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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter
Autoren: Anna Gracie
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schwenkte den Ast und hoffte, dabei Furcht einflößend zu wirken. Der Feuerschein des brennenden Endes fiel auf die Züge ihres Beschützers, und zum ersten Mal konnte sie sein Gesicht sehen. Der Eindruck von Stärke drängte sich auf. Eine kühne Nase. Dunkles Haar, dicht und zerzaust, das einen Haarschnitt gebrauchen konnte. Hohe Wangenknochen. Ein energisches, unrasiertes Kinn mit dunklen Bartstoppeln. Seine Augen glänzten im Flammenlicht, fast, als freute er sich auf einen Kampf. Was natürlich absurd war.
    Er hob erst eine Pistole an, dann die andere. Silberne Zwillingsläufe blinkten auf. Er schwenkte sie mit einer erfahrenen Gelassenheit, die sogar Faith auffiel. Die drei Männer im Dunkeln waren auf einmal ganz still.
    „Nicht mehr ganz so mutig, was, ihr Helden?" Seine Miene wurde grimmig. „Dann verkriecht euch wieder in die Gosse, aus der ihr gekommen seid, oder ihr lernt englisches Metall kennen!"
    Faith wartete, den Atem anhaltend, ab. Natürlich bluffte er nur. Auf die Entfernung und im Dunkeln konnte er unmöglich treffen. Wenn jemand eine offene Zielscheibe
    darbot, dann er, vor dem Hintergrund der lodernden Flammen.
    Das Schweigen zog sich in die Länge. „Also gut, Monsieur, Sie haben gewonnen", rief schließlich einer. Schwere Schritte zermalmten das Gestrüpp und entfernten sich. Faith atmete erleichtert auf.
    „Bewegen Sie sich nicht", flüsterte der hochgewachsene Mann an ihrer Seite. Er stand genauso angespannt da wie sein Hund, den Kopf konzentriert zur Seite geneigt.
    Faith erstarrte.
    „Werfen Sie den Ast weg und kauern Sie sich tief auf den Boden", befahl er ihr leise. „Ich will Sie aus der Schusslinie haben."
    Sie schleuderte den Ast in den Sand und duckte sich ganz tief, während sie angestrengt in die Dunkelheit starrte. Der Engländer schloss die Augen und lauschte in die Nacht hinaus. Faith hörte nichts.
    Umso heftiger schrak sie zusammen, als er plötzlich über ihren Kopf hinweg ins Dunkel feuerte. Ein Schmerzensschrei ertönte, gefolgt von wüsten Verwünschungen. „Guter Schuss, aber kannst du auch an drei Fronten kämpfen?", höhnte einer der Männer.
    „Es ist mir ein Vergnügen", erwiderte er und schoss in die Richtung, aus der die Stimme ertönt war. Ein neuerlicher Schwall von Flüchen.
    „Zum Teufel, Engländer, wie kann man so genau zielen? Es ist stockfinster!"
    „Der Teufel ist in der Tat auf meiner Seite, und ich kann im Dunkeln sehen", gab er ruhig zurück. Er warf eine der Pistolen auf die Decke und wandte sich an Faith. „Holen Sie mir auch einen brennenden Ast."
    Sie beeilte sich, ihm zu gehorchen, und als sie ihm den Ast reichte, sah sie im Feuerschein eine bösartig wirkende Klinge aufblitzen. Die Franzosen waren also nicht die Einzigen, die Messer bei sich hatten. Er hob den Ast hoch und schwenkte ihn so mühelos über seinem Kopf, als wäre es nur ein Grashalm. Funken sprühten, aber er achtete nicht darauf. „Kommt her, ihr Feiglinge, zeigt euch!" Er tat einen Schritt nach vorn. Faith bückte sich nach ihrem eigenen Ast, um ihm zu folgen. „Sie bleiben hier", forderte er sie auf. „Sie würden mir nur im Weg sein."
    Er ging weiter und schwenkte den Ast, schneller und immer schneller. Seine grimmige Entschlossenheit war faszinierend - ein mythischer Krieger, umgeben von Flammen und mit einem Hund an seiner Seite, der direkt der Hölle entsprungen zu sein schien.
    Der Engländer sah über alle Maßen furchterregend aus. Und über alle Maßen prachtvoll.
    Plötzlich schleuderte er den Ast auf eine schemenhafte Gestalt, und schon stürzten sich die beiden anderen auf ihn. Den einen wehrte er mit einem Tritt ab, den anderen mit einem Fausthieb ins Gesicht. Faith konnte kaum erkennen, was sich abspielte; da waren nur Schatten und schreckliche Geräusche - Fausthiebe, brechende Knochen und das Keuchen der kämpfenden Männer.
    Es war unglaublich, aber ihr Engländer schien zu gewinnen. Dem größten der
    Männer verpasste er zwei furchtbare Schläge, hob ihn dann scheinbar mühelos auf und schleuderte ihn ins Gestrüpp. Der Rohling schrie auf, als er in einem Dornbusch landete.
    Während ihr Beschützer mit dem anderen Mann kämpfte, schlich sich der dritte von hinten an ihn an. Ein Messer blinkte auf. Faith gab einen Warnschrei von sich. Der Engländer packte seinen Gegner, fuhr mit ihm zusammen herum und stieß ihn in das gezückte Messer des anderen Angreifers. Ein weiterer Aufschrei und neuerliche Flüche.
    Und dann herrschte plötzlich Stille.
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