit für etwas Erwachseneres wäre. Aber ich mochte das Parfum, denn das Mädchen, das dafür Werbung machte, hatte ein Ballettgesicht wie ich, sagte Mogens immer.
    Am Gate angekommen, beachtete ich die anderen Reisenden nicht, sondern setzte mich und steckte mir die Hörer meines iPods in die Ohren. Mogens hatte mir die Musik seiner neuen Lieblingsband aufgeladen: fünf junge Franzosen, die unter dem Namen
Neige de Juilliet
spielten. Ihr Rhythmus gefiel mir, der schnelle Trommelschlag und die freien, frechen, mit dem Englischen gemischten Texte in Französisch. Ob diese Camille wohl
Neige de Juilliet
kannte?, überlegte ich und stellte den Sound lauter. So war ich vollkommen taub, und eine Stewardess musste mich an der Schulter rütteln, bis ich endlich den Kopf hob. Ich nahm die Hörer aus den Ohren und sah zu ihr hoch.
    »Entschuldigung.«
    »Sind Sie Ava Hofmann?«, fragte sie mich. Sie war stark geschminkt, und beim Sprechen sah es aus, als bekäme die Schicht aus
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